Frankreich und die ‘ethische Giftspritze’

Sozialistischer Staatspräsident pusht Euthanasie-Debatte

Katholische Kirche fordert “Wachsamkeit”: Was könne ein “medizinisches Verfahren” am Ende des Lebens anderes bedeuten “als eine Giftspritze”

Paris, kath.net/KNA, 8. August 2012

Die katholische Kirche in Frankreich fordert “Wachsamkeit” in der von Staatspräsident Francois Hollande angestossenen Debatte über “Sterbehilfe”.

Hollande vermeide in der Diskussion bewusst den Ausdruck “aktive Sterbehilfe”; gerade das zeige die “Doppeldeutigkeit” seiner Vorschläge, sagte der Ethikexperte der Französischen Bischofskonferenz, Jean Matos, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Dienstag. Die von Hollande verwendeten Begriffe seien vage und forderten eine Klärung, kritisierte er. Was könne ein “medizinisches Verfahren” am Ende des Lebens anderes bedeuten “als eine Giftspritze”, so Matos. Jede Ausnahme beim geltenden Gesetz könne zum Dammbruch führen, warnte er.

Francois Hollande hatte im Juli eine nationale Debatte über aktive Sterbehilfe angestossen und eine Ethikarbeitsgruppe zum “Ende des Lebens” eingerichtet. Bis Dezember werde es mehrere öffentliche Diskussionsrunden geben, in denen die gesellschaftliche Meinung zur Sterbehilfe ermittelt werden solle. Hollande war bereits im Wahlkampf für eine Zulassung aktiver Sterbehilfe für unheilbar Kranke eingetreten, die ausdrücklich die Beendigung ihres Lebens wünschen.

Der französische Staatspräsident sei “sehr engagiert” in gesellschaftlichen Fragen wie Sterbehilfe oder gleichgeschlechtliche Ehe, erklärte Jean Matos. Dies hänge damit zusammen, dass diese keine grossen finanziellen Auswirkungen auf den Staatshaushalt hätten. In einigen Bereichen wie der Reduzierung des Staatsdefizits habe die Regierung wenig Spielraum; deshalb suche sie diesen bei gesellschaftlichen Themen.

Eine verstärkte Tendenz zur aktiven Sterbehilfe in Europa sieht Matos nicht. Im Januar habe der Europarat eine Entschliessung zum Verbot von “Euthanasie, im Sinn einer absichtsvollen Tötung eines abhängigen Menschen durch Handeln oder Unterlassen zu seinem oder ihrem angeblichen Wohl” verabschiedet. Dies bedeute für die Mitgliedsländer des Europarats zwar keine rechtliche Verpflichtung, werde aber “Einfluss auf die Gesetzgebung in den Ländern haben”, so Matos.

Nach einem Gesetz von 2005 ist aktive Sterbehilfe in Frankreich strafbar. Ärzte dürfen die Behandlung unheilbar Kranker jedoch abbrechen oder einschränken, wenn der Patient dies wünscht.

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