“Keine Dämonisierung der Märkte” – Skepsis über G-20
Der Vatikan wünscht sich eine “Steuerungsbehörde für die Globalisierung”
Das stellte der Sekretär des Päpstlichen Friedensrates, Mario Toso, an diesem Montag vor Journalisten klar.
Rom, Radio Vatikan, 24.10.2011
Die internationalen Einrichtungen, die schon bestehen, müssten reformiert werden, um “mehr Autorität zu bekommen und gleichzeitig demokratischer zu funktionieren”. Sie bräuchten “mehr Teilhabe, mehr Legitimation, mehr Einbeziehung der Zivilgesellschaften, eine grössere Repräsentativität”.
“Eine globale Behörde für die Kontrolle der Finanzmärkte wird nationale Regierungen nicht erdrücken dürfen, auch wenn sie ein Recht zu Sanktionen braucht. Sie sollte sich als Dienstleistung der Mitgliedstaaten verstehen, um ihnen bei der Entwicklung ihrer Märkte zu helfen, ohne dass diese Märkte einerseits überprotegiert werden von paternalistischer nationaler Politik, und ohne dass sie andererseits durch systematische Defizite der öffentlichen Finanzen und beim Nationalprodukt geschwächt werden.”
Im Vatikan würden die Geld- und Finanzmärkte “keineswegs dämonisiert”, so Toso, sondern vielmehr “als ein öffentliches Gut” verstanden. Als ein fundamentales Gut, “aber eben kein Gut oder Ziel in sich”, sondern als Mittel: “Sie stehen im Dienst einer Realisierung des universellen Gemeinwohls der Menschheitsfamilie.”
Deutliche Skepsis äusserte der Vatikanmann mit Blick auf die G-20 – da werde doch ein “qualitativer Sprung nach vorne” gebraucht.
“Der G-20 entspricht nicht vollkommen der Logik der Vereinten Nationen: Die Staaten, die ihn bilden, sind nicht repräsentativ für alle Völker, und auch erweitert ist der G-20 nur ein informelles, begrenztes Forum – übrigens seit der Erweiterung auch nicht mehr so effektiv. Ihm fehlt die Legitimierung und das politische Mandat durch die Internationale Gemeinschaft, ja er riskiert sogar de facto, bestehenden Institutionen ihre Legitimität abzusprechen oder sich an ihre Stelle zu setzen. Das gilt etwa für Weltwährungsfonds und Weltbank – die brauchen zwar auch tiefgreifende Reformen, aber sie repräsentieren immerhin institutionell alle Länder und nicht nur eine begrenzte Zahl davon!”
Der Vatikan hat auch einen Rat an die trudelnde EU: Toso empfiehlt, der Europäischen Zentralbank von Frankfurt “entsprechende politische Einrichtungen an die Seite zu stellen”. Das ist ein Ruf nach einer verstärkten politischen Union der EU.
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