Eine “klartextliche” Mahnung von Weihbischof Dr. Andreas Laun

Die Spaltung ist schon da ..
…und sie vertieft sich jeden Tag mehr, vor allem durch Schweigen und Schönreden

Ein KLARTEXT von Bischof Andreas Laun über den wahrhaften Dialog in der Kirche und warum das Wort “Häresie” nicht als “unanständig” anzusehen ist.

Salzburg, kath.net 6. Dezember 2010

Neulich meinte jemand, ich würde durch meine Bücher „Spaltung“ in die Kirche hineintragen. Für einen Katholiken ist das eine sehr ernste Frage und ich habe sie mir gestellt: „Spalte ich die geeinte Kirche durch meine Artikel, durch meine Wortmeldungen, durch meine Bücher?“ Mein Gewissen spricht mich frei, weil ich nichts anderes zu tun versuche als die ganze und unverkürzte Lehre der Kirche darzulegen, zu erklären und zu verteidigen! Nicht Laokoon war schuld am Untergang Trojas, sondern diejenigen, die nicht auf ihn hörten! Und außerdem: Die Spaltung ist schon lange da, sie liegt unübersehbar wie eine offene Gletscherspalte auf dem Weg des wandernden Gottesvolkes. Das Dümmste und Gefährlichste, was wir tun können ist es, einfach weiterzugehen oder die Spalte durch eine Art Schneekanone von Schönreden zuzudecken, so oder so, man fällt in die Spalte! 

Wie geht man mit solchen Spalten in der Kirche um, solange wir durch formale Trennung noch nicht in sie „hineingefallen“ sind? Möglichst behutsam, geduldig und vor allem auch wahrhaftig. Denn eines geht sicher nicht: So tun, als gäbe es sie nicht, die Spaltung, der Versuch, sie „auszusitzen“ kann nicht gelingen. Die nüchterne Analyse der Situation zeigt: Erstens besteht, wie die täglichen Meldungen beweisen, bereits eine Spaltung.

Zweitens wird der Spalt, wenn man nichts tut und nur auf „biologische“ und andere Lösungen wartet, immer breiter und gefährlicher.

Drittens ist die einzige Hoffnung, die Brücke über die Spalte bauen zu können, der „Heilsdialog“ (Paul VI.): Zu wünschen ist, dass wir wirklich miteinander sprechen und in den Einrichtungen der Kirche nicht nur nebeneinander leben. Das gegenseitige Ausgrenzen und Sich-An-Schweigen ist der erste Schritt in Richtung einer formalen, „richtigen“ Kirchenspaltung.

Zu diesem Dialog gehört: Der Glaube an die Kirche als Säule der Wahrheit und der daraus folgende Gehorsam des Glaubens! Dieser besteht zum Beispiel darin, die angeblich „heißen Eisen“ endlich auskühlen zu lassen und beiseite zu legen! Es genügt, wenn sich die Theologen darum kümmern und „kümmern“ heißt in diesem Fall denken, nicht aber aggressive Politik damit zu machen!

Darin enthalten ist die Notwendigkeit einer „gemeinsamen Sprache“, das heißt die Klärung, was als Argument gilt und was nicht: Ist ein Wort der hl. Schrift ein Argument, ist es das Wort des Lehramtes, wie in Lumen gentium 25 beschrieben, gelten Fakten und Erfahrungen auch im Widerstreit der Ideologien?

Sind das Selbstverständlichkeiten? Sehr oft nicht, die Beispiele zeigen es:

Straft Gott die Sünden der Menschen? Der Zeitgeist sagt nein, die Bibel unzählige Male Ja!

Können Frauen Priester werden? Wütend fordert es der Zeitgeist, Papst Johannes Paul II. sagte kraft seiner Autorität Nein!

Kann sich eine homosexuelle Neigung verändern? Die Ideologen behaupten Nein, die Erfahrung sagt Ja!

Viele andere Beispiele ließen sich nennen, wichtig wäre: Vorweg zu klären, welche „Erkenntnis-Lehre“ diesem so nötigen Dialog zugrunde liegt, weil ohne Einigkeit in der Sprache, dreht sich das Reden ergebnislos im Kreis. Konfuzius hat auf die Frage, was er täte, wenn ihm die Macht übertragen würde, geantwortet: Er würde den Wörtern ihren Sinn zurückgeben!

Zum Ethos dieses Dialoges gehört es, die Autorität der kirchlichen Lehre anzuerkennen und diese Anerkennung sollte vorweg abgefragt werden. Denn ohne diese gemeinsame Basis handelt es sich entweder um einen ökumenischen Dialog bereits getrennter Christen oder es beanspruchen alle, auch die Leugner des katholischen Glaubens, katholisch zu sein, und dann wird das Gespräch zu einem Schlagabtausch wie in der Politik: Argumente sind dabei nicht mehr gefragt, sie werden ersetzt durch Unterschriftsammlungen, Klatschen, durch behauptete oder wirkliche Mehrheiten.

Demgegenüber brauchen wir den Mut, auch das Wort Häresie nicht mehr als „unanständig“ anzusehen, sondern es als präzise Beschreibung eines Sachverhaltes, auch wenn der, der eine Häresie vertritt, noch lange nicht ein verhärteter Häretiker sein muss!

Klar müssen die Regeln des Denkens sein! Logik, Fakten, Erfahrung sind Argumente, nicht Ideologien. Typische Beispiele dafür, wie diese Regeln missachtet werden, liefern Diskussionen über Empfängnisverhütung, Evolution und viele andere Themen: Wer bestimmte Thesen dieser Ideologien bezweifelt oder auf Erfahrungen verweist, die dem ideologischen Dogmen-Kanon widersprechen, wird vor allem mit Entrüstung sanktioniert, manchmal auch mit härteren Maßnahmen wie Job-Verlust, mit Mobbing und gesellschaftlicher Ächtung.

Zum Dialog gehört vor allem auch: Man hört auf den Anderen, man reagiert nicht beleidigt auf Widerspruch und Kritik, man ist bereit, alle Argumente auf die Waagschale zu legen – so dass dies der Andere auch spürt und sich ernst genommen fühlt!

Das Gegenteil zu dieser sachlichen Haltung mit ihrer Orientierung an den Argumenten und an der Wahrheit ist die Moralisierung, mit Hilfe derer man die Positionen der „Anderen“ in moralisch gute und moralisch schlechte Meinungen einteilt und auf sie mit Entrüstung und Beleidigt-Sein reagiert – statt mit Argumenten und Antworten:

Jeder hat es schon erlebt: Sowohl die Berufung auf kirchliche Lehre wie auch auf Erfahrungen und Argumente, die einer zeitgeistigen Ideologie widersprechen, wird vom Richterstuhl der moralisch sich überlegen glaubenden Gutmenschen und „Gutchristen“ aus verurteilt, mit Entrüstung gebrandmarkt und so weit als möglich einer kirchlichen Damnatio memoriae“ (Löschung aus dem Gedächtnis) anheim gegeben.

Aber das ist die Wiederkehr der uralten Sünde, nicht den Irrtum oder das, was man für Irrtum hält, sachlich und mit Argumenten zu bekämpfen, sondern den, der anders denkt niederzumachen, gesellschaftlich oder auch physisch. Hat es das nicht auch in der Kirche gegeben?

Leider ja wie alle Sünden, nur macht es die Sache nicht besser, wenn man zeigen kann, dass „auch Christen früherer Zeiten diese Sünde begangen haben“! Auch Christen-Sünden sind Sünden und kein Freibrief, sie auch zu begehen!

Es ist höchste Zeit, dass wir alle, wo wir auch stehen, zugeben: Die Spaltung ist schon da und sie vertieft sich jeden Tag mehr, vor allem durch Schweigen und Schönreden bis zu dem Tag, an dem die „Brücke“ bricht und nach dem es vielleicht wieder Jahrhunderte bis zur Wiedervereinigung dauert!

Die heute noch mögliche „innerkirchliche Ökumene“ ist hoffnungsvoller als die Ökumene „getrennter Christen“ am „day after“!

Gibt es noch Hoffnung? Natürlich, wenn wir uns an Paulus (1 Kor, 11,10) halten, der zum Thema Spaltung sagt: „Ich ermahne euch aber, Brüder, durch den Namen unseres Herrn Jesus Christus, daß ihr alle einmütig redet und nicht Spaltungen unter euch seien, sondern daß ihr in demselben Sinn und in derselben Meinung völlig zusammengefügt seiet.“

Was wir brauchen sind nicht noch mehr Tagungen, sondern die Hinwendung zu Jesus Christus, den Herrn, das Hören auf die Apostel, die Er uns als „Lehrer“ gegeben hat (1 Tim 1,11).

Aber sicher auch: Gegenseitige Achtung, Vernunft statt Ideologie, weder schweigen noch schönreden, Orientierung an der Lehre der Kirche statt auf der eigenen „Meinung“ zu bestehen und nicht „Irreführendes gegen den HERRN zu reden“ (Jes 32,6).

Hoffnung bleibt, wenn wir vor allem auf Gott schauen, auf Sein Wort hören, in und mit Seiner geliebten Kirche leben, sie, die Braut Christi lieben und unser eigenes Leben als „Liebesgeschichte mit Gott“ verstehen! Dann werden wir die Spaltung hinter uns lassen und auch in keine andere, die es nach dem Wort der Schrift „immer geben“ wird (1 Kor 11,18) hineinfallen.

Wir werden nach einem Wort des griechisch-katholischen Märtyrers E. Kowcz sicher und erhobenen Hauptes über die Kirche wie über eine Brücke in die Ewigkeit eingehen! Und bis dahin gilt der Kompaß des Glaubens, „den du von der Kirche am Tag deiner Taufe empfangen hast“ und das Wissen: „Ich gehöre zu den Kindern der Kirche, ich folge dem Weg, den der Glaube mir zeigt, ich bin ein Nachfahre der Heiligen“! So die Ermutigung zur Hoffnung, wie sie Kardinal Francis Thuan (in „Hoffnungswege“) beschreibt!

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