Iran: Härteres Vorgehen gegen Konvertiten

IGFM: Neue Vorwürfe gegen zum Tode verurteilten Pastor absurd

Das Todesurteil gegen den iranischen Pastor Youcef Nadarkhani wegen “Abfalls vom Islam” entrüstete die Welt. Irans Justiz holte sich Regierungsmedien zur Hilfe: Die Rufmordkampagne läuft.

Frankfurt am Main/Teheran, 20. Oktober 2011

Die Islamische Republik Iran hat die Verfolgung von christlichen Konvertiten weiter verschärft. Wie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) berichtet, sind in der nordiranischen Stadt Rasht Ermittlungen gegen fünf Konvertiten wegen “Verbrechen gegen die öffentliche Ordnung” eingeleitet worden. Ausserdem wurde am 18. Oktober die 5jährige Gefängnisstrafe gegen Pastor Benham Irani wegen “Verbrechen gegen die nationale Sicherheit” bestätigt. Pastor Irani befindet sich bereits im Gefängnis, wo er eine einjährige Haftstrafe aus einem anderen Verfahren verbüsst – ebenfalls wegen angeblicher “Verbrechen gegen die nationale Sicherheit”.

Die IGFM weist darauf hin, dass staatliche Medien der Islamischen Republik verstärkt auf die internationale Aufmerksamkeit für den wegen “Abfalls vom Islam” zum Tode verurteilten Pastors Youcef Nadarkhani reagieren. Der Pastor einer rund 400 Mitglieder grossen Konvertitengemeinde in Rasht war am 22. September 2010 wegen “Apostasie” und “Verbreitung nichtislamischer Lehren” von einem Revolutionsgericht zum Tode durch den Strang verurteilt worden. Das Oberste Gericht der Islamischen Republik bestätigte das Urteil, leitete den Fall aber zur Begutachtung an Irans oberste Autorität weiter, den “Führer” Ayatollah Ali Khamenei. Nachdem weltweit zahlreiche ranghohe Politiker die iranische Führung wegen des Todesurteils kritisierten und tausende Bürger an Appellen und Protestaktionen teilnahmen, verwies das Oberste Gericht das Verfahren wegen “unvollständiger Ermittlungen” zurück an die Erstinstanz.

Iranisches Fernsehen: “Westen schränkt Religionsfreiheit ein und unterdrückt Bürger”

Gleichzeitig verschärften staatliche iranische Medien den Tonfall – sowohl gegen den zum Tod verurteilten Pastor Nadarkhani als auch gegen den “Westen”. In den farsisprachigen Beiträgen war davon die Rede, der Pastor habe ein “Haus des Verderbens” geleitet. Ausserdem sei er ein “Zionist und Eindringling”. Auf der englischsprachigen Homepage des staatlichen Senders PressTV wurden die Begriffe mit “Bordell” und “Vergewaltiger” übersetzt und verbreitet, erläutert die IGFM. In den vergangenen drei Wochen seien die neuen Vorwürfe immer vielfältiger geworden. Der Pastor sei ein “Einbrecher”, “Erpresser”, er habe angeblich ein langes Vorstrafenregister, sei aber gar kein echter Pastor und führe eine “Antiiranische Kampagne”. Ausserdem sei es der “Westen”, der die Religionsfreiheit einschränke, seine Bürger unterdrücke und in dem noch nicht einmal eine “Spur” von Gerechtigkeit zu finden sei.

Die IGFM weist darauf hin, dass dem Pastor in allen Ermittlungen und im schriftlich vorliegenden Todesurteil ausschliesslich sein “Abfall vom Islam” und seine Pastorentätigkeit vorgeworfen worden sind. Die IGFM geht davon aus, dass die völlig neuen Anschuldigungen frei erfunden sind. Vermutlich habe die enorme internationale Aufmerksamkeit dazu beigetragen, dass das Oberste Gericht sich weigert, seine Entscheidung an Nadarkhanis Verteidiger schriftlich auszuhändigen. Sein Anwalt Mohammad Dadkhah ist einer der bedeutendsten Menschenrechtsanwälte des Irans und ein Mitstreiter von Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi. Auch er wurde wiederholt vorübergehend inhaftiert.

Die IGFM geht davon aus, dass die Islamische Republik in Zukunft wieder sorgfältig darauf achten wird, dass die tatsächlichen Verfolgungs- und Hinrichtungsgründe von Konvertiten und anderen Apostaten nicht öffentlich werden. Nach Angaben der IGFM waren Hinrichtungen und Haftstrafen von Konvertiten in den vergangenen Jahren vor allem mit nicht näher beschriebenen “Verbrechen gegen die nationale Sicherheit” oder gegen die “öffentliche Ordnung” begründet worden. In vielen Fällen wurde Anwälten Akteneinsicht verweigert und Urteile nicht ausgehändigt.

Quelle: Internationale Gesellschaft für Menschenrechte
Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi

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