Bloss nicht Däumchen drehen
“Priester für unsere Zeit”:
Eine Tagung in Rom befasst sich mit der Berufungspastoral heute
Rom, Die Tagespost, 07.11.2011, von Claudia Kock
Das Studienjahr an den römischen Universitäten ist am Wochenende im Zeichen der Würdigung des Päpstlichen Werkes für Priesterberufe eröffnet worden. Vor 70 Jahren hatte Pius XII. es durch das Motu proprio Cum nobis errichtet. Es ist der Kongregation für das katholische Bildungswesen angeschlossen ist und hat die Aufgabe, “Priesterberufungen zu fördern, das Wissen um die Würde und die Notwendigkeit des Weiheamtes zu verbreiten und das Gebet der Gläubigen zu ermutigen, um vom Herrn zahlreiche und würdige Priester zu erlangen”, wie Benedikt XVI. am vergangenen Freitag in seiner Predigt bei der feierlichen Vesper sagte.
Jeder Getaufte hat seinen Auftrag in der Welt
Bei der Vesper in der Petersbasilika waren auch die etwa 250 Teilnehmer einer Tagung anwesend, die das Päpstliche Werk anlässlich seines Jubiläums organisiert hatte, darunter zahlreiche Bischöfe sowie Vertreter der National- und Diözesanzentren für Berufungen, mit denen das vatikanische Dikasterium in den Teilkirchen in aller Welt zusammenarbeitet, Angehörige von Ordensgemeinschaften, die auf dem Gebiet der Berufungspastoral tätig sind, sowie zahlreiche Vertreter von “Serra International”, einer Laienorganisation, die für Priesterberufungen betet und Seminaristen sowie Priester finanziell unterstützt. Diese 1934 von vier amerikanischen Unternehmern gegründete Vereinigung hat, so ihr gegenwärtiger Präsident, der aus China stammende Arzt Thomas Wong, circa 18 000 Mitglieder auf allen Kontinenten und ist besonders in Lateinamerika, Asien und Afrika stark vertreten.
Aus Deutschland waren Vertreter der Zentren für die Berufungspastoral der Diözesen Aachen, Essen, Freiburg und Regensburg gekommen sowie der Direktor des Nationalen Zentrums für Berufungen der Deutschen Bischofskonferenz, der Priester Oliver Schmidt, der für die Vernetzung der Berufungspastoral in Deutschland verantwortlich ist. Dabei werde, so Schmidt, “daran angeknüpft, dass jeder Getaufte seinen Auftrag in Kirche und Welt hat”. Gleichzeitig setze man sich “für ein Klima ein, in dem geistliche Berufungen gedeihen”.
“Priester für unsere Zeit”: So lautete das Thema der Tagung; als Leitspruch diente ein Wort aus der Weinstock-Rede des Johannesevangeliums: “Ich habe euch erwählt”. Die Ordensschwestern aus den Kongregationen der “Sorelle Minori Francescane” und der “Apostoline”, die für die liturgische Ausgestaltung des Kongresses verantwortlich waren, hatten passend zum Thema auf der Rednertribüne die Ikone “Ampelos” aufgestellt: Aus dem “Weinstock” Christus wachsen als “Reben” die Apostel heraus. Wie der Präfekt der Kongregation für das katholische Bildungswesen, Kardinal Zenon Grocholewski, in seinen einführenden Worten hervorhob, waren die liturgischen Momente ein wichtiges Element dieses Kongresses, denn dem Gebot Christi entsprechend: “Bittet den Herrn der Ernte, Arbeiter auszusenden für seine Ernte” (Mt 9, 38) ist das Gebet grundlegender Bestandteil der Berufungspastoral.
Die historische Entwicklung der Berufungspastoral in der Moderne legte der Kirchenhistoriker Fidel Gonzalez Fernandez MCCJ dar. Die Kirche sei im 19. Jahrhundert durch die grossen sozialen und kulturellen Umwälzungen gezwungen gewesen, die Bedeutung der Berufung genauer zu klären. Der herrschende Antiklerikalismus der damaligen Zeit führt zwar zur Aufhebung von Klöstern und Priesterseminaren, andererseits entstanden aber auch neue Formen des gottgeweihten Lebens, und die eucharistische Frömmigkeit sowie die Hochachtung gegenüber der priesterlichen Berufung nahmen zu. Pius IX. errichtete bereits 1846 die “Kongregation über den Status der Regularkleriker” zur Durchführung einiger Reformen wie der besseren Auswahl der Kandidaten und der Einführung des Gemeinschaftslebens im Seminar. Durch die Missionsbewegung kam es zur Errichtung von Missionsseminaren.
Bis zu Pius X. (1903–1914) war für die Feststellung der Berufung die persönliche Neigung des Kandidaten zum Priesteramt entscheidend gewesen. Dies änderte sich, als unter diesem Papst eine Kommission drei Kriterien festlegte, die der Kandidat erfüllen musste: Eignung zum Priesteramt, aufrichtigen Willen und Berufung durch die Kirche in der Person des Bischofs. In der Enzyklika Ad catholicis sacerdotiis (1935) vertiefte Pius XI. diese Kriterien, und sechs Jahre später gründete Pius XII. Das Päpstliche Werk für die Priesterberufe.
Dadurch bestätigte er offiziell die in den unmittelbar vorhergehenden Jahren erfolgte Gründung von Kongregationen und Werken, die sich für die Priesterberufungen einsetzen, in Italien beispielsweise durch den heiligen Annibale di Francia oder die seligen Giacomo Alberione und Giustino Russolino.
In Deutschland ging ein entscheidender Impuls in dieser Richtung von Prinzessin Maria Immaculata, Herzogin zu Sachsen, aus, die 1926 das “Frauenhilfswerk für Priesterberufe” gründete, das heute als “Gebetsgemeinschaft für geistliche Berufe” weiterbesteht und es sich zur Aufgabe gemacht hat, für Priesterberufungen zu beten und Priesteramtskandidaten finanziell zu unterstützen. Pius XII. hatte die Prinzessin während seiner Zeit als Nuntius in München kennengelernt; möglicherweise ist das Motu proprio Cum nobis zu einem grossen Teil auf ihren Einfluss zurückzuführen. Nationaldirektor Oliver Schmidt sagte am Rande des Kongresses, er plane die Vergabe eines Forschungsprojektes zur genaueren Untersuchung der diesbezüglichen Quellen.
Leitlinien zur Förderung von Berufungen zum Priesteramt
2005 gab die Vollversammlung der Kongregation für das katholische Bildungswesen eine weltweite Umfrage zur Situation der Priesterberufungen bei den kontinentalen, nationalen und diözesanen Zentren für Berufungspastoral in Auftrag, die als Grundlage zur Erarbeitung eines neuen Dokuments zur Berufungspastoral dienen sollte. Die Ergebnisse der Umfrage legte Mario Oscar Llanos SDB, der Direktor des Instituts für Berufungspädagogik an der Päpstlichen Salesianeruniversität, dar. Das inzwischen fertiggestellte, jedoch noch nicht offiziell erschienene Dokument – Pastorale Leitlinien zur Förderung der Berufungen zum Priesteramt – wurde von Diego Coletti, Bischof von Como und Mitglied der Kongregation für das katholische Bildungswesen, in seinen Grundzügen vorgestellt.
Es setzt sich aus drei Teilen zusammen: die gegenwärtige Situation der Berufungen zum Priesteramt in den verschiedenen Teilen der Welt, die Identität des Priesters und Vorschläge zur Berufungspastoral. Der erste Teil zählt die notwendigen Voraussetzungen für eine authentische und grossherzige Antwort auf die Berufung auf: ein fruchtbarer Nährboden christlichen Lebens; das Gebet zum Herrn der Ernte; eine ganzheitliche Pastoral; Impuls zu Evangelisierung und Mission; Familie; Lebenszeugnis der Priester; Erfahrungen unentgeltlicher Hingabe im Ehrenamt; entsprechende Programme in Schulen und Universitäten. Hindernisse sind der demografische Rückgang und die Krise der Familie, die Säkularisierung der Gesellschaft und die schwierige Situation der Priester durch Ausgrenzung, Nichtanerkennung ihrer gesellschaftlichen Rolle, Überbetonung der “Professionalität”, schwaches geistliches Leben und nicht zuletzt der Missbrauchsskandal.
Im zweiten Teil des Dokuments wird betont, dass die Priesterberufung in den Dialog der Liebe zwischen Gott und dem Menschen eingebunden ist. Grundlegend für den Priester sei die Beziehung zu Christus, die er unablässig pflegen muss. Durch seine besondere Beziehung zu Christus stehe der Priester zwar in der Gemeinde, gleichzeitig aber auch vor ihr in der Rolle Christi als Haupt der Kirche. Bei der Priesterausbildung müsse die Erfahrung der Gemeinschaft, der Einbindung in die Allerheiligste Dreifaltigkeit im Vordergrund stehen. Der Kandidat soll menschlich und emotional heranreifen zu echter Liebe gegenüber seiner Teilkirche und zur Offenheit für Universalität und Sendung.
Der dritte Teil des neuen Dokuments, das voraussichtlich in einigen Monaten erscheinen wird, verweist unter anderem darauf, dass die Pflege der Berufungen Aufgabe der ganzen christlichen Gemeinschaft ist: der Familie ebenso wie der Pfarrei und der Diözese. Es müssen Voraussetzungen geschaffen werden für ein christliches Leben als Nährboden für Berufungen: Hören auf das Wort, Empfang der Sakramente, Leben nach dem liturgischen Jahr, konkreter Dienst der Nächstenliebe. Die Knabenseminare sollten wieder aufgewertet und neu ins Leben gerufen werden.
Nach dem Priesterjahr ist jetzt in den Pfarreien und Diözesen eine neue Aufmerksamkeit gegenüber der Berufungspastoral zu spüren. Dass diese Aufmerksamkeit auch auf gesamteuropäischer Ebene vorhanden ist, bestätigt am Rande des Kongresses Ferenc Janka, der stellvertretende Generalsekretär des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen. Es gebe eine Tendenz zu immer grösserer Zusammenarbeit zwischen der Berufungspastoral und den Priesterseminaren. In den Seminaren könne man nicht Däumchen drehend darauf warten, dass die Kandidaten endlich an die Tür klopfen, sondern die Jugendlichen müssten zunächst hingeführt werden zu der Tatsache, dass jeder Mensch im Leben eine Berufung hat. Der zweite Schritt sei dann die Vertiefung der eigenen Berufung, einschliesslich der behutsamen, aber konkreten Annäherung an die Frage, ob diese nicht vielleicht im Priesteramt liegen könnte.
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