Vor kurzem erschien das neue Buch von Papst Benedikt
Alexander Kissler kommentiert: Das neue Buch von Bruder Joseph
12.03.2011
Es handelt sich um den zweiten Teil der Lebensbeschreibung Jesu. Man muss kein Prophet sein, um voraus zu sehen: Der Papst wird seinem Ruf als Bestsellerautor gerecht werden.
Das neue Jesusbuch umfasst die Zeit vom Einzug in Jerusalem bis zur Kreuzigung und Auferstehung Jesu. Die deutsche Startauflage des Papstbuchs beträgt 150.000 Stück; vom ersten Teil der Biographie wurden hierzulande eine halbe Million Exemplare verkauft. Der Papst fasziniert, Benedikt macht neugierig.
Ein frommer Katholik, ein leidenschaftlicher Christ
Neues Jesusbuch
Im Unterschied zum Vorgängerbuch hält der Pontifex sich diesmal mit aktuellen politischen Betrachtungen zurück. An die Gedanken zu Tschernobyl, zur Dritten Welt oder zum Menschenhandel knüpft er nicht an. Das neue Buch ist Ergebnis einer beharrlichen, leisen Zwiesprache: Der gelehrte Papst schaut in die Bibel und blickt durch die Evangelien hindurch auf den Gottmenschen Jesus Christus. Kein Papst vor ihm hat sich je einem solchen riskanten Selbstversuch ausgesetzt. Benedikt XVI. schreibt, denkt und glaubt als frommer Katholik, als leidenschaftlicher Christ – als Bruder Joseph.
Die christliche Botschaft kann Mut spenden
Gerade in der Fastenzeit kann die liberale und doch ursprungstreue Theologie, die hier zu sich kommt, eine Ermutigung sein. Und was brauchen die teils verzagten, teils bedrängten Christen unserer Tage dringender als eine Ermutigung zur unterscheidend christlichen Seinsweise? Mut spenden kann die christliche Botschaft laut Benedikt vor allem deshalb, weil sie als wahre Geschichte in die Welt kam. “Der biblische Glaube”, schreibt er, “erzählt nicht Geschichten als Symbole für übergeschichtliche Wahrheiten, sondern er gründet auf Geschichte, die sich auf dem Boden dieser Erde zugetragen hat.”
Die Menschwerdung Gottes
Das heisst: Nicht im Wolkenkuckucksheim und nicht im Märchen ereignete sich die Menschwerdung Gottes, sondern im Hier und Jetzt vor 2000 Jahren. Seit damals, fährt Benedikt fort, “steht der ganzen schmutzigen Flut des Bösen der Gehorsam des Sohnes entgegen, in dem Gott selbst gelitten hat und dessen Gehorsam daher immer unendlich grösser ist als die wachsende Masse des Bösen.” Das Böse wächst also dies- und jenseits der Kirche, wer wollte es bestreiten. Stets gewaltiger aber ist die rettende Güte Christi.
“Anmassend und zugleich einfältig”
Ein Abgrund an Glaubensstärke und Glaubenswissen tut sich auf, hält man dieser leisen Spurensuche jene schrillen Forderungen entgegen, mit denen Religionspädagogen und Ruhestandsprofessoren für Erheiterung sorgten. Deren Manifest “Kirche 2011” scheint im Jesus-Buch des Papstes vorausgeahnt, wenn Benedikt gewisse Züge der modernen Theologie “anmassend und zugleich einfältig” nennt. Einfältig und anmassend erscheinen vor dem Hintergrund der grössten Geschichte der Welt alle Versuche, aus dieser Geschichte einen Freibrief für privattheologisches Rabaukentum abzuleiten.
“Gott ist der Massstab des Seins”
Anziehend – das macht Buchautor Benedikt eindringlich klar – anziehend kann nur eine Christenheit sein, die in ihrem Handeln und Reden von einer unumstösslichen Wahrheit durchdrungen ist: “Gott ist der Massstab des Seins” – nicht der Mensch von heute ist demnach die letzte Instanz und auch nicht der Geist der Zeit, wie mancher Glaubensfunktionär ihn sich ausmalt. Die letzten Worte der päpstlichen Spurensuche heissen “christliche Freude”. Daran nämlich wird man die Christen von morgen erkennen: an ihrer unerschütterlichen inneren Freude, sogar zur Fastenzeit.
Dr.Alexander-Kissler: Kulturjournalist: Besser denken, weiter denken
TheEuropean: Dr. Kissler
Artikel: Von Dr. Kissler: eigentümlich frei
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