Weniger Bonner Zentralismus
Jetzt diskutieren sie, die deutschen Bischöfe
Die Tagespost, 10. März 2014, von Markus Reder
Jetzt diskutieren sie, die deutschen Bischöfe. Der heutige Tag ist dem Austausch gewidmet. Wer soll den Vorsitz führen? Was muss sich ändern? Wohin soll es gehen? Vom Vorkonklave im Vatikan habe er sich inspirieren lassen, so der scheidende Konferenzvorsitzende Zollitsch. Nun ist ständig vom Vorkonklave in Münster die Rede. Ein denkbar unpassender Begriff. Damit sind Missverständnisse programmiert. Die Bischöfe wählen nicht ihren Chef und schon gar keinen “Nationalpapst”. Auch wenn Medien den Vorsitzenden der Konferenz immer wieder als “Chef” der Bischöfe bezeichnen, es wird durch Wiederholung nicht richtiger. Der Konferenzvorsitzende ist und bleibt Bischof wie jeder andere Bischof auch. Er ist kein “Big Boss”, seine Aufgabe ist es, zu koordinieren, zu moderieren und zu repräsentieren.
In Münster wird nicht nur über Personalien entschieden, auch Strukturfragen stehen zur Diskussion. Der Augsburger Bischof Zdarsa hat im Vorfeld des Bischofstreffens den Umzug des Sekretariats der Bischofskonferenz von Bonn nach Berlin gefordert. Ein Ortswechsel 25 Jahre nach dem Mauerfall wäre in der Tat ein starkes Zeichen, aber auch eine faustdicke Überraschung. Zu gross ist das Bonner Beharrungsvermögen, zu einflussreich das Machtgeflecht des Apparats. Dabei wäre eine Entweltlichung der Strukturen keineswegs “nur” eine Machtfrage. Sie betrifft ganz unmittelbar die Theologie des Amtes. Dahinter steht die zentrale Frage, erleichtert der Bonner Apparat den Bischöfe ihren eigentlichen Dienst und hilft ihnen, voll und ganz Oberhirten im Sinne des Zweiten Vatikanums zu sein? Oder schrumpft das nur ihnen zukommende Lehr- und Hirtenamt auf die Rolle von Regierungsdirektoren im Dienste der Bonner Kaiserstrasse?
Zu den deutschen Besonderheiten gehört es, gerne laut über zu viel römischen Zentralismus zu klagen und mehr Pluralismus und Subsidiarität zu fordern. Geht es aber um die Angelegenheiten der katholischen Kirche in Deutschland, kann es gar nicht genug Zentralismus sein. Das gilt auch für die Medienpolitik der Bischofskonferenz. Als zentrales Kommunikationszentrum der kurzen Dienstwege ist das millionenschwere Bonner Medienhaus ja keineswegs nur eine Frage von Synergieeffekten.
Auch über Projekte und Perspektiven von Mitgliedermagazinen und Verteilzeitungen wollen die Bischöfe in Münster sprechen. Spannende Themen, keine Frage. Da ist Musik drin. Am Ende zählt allerdings nicht, dass man etwas macht, sondern wie. Dass ein in Bonn orchestriertes Heft tatsächlich einen inhaltlichen Mehrwert für die katholische Medienlandschaft bedeuten würde, glauben zumindest jene Bischöfe nicht, denen Neuevangelisierung und Profilbildung wichtiger ist als lähmendes Ringen um jeweils neue Kompromisslinien.
Beim Vorkonklave im Vatikan vor einem Jahr hat es ordentlich gekracht. Hinterher waren viele Kardinäle angetan vom Mut der Mitbrüder zum offenen Wort. Ob die deutschen Probleme in Münster mit vergleichbarer Deutlichkeit angesprochen werden, wird sich weisen. An Themen fehlt es den Bischöfen jedenfalls nicht. Die Zeit zur Aussprache kann sehr wertvoll sein. Sollte es dabei krachen, muss das kein schlechtes Zeichen sein. So viel Vergleich mit dem Vorkonklave in Rom darf sein.
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