Geköpfte Ministranten, Bäume voller Gehängter

Die schlimmsten Christenverfolgungen der letzten Jahrhunderte in christlichen Nationen

Die Lateinamerika-Reise des Papstes führt ihn noch vor Kuba nach Mexiko, dem Land, in dem Christen anderen Christen Schlimmes antaten und auch heute noch die Kriege der Drogenbanden alles lähmen.

Welt-online, 23.03.2012, von Paul Badde

Die schlimmsten Christenverfolgungen der letzten Jahrhunderte fanden nicht in islamischen oder hinduistischen Ländern statt, sondern in christlichen Nationen.

Dafür ist Mexiko ein Modell, wo Benedikt XVI. gelandet ist. Von dort wird er am Montag zum Missbehagen des Weissen Hauses nach Kuba  weiterreisen, jener kommunistischen Insel vor der Küste der USA, auf der Hernando Cortés sich im März 1519 mit 530 spanischen Abenteurern in die umgekehrte Richtung einschiffte, um dort das Reich der Azteken zu erobern.

Zwei Jahre später war Mexiko dem spanischen Weltreich eingefügt, als Modell für die Eingliederung ganz Lateinamerikas in den Kosmos des Westens.

Ab 1810 wurde das erzkatholische Land auch wieder Vorreiter für den Prozess der Lösung von Spanien. Weil die Kirche auf diesem Weg – trotz prominenter priesterlicher Vorkämpfer – zunächst aber auf der Seite der Kolonialmacht verharrte, wurde die Strasse in die Unabhängigkeit für viele Mexikaner zum Kreuzweg. Mehr Anschauung für systematische Verfolgung der Christen und ihres Kultes kann danach kaum eine andere Nation bieten, lange vor dem Wüten der Bolschewiken oder Nazis in Europa.

Kollektives Martyrium in Mexiko

Seit seiner Unabhängigkeitserklärung 1810 blieb die Geschichte Mexikos von Wirren, Terror, Verstaatlichungen von Kirchengütern und stets antichristlichen Regimen seiner politischen Eliten geprägt, trotz der bis heute 92 Prozent Katholiken in seiner Bevölkerung.

Es war ein kollektives Martyrium mit immer neuen Wellen der Gewalt. Weit über 100 Jahre lang wurde das Land von fanatischen Atheisten und despotischen Agnostikern regiert und kujoniert. 1874 wurden die alten Feiertage abgeschafft und religiöse Feiern ausserhalb der Kirche verboten.

Unter den aggressiv antiklerikalen Massnahmen des Präsidenten Plutarco Elías Calles spitzte sich der Konflikt so zu, dass von 1926 bis 1929 Tausende Katholiken zu den Waffen griffen, um im Krieg der “Cristeros” die Regierung zu stürzen – die allerdings von den USA mit Flugzeugen und Maschinengewehrlieferungen an der Macht gehalten wurde.

So wurde Mexiko auch ein Modell für die Versuchung mancher Priester, gegen die Unterdrückung selbst zur Gewalt zu greifen, vom dem Pfarrer Miguel Hildalgo y Costilla, der 1811 erschossen wurde, bis zu manchen Strategen der “Befreiungstheologie”, deren Gedanken Rom immer abgelehnt hat, nicht zuletzt durch Joseph Ratzinger.

Bilder wie aus Alpträumen

Der verlustreiche Bürgerkrieg endete 1929 in einem Kompromiss, der die Lage nur zeitweilig ändern, den Konflikt aber nicht beenden konnte. Graham Greene, der 1938 in Mexiko von den “wütendsten Glaubensverfolgungen der Welt seit den Tagen Elizabeth I.” sprach, wurde mit seinem Klassiker “Die Macht und die Herrlichkeit” zum Chronisten dieses vergessenen Kapitels der Weltgeschichte.

Auf dem Radar der Medien waren die Grausamkeiten dennoch nie wirklich aufgetaucht. Da schoben sich die späteren Gräuel Europas vor. Erst jetzt katapultiert daher der Papst die schrecklichen Bilder mit seiner Reise in das Bewusstsein der Welt: die Bäume voller Erhängter, die aufgebrochenen Kirchentüren, die geköpften Ministranten, die Priester mit ausgebreiteten Armen vor den Erschiessungs-Pelotons.

Es sind Bilder wie aus den Alpträumen Francisco Goyas. Doch sie stammen aus unserer Zeit; die vergilbten Fotos sind nur Jahrzehnte alt.

3000 tote Priester

Schlimmer wurde es in Kuba nie. Unter den zahllosen Opfern der Verfolgungen hatten über 3000 Priester ihr Leben gelassen. Seminaristen wurden gefoltert, gehängt, erschossen, erstochen, verbrannt und zu Tode gemartert.

In vielen Orten wurden alle Kirchen zerstört. In drei Enzykliken hatte sich Papst Pius XI. (1922–1939) vergeblich gegen die Gewalt und die Unterdrückung der Gläubigen gewandt.

Erst 1992 nahm Mexiko diplomatische Beziehungen zum Vatikan auf, nachdem Johannes Paul II.  hier 1979 wie ein Befreier begrüsst worden war. Acht Jahre später erlebte das Land seine erste demokratische Wahl nach der Willkürherrschaft der “Partei der institutionellen Revolution”.

Doch bis jetzt dürfen die anhaltenden Drogenkriege mit ihren über 50.000 Todesopfern als Bestandteil der alten Agonie verstanden werden, in exzesshaften Fortsetzungen des Wütens der Hölle gegen das mexikanische Volk.

Benedikts aussergewöhnliche Reiseroute

Zum Auftakt seiner Reise nach Kuba setzt Benedikt XVI. deshalb schon gleich zu Beginn einen spektakulären Akzent, wenn er in Mexiko nicht zuerst das Bild Marias von Guadalupe in Mexico City ansteuert – dem die mexikanische Nation ihre Entstehung verdankt –, sondern Guanajuato, wo der kleine weisse Mann aus Rom zu dem Christkönigs-Heiligtum auf den Hügel Cubilete pilgern wird.

Es ist ein Paradox der Vergangenheitsbewältigung, an dem sich der alte Papst aus Deutschland mit dieser Geste in der Neuen Welt versucht, in einem gewagten und riskanten Drahtseilakt.

Kardinalstaatsekretär Tarcisio Bertone erklärte die aussergewöhnliche Reiseroute vorab zwar mit einem Wunsch des seligen Johannes Paul II., der den Ort vergeblich hatte besuchen wollen.

Er wies aber auch daraufhin, dass der Ort “den Herzmittelpunkt des heroischen Glaubens des mexikanischen Volkes” darstelle, wo an Ereignisse erinnert werde, die “für alle Länder beispielhaft sind, vor allem jetzt, wo es Heldenmut verlangt, den eigenen katholischen Glauben zu bewahren und zu bekennen.”

Der Hügel Cubilete war das Heiligtum der Cristiada-Rebellen in ihrem Aufstand gegen das atheistische Regime – und sie kämpften nicht für die katholische Kirche, sondern für die Religionsfreiheit und starben auch dafür!

Es ist diese Freiheit, die Benedikt XVI. in Mexiko wie in Kuba unermüdlich als Reifebarometer aller zivilen Gesellschaften beschwören wird, bis hin zum Irak und zu Ägypten, als Mutter aller Freiheiten, die in den tragischen Kämpfen Mexikos allerdings mit dem Schlachtruf “Viva Cristo Rey!” verteidigt wurde: Es lebe Christus, der König mit der Dornenkrone! Es lebe der Gewaltlose!

Quelle: Video
VivaCristoRey!
PapstJohannesPaulII.:  1979 Pastoralbesuch Dominikanische Republik, Mexiko, Bahamas

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