Viva Italia!

Beim Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland wäre man in hohem Bogen aus dem Programm geflogen

Die Tagespost, Blog Römische-Warte, von Gudio Horst, 23.05.2011

Abtreibung ist eine schlimme Sache. Im staatlichen Fernsehen des Stiefelstaats darf man das zur besten Sendezeit noch sagen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Aber beim Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland wäre man (mit dem Segen der Kirchenbeauftragten) in hohem Bogen aus dem Programm geflogen.
Heute abend war ich wirklich  beeindruckt: Giuliano Ferrara, dessen Sprachgewalt ungefähr so gross ist wie seine Leibesfülle, Journalist, ehemals Kommunist und heute Ratzinger-Fan, wenn auch selber nicht glaubend, Promotor der Kampagne “Abtreibung nein danke” und Chefredakteur der Berlusconi-nahen Tageszeitung “Il Foglio”, hat  direkt nach den Abendnachrichten von “RAI 1” (was in Deutschland die “Tagesschau” ist) den Lebensschutz thematisiert.

Seit Wochen strahlt Ferrara nach diesem prominenten Sendeplatz sein “Radio Londra” aus, nicht viel mehr als fünf Minuten, in denen der dicke Mann in seiner kleinen Drehbühne sitzt und die wichtigsten Nachrichten des Tages kommentiert. In Mailand ist Kommunal-Wahlkampf, derzeit Thema Nummer eins in Italien, am kommenden Sonntag und Montag müssen sich die “milanesi” in der Stichwahl für die rechte Amtsinhaberin im Rathaus oder den linken Herausforderer entscheiden. Für Silvio Berlusconi, dessen poltische  Karriere in Mailand begann, eine Überlebensfrage.

Und was macht Ferrara? Er zeigt Bilder vom vergangenen Sonntag, an dem Papst Benedikt zum “Angelus” tausende Jugendliche des “Movimento per la vita” (Bewegung für das Leben) empfangen hat. Das “Movimento” ist in Mailand entstanden, wo Italiens grösste Geburtsklinik steht. An diesem Krankenhaus versuchen die Jugendlichen, Müttern, für die die Schwangerschaft eine Belastung ist, dennoch eine hoffnungsvolle Geburt ihres Kindes zu gewährleisten. Und Ferrara stellte den beiden Spitzenkandidaten für das Mailänder Bürgermeisteramt, Frau Moratti und Herrn Pisapia, die Frage, was sie von diesem “Movimento per la vita” halten, das die Abtreibung bekämpfe – eine schlimme Sache, so Ferrara, die man in jedem Fall vermeiden sollte. Und das um acht Uhr dreissig, zur besten Sendezeit, im ersten Fernsehprogramm. Ich werde mir in diesem Blog noch die Finger wund schreiben, um den Unterschied zwischen Italien und Deutschland zu erklären – ohne zu werten, ohne Partei zu ergreifen (speriamo bene!). Aber da war wieder dieser Unterschied. Da darf so ein “laico”, ein Nicht-Klerikaler, zur besten Sendezeit verkünden, dass Abtreibung eine schlimme Sache ist – und er kann sich dabei in aller Selbstverständlichkeit visuell wie auch inhaltlich mit dem Papst verbinden. In Deutschland wäre er in hohem Bogen aus dem Programm geflogen. Viva Italia!

Movimento-per.la.vita

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Die drei Säulen der röm. kath. Kirche

monstranz maria papst-franziskus

Archiv

Empfehlung

Ausgewählte Artikel