Die Frage des Advents: Wer ist in meinem Herzen König?
Wer herrscht tatsächlich in meinem Inneren?
Ist Christus, wie in der Geschichte, auch in meinem Leben der Mittelpunkt, der Angelpunkt? Ein Kommentar von P. Bernhard Sirch zum Sonntagsevangelium
Illschwang, kath.net, 24.11.2011
B – 1. Adventsonntag, 1. LESUNG: Jes 63, 16b-17. 19b; 64, 3-7; 2. Ls: 1 Kor 1,3-9, Ev. Mk 13,24-37
Beim Advent denken die meisten Menschen an die Vorbereitung auf Weihnachten: das Warten auf das Christkind. Für die Christen ist es nicht nur ein Gedenken an ein Ereignis vor 2000 Jahren, sondern die Vergegenwärtigung des Wartens auf den Messias, die gipfelt in der Verkündigung an Weihnachten: Heute ist euch geboren Christus, der Herr. Die Texte der heutigen Liturgie legen unser Augenmerk auf ein ganz anderes Kommen: es ist auch ein Warten auf den Herrn, aber auf die Wiederkunft des Herrn: Christus, der vor 2000 Jahren geboren wurde, wird wiederkommen. Uns Christen muss klar sein: es geht nicht ewig so weiter, sondern es wird einen gewaltigen Einschnitt geben: “nach der grossen Not, wird sich die Sonne verfinstern, und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Dann wird man den Menschensohn mit grosser Macht und Herrlichkeit auf den Wolken kommen sehen.” (Mk 13,24-26). Es besteht beim hektischen Weihnachtsrummel die überaus grosse Gefahr, dass wir zwar feierlich das Kommen des Herrn vor 2000 Jahren feiern, aber die Wiederkunft des Herrn verpassen, so wie das auserwählte Volk Israels die Ankunft des Herrn verpasste.
Der Advent ist die Vorbereitungszeit auf zwei grosse Ereignisse: einmal die Wiederkunft des Herrn und: im Evangelium der Heiligen Nacht verkündet der Engel: “Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine grosse Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr” (Lk 2, 10.11).
Die Adventzeit wird freudig begangen, da neue Hoffnung aufbricht: Gott selber wird Mensch, einer von uns. Mit dem Kommen Christi hat sich die Welt verändert. So beginnt in der Kirche mit dem 1. Adventsonntag das neue Kirchenjahr. Für die Kirche ist der ganze Spektakel um Silvester ohne grosse Bedeutung, da bereits mit dem 1. Adventsonntag, als Vorbereitung auf die Wiederkunft des Herrn und auf Weihnachten, das neue Kirchenjahr 2012 beginnt. Jedes neue Jahr ist nur von Christus her zu verstehen: wir feiern das Jahr 2012 nach Christi Geburt. Immer wenn wir eine Jahreszahl nennen, ist diese Jahreszahl auf Christus bezogen und wir werden somit an das Weihnachtsgeheimnis erinnert.
Auf Grund der absoluten Bedeutung Jesu Christi wird die Zeit eingeteilt in vor und nach Christi Geburt. Nicht nur am Anfang des Kirchenjahres steht Christus im Mittelpunkt, sondern auch am Ende des Kirchenjahres durch das Fest Christkönig. Aber, nicht das Feiern dieser Feste in einer Gefühlsduselei sind entscheidend, sondern wir sollten uns fragen: wer ist König in meinem Herzen? Wer herrscht tatsächlich in meinem Inneren? Ist Christus, wie in der Geschichte, auch in meinem Leben der Mittelpunkt, der Angelpunkt?
Dieser Christus, der unser Inneres ganz ausfüllen soll, wird unter gewaltigen Zeichen wieder kommen. Die Kriege, die Erdbeben in der jüngsten Zeit kann man im Lichte der Texte des heutigen ersten Adventsonntags sehen, wo wir zur Wachsamkeit aufgerufen sind, wobei niemand die Stunde kennt, wann die Wiederkunft des Herrn sich ereignet. Als Christ brauchen sie nicht zu HellseherInnen oder WahrsagerInnen gehen, sondern Jesus selber macht Aussagen, was am Ende der Zeiten geschehen wird. Lesen sie einfach das 13. Kapitel des Markusevangeliums.
An jedem 1. Adventsonntag eines neuen Kirchenjahres werden unsere Blicke auf die Endzeit, bzw. auf die Wiederkunft des Herrn gelenkt. Die vorausgehenden Zeichen sind: “In jenen Tagen, nach der grossen Not, wird sich die Sonne verfinstern, und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden” (Mk 13,24.25). Klar wird uns aufgezeigt, was uns erwartet: “Dann wird man den Menschensohn mit grosser Macht und Herrlichkeit auf den Wolken kommen sehen. Und er wird die Engel aussenden und die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels” (Mk 13,26.27). Die Wiederkunft des Herrn ist das nächst wichtigste Ereignis in der Kirche. Die bewusste Feier der Wiederkunft des Herrn belebt unseren Glauben, gibt ihm neue Kraft und neue Dynamik.
Diese Wiederkunft des Herrn ist für die Kirche wesentlicher Bestandteil der Verkündigung und des Betens: “Er sitzt zur Rechten des Vaters und wird wiederkommen in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten; seiner Herrschaft wird kein Ende sein”. So beten wir im Glaubensbekenntnis. Ganz markant antwortet das Volk auf das Geheimnis des Glaubens: “Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit”. Nach der Bitte an den Vater: “Dein Reich komme” betet der Priester: “bewahre uns vor Verwirrung und Sünde, damit wir voll Zuversicht das Kommen unseres Erlösers Jesus Christus erwarten”.
Das Evangelium reisst uns sofort aus dem schönen Gefühl der Weihnachtsduselei, heraus: “Jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater. Seht euch also vor, und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist… Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen. Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam” (Mk 13, 32-37).
Wir können uns am Beginn dieses Advents fragen: Erwarten wir wirklich das Wieder-Kommen des Herrn? Wir leugnen zwar das Wieder-Kommen des Herrn nicht; ist aber unser Leben ganz auf das Wieder-Kommen des Herrn ausgerichtet? Entscheidend für uns ist es: Ist unser Leben von der Wiederkunft des Herrn bestimmt, so wie wir im heutigen Tagesgebet bitten? “Zeige uns den rechten Weg durch diese vergängliche Welt und lenke unseren Blick auf das Unvergängliche, damit wir in allem dein Reich suchen”. Am Beginn dieses Kirchenjahres wird das Ziel christliches Lebens sichtbar: Am Ende der Zeiten, “nach der grossen Not” (Mk 13,24) kommt nicht das Ende, sondern der Neubeginn, das grosse Erwarten, das Warten auf Christus, auf das Reich Gottes. Durch den persönlichen Tod, den Übergang in das neue Leben, ereignet sich ebenfalls die Endzeit: für Tausende plötzlich, unvorbereitet. Seinen Jüngern sagt Jesus: “Seht euch also vor, und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verliess, um auf Reisen zu gehen: Er übertrug alle Verantwortung seinen Dienern, jedem eine bestimmte Aufgabe: dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein” (Mk 13,33.34).
Um die Wachsamkeit zu gewährleisten hat Jesus seinen Jüngern alle Verantwortung übertragen, jedem eine bestimmte Aufgabe. Der Hebräerbrief mahnt: “Gehorcht euren Vorstehern, und ordnet euch ihnen unter; denn sie wachen über euch und müssen Rechenschaft darüber ablegen” (Hebr 13,17). Christus gibt dem Petrus die Verheissung: “Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen” (Mt 16,18).
Über all unserem Tun muss Jesu Wort stehen: “Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen. Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen. Was ich euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam”. (Mk 13, 35-37). Die ständige Bereitschaft wachsam zu sein, gehört zu den Grundaussagen Jesu: “Wachet und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt” (Lk 21,36). So betet die Kirche im Abendgebet: “Seid nüchtern und wachsam! Euer Widersacher, der Teufel, geht wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlingen kann” (1 Petr 5,8).
Nicht Angst und Furcht darf überwiegen. Der hl. Paulus grüsst uns, und mit diesem Gruss begrüsst der Priester bei jeder Messe die Gemeinde: “Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus… Er wird euch auch festigen bis ans Ende, so dass ihr schuldlos dasteht am Tag Jesu, unsres Herrn” (1 Kor 1, 3.8).
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