“Denk ich an Deutschland in der Nacht…

Dann bin ich um den Schlaf gebracht”

Ich möchte als zunehmend genervter Laie einfach nur meine Meinung (und vielleicht das eine oder andere gegen die im Memorandum vertretene Auffassung von Katholizismus) darlegen.

Ein Gastkommentar von Simone Bernauer, kath.net, Münster

Hach ja, das Theologenmemorandum 2011 – voll theologischen Sachverstands und intellektueller Brillanz wird hier der Finger auf Missstände innerhalb der katholischen Kirche gelegt und werden Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt, die – uups, ich bitte um Entschuldigung, da bin ich doch mal wieder an Passagen aus Joseph Ratzingers/Papst Benedikt XVI. “Salz der Erde” hängen geblieben- Nun also die ganze Konzentration auf das Theologenmemorandum 2011 gerichtet. Hmm… Schon viel Konstruktives und Informatives wurde in den letzten Tagen darüber geschrieben, insbesondere hier auf kath.net. Das Folgende soll dementsprechend auch keine weitere Auseinandersetzung mit dem Memorandum auf theologischer Ebene sein, das überlasse ich gerne Spezialisten wie Armin Schwibach, Peter Seewald oder Bischof Laun.

Vielmehr möchte ich, als (von der ganzen Frauen zum Priesteramt- und Zölibatsdiskussion zunehmend genervter) Laie, einfach nur meine Meinung (und vielleicht die eine oder andere Spitze gegen die im Memorandum vertretene Auffassung von Katholizismus) darlegen.Ich weiss nicht, wie oft ich im Verlaufe des vergangenen Jahres den Ausdruck der “beispiellosen”, oder abwechselnd auch “grössten Krise in der Geschichte der Katholischen Kirche” gelesen habe und sich mir ein paar Fragen regelrecht aufdrängten:

Was war mit der Reformation des 16. Jahrhunderts? Dem 30jährigen Krieg? Dem Kulturkampf zu Bismarcks Zeiten? Der Situation der Kirche und vieler Gläubigen während des Dritten Reiches? Alles nur ein Sturm im Wasserglas?

Bitte nicht falsch verstehen! Wie wohl jeder andere Katholik war auch ich angewidert und schockiert von all dem Schmutz und den Perversionen, die bis ins Innere der Kirche vorgedrungen waren. Aber “die grösste Krise in der Geschichte der Katholischen Kirche”? Wirklich? Darüber erlaube ich mir meine Zweifel. Vielleicht ist das auch der Fluch der Historikerin, die einfach ein bisschen weiter zurückblickt als über die letzten zwanzig Jahre.

Was ich als so unglaublich ermüdend empfunden habe beim Lesen des Theologenmemorandums 2011 ist die Tatsache, dass wieder einmal dieselben alten Forderungen erhoben werden (Zulassung Verheirateter zum Priesteramt, Frauenpriestertum, Überdenken = Abschaffung der kirchlichen Sexualmoral; das übliche halt), die schon seit Jahren von bestimmten Medien und Vereinigungen wie “Wir sind Kirche” propagiert werden.

Und die mittlerweile sowohl von Papst Johannes Paul II. als auch von Papst Benedikt XVI. des öfteren aufgegriffen und beantwortet wurden. Nur halt nicht zur Zufriedenheit der Memorandenschreiber, wie es scheint.

Sind diese denn wirklich der Meinung, dass wieder mehr Leute in die Kirche kommen, wenn am Altar endlich – endlich! – eine Frau oder ein Homosexueller steht? Glauben sie allen Ernstes, dass ein “Wandel kirchlicher Strukturen” dazu beiträgt, den Menschen den Glauben an Gott näher zu bringen? (Man könnte hier natürlich auf die Situation der Protestantischen Kirchengemeinschaften verweisen, die all das so überaus erfolgreich verwirklicht haben und seit Jahren Zuläufe in Millionenhöhe verzeichnen! … Oder auch nicht…).

Als nächstes stimmen wir dann – streng demokratisch natürlich – darüber ab, welche Glaubensinhalte in unserer ach so aufgeklärten Zeit wir überhaupt noch gelten lassen können. Schlechte Karten für den Dekalog – weg damit, damit werden doch nur verknöcherte Moralvorstellungen künstlich am Leben erhalten, die kein vernünftiger Mensch heutzutage mehr braucht!

Ein echter Christ ist man dann, wenn man tolerant und dialogbereit ist! (Sechsmal habe ich Begriffe wie “Dialog”, oder “Dialogbereitschaft” im Memorandum gelesen. Sünde kam nur einmal vor, ebenso wie der Begriff des Sünders, natürlich in Anführungszeichen, damit auch jeder versteht, was davon zu halten ist…).

Ach ja, damit hier auch keine falschen Vorstellungen aufkommen: Toleranz bitte nur gegenüber den “richtigen” innerkirchlichen Strömungen. Alle diejenigen, die lieber Bücher unseres Papstes statt von Hans Küng lesen oder gar – Horror! – sich vorstellen könnten, eine Messe in der ausserordentlichen Form zu besuchen, haben sich somit selbst disqualifiziert. Diese armen, fehlgeleiteten “Fundamentalisten” (auch so ein inflationärer Begriff heutzutage – in manchen “progressiven” Augen ist man ja schon ein Fundamentalist, wenn man “Jesus von Nazareth” unseres Papstes gelesen und für gut befunden hat!) dürfen dann ein Seminar in Sachen Political Correctness und “Katholisch sein im 21. Jahrhundert” bei Claudia Roth beziehungsweise – erraten – Hans Küng besuchen.

Und wenn der Papst im Herbst nach Deutschland kommt (warum tut er sich das nur an), darf ihn Berlins regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (wenn er’s denn dann noch ist) auf seine antiquierte Einstellung in Sachen Homosexualität hinweisen, während die Grünen und die Roten an ihre Anhänger Tomaten und Eier (natürlich alles Bio!) verteilen, um dem Pontifex einen “würdigen” Empfang zu bereiten.

In diesem Sinne kann ich nur mit den Anfangsworten von Heines “Nachtgedanken” enden: Denk ich an Deutschland in der Nacht, Dann bin ich um den Schlaf gebracht
(Und ja, mir ist bewusst, dass das Gedicht Heines Sehnsucht nach Deutschland ausdrücken will. Aber die ersten Zeilen passen nun mal wie die Faust aufs Auge zur gegenwärtigen Situation.)

Ich sehne mich nach einem Deutschland, in dem man nicht schief angeschaut wird, wenn man das Theologenmemorandum 2011 nicht als den Gipfel theologischen Schaffens ansieht. Und in dem es möglich ist, in Treue zur Katholischen Kirche und zu unserem Papst zu stehen, ohne dass gleich die Fundamentalismuskeule herausgeholt wird.

Die Autorin ist eine junge deutsche Katholikin mit abgeschlossenem Studium der “Vergleichenden Religionswissenschaften”.

(Anm. Redaktion: Die Verhältnisse eines Teils der katholische Kirche Schweiz sind keinefalls unproblematischer)

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