Chaos in Europa

Kirchenkrise

Die Tagespost, Blog Römische Warte, von Guido Horst, 08.08.2011

Als die Kirche des späten Altertums in die “dunkle Zeit” der Völkerwanderung tappte, war der Anicier Gregor römischer Papst. Hätten die “Kirchenverantwortlichen” von heute seinen Glauben, wären wir aus der Kirchenkrise längst heraus

Eigentlich wollte ich ja heute über Gregor den Grossen schreiben, aber der andere, der mit dem “F”, lässt mich noch nicht ganz los. Morgen erscheint in der Tagespost ein zweiseitiger Artikel von mir über die Franziskus-Heiligtümer im Rieti-Tal. Es hätten auch sechs oder acht Seiten werden können. Erst wenn man in den Höhlen, Felsspalten oder Grotten steht, in denen der “poverello” Zuflucht suchte, begreift man, welche Wahnsinns-Tat der junge Franziskus begangen hat. Alles, was heute wie selbstverständlich hinter uns liegt, die reiche Geschichte der franziskanischen Ordensfamilie, oder was wir bestaunen können wie die heilige Stadt Assisi, das gab es nicht, als er aufbrach, um nur noch seinem Herrn zu dienen.

Das ist schon ein Problem, dass wir in die Vergangenheit mit den Augen der Zukunft blicken, (fast) alles wissend, nicht nur den Samen vor Augen, den einer legte, sondern auch den mächtigen Baum, der daraus erwuchs. Also Gregor der Grosse, aus dem römischen Patrizier-Geschlecht der Anicier stammend (wie wohl auch Benedikt von Nursia), wurde 540 geboren und war von 590 bis 604 Bischof von Rom und damit Papst. Die Lage in Italien war verheerend, die Strukturen des weströmischen Reichs lösten sich auf. Man stelle sich vor, die deutsche Bundesregierung würde ihren Sitz nach Helgoland verlegen, von dort aus ein Nordreich verwalten und die deutschen Lande wild umher ziehenden Horden überlassen. So ging es Gregor, der plötzlich selber und ohne Beistand Ostroms zuschauen musste, wie er mit den langobardischen Eindringlingen fertig werden würde. Es gab keinen Vatikan, es gab keinen Petersdom, es gab keine geölt arbeitende Kurie und kein Staatssekretariat. Alles lag am Boden.

Selbst das Getreide wurde knapp.

Und was machte Gregor? Er sandte Missionare nach Britannien aus, womit er jenen Samen auswarf, der später reiche Frucht – und nach Deutschland die angelsächsischen Missionare – bringen sollte. Er kümmerte sich um die Liturgie und den Kirchengesang, der Gregorianische Choral trägt noch heute seinen Namen. Wie Benedikt vor ihm und später Franziskus war Gregor ein Mann, der seine Hoffnung ganz auf Christus setzte, in Umständen, die man schlichtweg als katastrophal bezeichnen muss. Es war ein deutscher Bischof (!), der mir vor gar nicht langer Zeit sagte, dass die Kirche in Deutschland wohl erst die Kirchensteuer verlieren muss, bis sie zu diesem Geist des Evangeliums zurückkehren kann, der Männer wie Benedikt, Gregor oder Franziskus erfüllte. Ich will das jetzt nicht weiter vertiefen. Aber da ist schon etwas dran. Was ist das wirkliche Fundament, auf dem die Kirche Christi steht, auch die deutscher Zunge?

Gregor.I.: “der Grosse”

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