Chur und Rom als “geschützte Werkstatt” bezeichnet
Bistum Chur wirft Zürcher Regierungsrat Angriff auf Religionsfreiheit vor
Bischof Huonder: Distanzierung der Regierung
Auch Zürcher Katholiken nicht erfreut über Grafs Kirchenkritik
Chur, 2.6.13 (Kipa)
Am Freitag übte der Zürcher Regierungsrat Martin Graf in einer Rede Kritik am Bistum Chur sowie an “Rom”. Der Justizdirektor äusserte sich an der Pressekonferenz der katholischen Kirche im Kanton Zürich zum 50-Jahr-Jubiläum der öffentlich-rechtlichen Anerkennung der Zürcher Katholiken. Vertreter des Bistums Chur verurteilten die Aussagen des Regierungsrates in der Sonntagspresse als Einmischung in kirchliche Belange.
In seiner Rede hatte Graf nach einem Lob für die Bemühungen der Zürcher Katholiken um “eine Modernisierung ihrer Kirche” Chur und Rom als “geschützte Werkstatt” bezeichnet, “wo offenbar die Zeit im späten Mittelalter stehen geblieben” sei. “Die Rückständigkeit und permanente Verweigerung, gesellschaftliche Realitäten anzuerkennen, hat bekanntlich der Katholischen Kirche weder in der Schweiz noch global viel Ruhm eingetragen”, so der Regierungsrat, der der grünen Partei angehört.
Für die Bezeichnung “geschützte Werkstatt” müsse sich der Regierungsrat entschuldigen, forderte der Churer Generalvikar Martin Grichting. Damit habe Graf “indirekt den Bischof von Chur und Papst Franziskus als Behinderte” bezeichnet, so Grichting gegenüber der “NZZ am Sonntag” (2. Juni). Bislang sei noch kein Schreiben an den Regierungsrat mit der Aufforderung, sich zu entschuldigen, aufgesetzt worden, sagte Bistumssprecher Giuseppe Gracia am Sonntag gegenüber der Presseagentur Kipa.
Regierungsrat wirft Kirche Verstoss gegen Grundrechte vor
Graf sagte am Freitag weiter, es sei für ihn unverständlich, “weshalb die Kirchenoberhäupter von Chur oder Rom meinen, weiterhin an verfassungsrechtlich geschützten Grundrechten vorbei predigen zu können, welche für die gesamte Bevölkerung gesellschaftliche Richtschnur sind”.
Gegenüber dem “Sonntagsblick” (2. Juni) sagte Graf auf Nachfrage, seine Kritik richte sich ausschliesslich gegen die Haltung des Bischofs von Chur und des Papstes. Der Zölibat, die “Verweigerung der Priesterweihe für Frauen”, die Nichtanerkennung gleichgeschlechtlicher Paare und die “Weigerung, geschiedene Paare wieder zu vermählen” verstossen aus Sicht des Regierungsrates gegen die in der Bundes- und Kantonsverfassung verbrieften Grundrechte.
Bischof wirft Graf “totalitäre Gesinnung” vor
Der Churer Bischof Vitus Huonder zeigte sich gegenüber dem Sonntagsblick “entsetzt” über diese Aussagen. Er fühle sich in die Zeit des Kulturkampfes zurückversetzt, so Huonder. “Der Staat mischt sich in innere Belange der Kirche ein und massregelt sie, wenn sie an etwas glaubt und festhält, was dem Staat nicht genehm ist.” Dies sei ein “Angriff auf die Religionsfreiheit”. Huonder bezeichnete die Aussagen von Graf als “Ausdruck einer totalitären Gesinnung” und möchte wissen, wie die Zürcher Gesamtregierung dazu steht.
Die katholische Kirche im Kanton Zürich wollte am Sonntag gegenüber Kipa keine Stellung nehmen zu der Angelegenheit. kipa/arch/bal
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