“Klare Beweise für die Bemühungen Papst Pius XII.”

Geheimarchivakten aus dem zweiten Weltkrieg bald im Internet

Jesús Colina und Michaela Koller

Rom, 17. Februar 2010, zenit.org

Akten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, die bisher im Vatikanischen Geheimarchiv lagerten, werden demnächst, gebührenfrei abrufbar, ins Internet gestellt. Angaben der Stiftung “Pave the Way” zufolge reagiert der Heilige Stuhl mit diesem Schritt auf eine Reihe von entsprechenden Anfragen, darunter auch von der Stiftung selbst.

“Pave the Way” hatte vorgeschlagen, Akten zu digitalisieren und später zu veröffentlichen, ingesamt 5.125 Dokumentenkopien und Anlagen aus dem geschlossenen Bereich des Vatikanarchivs aus der Zeit von März 1939 bis Mai 1945.

Der Präsident der Stiftung, der US-amerikanische jüdische Unternehmer Gary L. Krupp, sagte gegenüber Zenit, dass die Akten zugleich auf der Internetseite von “Pave the Way” wie auf der des Vatikan eingesehen werden könnten. Das Projekt sei Teil des Gesamtanliegens der Stiftung, die Hindernisse auf dem Weg zur Verständigung zwischen den Religionen beseitigen möchte, um die Zusammenarbeit zu fördern und den Missbrauch von Religion für persönliche Ziele zu beenden.

Über die Frage, ob Papst Pius XII. alles in seiner Macht stehende getan habe, um die Vernichtung der Juden durch die Nationalsozialisten zu verhindern, sei eine Kontroverse entbrannt. “Unsere Recherchen haben ergeben, dass fünf Jahre nach dem Tod Pius’ XII. der KGB einen Plan mit dem Namen “Sitz 12″ ausgeheckt hatte, um seinen Feind, die katholische Kirche, zu diskreditieren.” Das Ergebnis sei der grösste Rufmord des 20. Jahrhunderts gewesen, ein “schmutziger Trick”, der Papst Pius XII. für sein angebliches Schweigen während des Holocausts verurteilte, in Gestalt des von Rolf Hochhuth frei erfundenen Theaterstücks “Der Stellvertreter” von 1963.

Bereits 1964 habe Papst Paul VI. drei Jesuitenpatres, Pater Pierre Blet, Pater Burhhart Schneider und Pater Angelo Martini, allesamt Historiker, gebeten “intensive Recherchen zu betreiben, um relevante Dokumente aus den Kriegsjahren im geschlossenen Bereich des Vatikanischen Geheimarchivs ausfindig zu machen.” Wenige Jahre später sei auch noch Pater Robert Graham zu dieser Gruppe gestossen. Ein erster Band sei dann 1965 erschienen und ein letzter im Jahr 1981. Im Jahr 1999 habe der damalige Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Edward Cassidy, eine Sonderkommission, bestehend aus jüdischen und katholischen Gelehrten, gefordert, um zusammen die erwähnten Dokumente zu untersuchen.

Der positive Vorstoss sei jedoch am 21. Juli 2001 unglücklicherweise gescheitert, teilweise deswegen, weil diese Gelehrten einfach die Sprachen, in denen die Dokumente verfasst waren, nicht beherrschten. “Sie stellten eine Liste von 47 Fragen zusammen und verlangten die Öffnung der Archivalien, die noch nicht katalogisiert waren, aus den Beständen von 1939 bis 1958,” sagte Krupp. Seine Stiftung habe sich in der Folge darum bemüht, die Erlaubnis zur Digitalisierung dieser Sammlung zu erhalten, um sie einem möglichst breiten Kreis zur Forschung zur Verfügung zu stellen.

Die Idee, die dahinter stecke, sei einfach die, den klaren Beweis für die Bemühungen dieses Papstes zu erbringen, das Leiden in jener Zeit zu verringern. Zugleich wolle er zeigen, dass die “schwarze Legende”, die den Namen Pius’ XII. beschmutzt hat, einfach nicht wahr sei. Die Initiative könne selbstverständlich nicht den Archivbesuch komplett ersetzen, aber sei dazu geeignet, die einzigartigen Anstrengungen des Pacelli-Papstes unter Gefahren durch das Nazi-Regime aufzuzeigen.

Gary L. Krupp bedankte sich im Namen seiner Stiftung beim Kardinalstaatssekretär sowie beim vatikanischen Verlagshaus Liberia Editrice Vaticana, für das der Einrichtung entgegen gebrachte Vertrauen. Die Digitalisierung von rund 9.000 Dokumentenseiten werde voraussichtlich noch mehrere Wochen dauern. Sobald diese Arbeit abgeschlossen sei, werde dies im Internet angekündigt. Der Stiftungspräsident hofft nun auf eine rege Auseinandersetzung, Kommentare, Anregungen und Kritik sowie Übersetzungen der Akten ins Englische, um einem noch breiteren Historikerkreis die Forschung zu ermöglichen und zu erleichtern.

“Bei unserer Erforschung dokumentierter Beweise entdeckten wir, dass er insgeheim mehr Juden als alle anderen religiösen und politischen Führer seiner Zeit zusammen rettete. Er tat dies unerkannt dort, wo niemand wusste, dass es Pius XII. war, der heimlich handelte, um sie zu retten. Gemäss der jüdischen Tradition ist dies die höchste Form der Nächstenliebe”, sagte Krupp. Es sei Zeit, dass dieser Papst für seine lebensrettenden Bemühungen geachtet werde. “Ich glaube, Papst Pius XII. sollte als Gerechter unter den Völkern in Yad Vashem in Jerusalem anerkannt werden.”

Akten.und.Dokumente des Heiligen Stuhls zum Zweiten Weltkrieg
Dokumente der Vatikan Bibliotheken online verfügbar

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