Es kann nur einen geben
“Bedingungslose Ehrerbietung” und “bedingungslosen Gehorsam”
Die Tagespost, 22. März 2013, von Guido Horst
Vor den Kardinälen als Zeugen, wenige Stunden vor dem Ende seines Pontifikats, hat Benedikt XVI. dem Nachfolger “bedingungslose Ehrerbietung” und “bedingungslosen Gehorsam” versprochen. Gleichgültig, wer es werden würde. Und der deutsche Papst hat inzwischen wahr gemacht, was er damals, in den Wochen nach der Ankündigung seines Rücktritts, angekündigt hatte: Dass er sich nach der Demission vor der Öffentlichkeit verbergen werde.
Darum wird sich der Vatikan sehr genau überlegen, wie er heute den historischen Besuch von Franziskus bei Benedikt in Szene setzt. Zum ersten Mal in der Geschichte der Kirche begegnet der Nachfolger Petri in ganz geordneten, ohne Druck von aussen zustande gekommenen Verhältnissen seinem Vorgänger, der auch ein Nachfolger Petri ist. Alle erinnern sich noch daran, wie übergross das Interesse der internationalen Medien an den “letzten Malen” Benedikts war: die letzte Liturgie im Petersdom, der letzte Angelus, die letzte Generalaudienz, der endgültige Abschied von “seinen” Kardinälen. All das haben die Medienverantwortlichen des Vatikan bestens in Szene gesetzt, bis hin zum Hubschrauberflug nach Castel Gandolfo. Dennoch wird man sich davor hüten, auch aus der Begegnung heute, bei der der amtierende Papst und der Emeritus gemeinsam zu Mittag essen, ein Medienereignis zu machen. Jeder, der den Rücktritt Benedikts XVI. aufmerksam verfolgt hat, weiss genau, was der emeritierte Papst mit seinem “Rückzug auf den Berg des Gebets” in keinster Weise verbunden wissen wollte: Irgendwie doch noch ein Bezugspunkt für die Gläubigen zu bleiben, eine Anlaufstelle für Unzufriedene, ein weichgespülter “Gegenpapst”, oder eine Art Ruhestands-Pontifex in zweiter Reihe, mit gelegentlichen Auftritten. Papst Ratzinger hat mit seinem Rücktritt den Weg freigemacht für einen Mann, der mit seinen ersten Gesten genau das vermittelt, was Benedikt XVI. in den Mittelpunkt seiner Reformen gestellt hatte: die völlige Entweltlichung der Kirche, die Auflösung des mondänen Geistes, der nicht zuletzt auch in den Vatikan eingedrungen war. Nur dass Franziskus in der Sprache und in seinen Gesten weniger die Intellektuellen, die Theologen und Ästheten anspricht, sondern die ganz einfachen Menschen auf der Strasse. Das haben ihm seine Biografie, sein Wirkungsort, seine Besuche bei den Armen mit auf den Weg nach Rom gegeben. Es wäre eine Katastrophe, wenn der argentinische Papst einen zweiten Benedikt XVI. vorspielen oder diesen imitieren würde. Er muss vielmehr er selber sein.
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