Maria Himmelfahrt – Der Duft des Himmels

Die Kräuter, die zum Himmelfahrtsfest geweiht werden, verweisen auf die leibliche Aufnahme Mariens

Quelle
Kräuter-Brauchtum: Kräuterweihe und Frauendreißiger | Räucherbündel als Kräuterbuschen binden (youtube.com)

15.08.2024

Michael Karger

Maria wird im römischen Ritus mit drei Hochfesten geehrt: Dem Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria (8. Dezember), dem Hochfest der Gottesmutter Maria (Oktavtag von Weihnachten) sowie dem Hochfest Mariae Aufnahme in den Himmel (15. August). Zum hochsommerlichen Marienfest gehört die Kräutersegnung. Im Sommer ist die Konzentration an ätherischen Ölen in den Kräutern am höchsten.

Aus wild wachsenden Blumen und Heilpflanzen sowie kultivierten Nutzpflanzen werden sogenannte Kräuterbuschen oder Würzbüschel zusammengestellt. Die Marienkräutersträuße variieren je nachdem, was die regionale Fauna hergibt. Teils folgt man auch einer eigenen Zahlensymbolik mit sieben, zwölf oder mehr Pflanzen. In manchen Regionen Bayerns und Österreichs bindet man den Kräuterbuschen um eine Königskerze (Marienkerze).

Myrrhe, Zimt, Datteln und Rosen

Früheste Belege für die Kräutersegnung stammen aus dem 10. Jahrhundert und kommen aus dem deutschen Sprachraum. Vorchristliche Ursprünge sind damit ausgeschlossen, auch wenn sie in Abhängigkeit vom wissenschaftlich überholten “Handwörterbuch des Aberglaubens” (1927–1942) bis heute von esoterischen Kräuterkundlern und Brauchtumsforschern behauptet werden.

Einen ersten Hinweis gibt die vorkonziliare Festtagslesung aus dem Buch Jesus Sirach (24,12-20), hier übersetzt nach dem griechischen Alten Testament, der Septuaginta. Darin werden Vergleiche aus dem Pflanzenreich genannt, die typologisch auf Maria bezogen werden: “Wie eine Dattelpalme wuchs ich empor in En-Gedi und wie ein Rosengewächs in Jericho” (14). “Wie Zimt und Gewürzstrauch und wie ausgewählte Myrrhe habe ich den Wohlgeruch verbreitet. Wie Galbanum und Onyx und Myrrhenöl und wie Duft von Weihrauch im (heiligen) Zelt” (15).

Eigenschaften für den Himmel

Über die Rose als Mariensymbol hinaus werden starke Duftstoffe aufgezählt und ausdrücklich ein „Gewürzstrauch“ genannt. Damit werden die Eigenschaften Marias beschrieben, die sie für den Himmel bestimmen und auf ihre leibliche Aufnahme verweisen. Papst Pius XII. definierte 1950 den Festinhalt in einem Glaubenssatz: „Die unbefleckte Gottesmutter und immerwährende Jungfrau Maria wurde nach Vollendung ihres Erdenlebens mit Leib und Seele in die himmlische Glorie aufgenommen.“

Wenn Maria in sekundärer Weise an der Erlösung als jungfräuliche Gottesmutter und allzeit ohne Sünde beteiligt war, dann kann sie nicht dem Tod und der Verwesung als den Folgen der Sünde verfallen sein. Analog zum Schicksal ihres Sohnes wurde sie durch Sterben und Tod hindurch in den Himmel aufgenommen. “Als Mutter Gottes, Mutter der Kirche und als Königin des Himmels gebührt Maria der Vorzug der vollen und vorzeitigen Erlösung; nur so kann sie Zeichen für die endgültige Erlösung und Fürsprecherin der pilgernden Kirche sein” (Anton Ziegenaus).

Einheit von Leib und Seele

“Vorzeitige Erlösung” – im Voraus, in Hinordnung auf die Erlösungstat Christi – bedeutet Unverweslichkeit und Einheit von Leib und Seele. Von Cosmas Vestitor, einem byzantinischen Theologen, sind vier Predigten (entstanden um 750) zum “Fest der Entschlafung unserer allheiligen Herrin, der Gottesgebärerin und immerwährenden Jungfrau Maria”, wie es im christlichen Osten heißt, überliefert.

Darin verbindet er in Abhängigkeit von älteren Legenden die Aufnahme Marias in den Himmel mit dem “unbeschreiblichen Duft” des auferweckten Leichnams: “Als das Grab verschlossen war, warteten Apostel und Jünger nach dem Gebot des Herrn an dieser Stätte. Am dritten Tag umgab eine strahlende helle Wolke das Grab, die Stimmen der Engel ertönten und ein unbeschreiblicher Duft verbreitete sich ringsum. Alle verwunderten sich ungemein, als sie sahen, dass der Herr herabgekommen war und den Leib der Jungfrau in aller Herrlichkeit in den Himmel überführte.“

Segensgebete zur Kräuterweihe vor und nach dem Konzil

In den Segensgebeten zur Kräuterweihe des vorkonziliaren Rituale Romanum wird auf die leibliche Aufnahme in den Himmel nicht direkt Bezug genommen, wenn es heißt: “Wir bitten dich […], dass du diese verschiedenen Arten von Kräutern und Früchten […] segnest und ihnen über ihre von dir gegebene natürliche Kraft hinaus die Gnade deines neuen Segens eingießt, damit sie, zum Nutzen von Mensch und Vieh in deinem Namen angewandt ein Schutz werden gegen alle Krankheiten und Widrigkeiten.”

Demgegenüber enthält das nachkonziliare Segensgebet in der Studienausgabe des deutschsprachigen Benediktionale (1981) zwar einen allgemeinen Bezug zum Festinhalt, vermeidet aber, wohl um ein magisches Verständnis auszuschließen, den Gedanken der Abwehr von Unheil: “Du hast Maria über alle Geschöpfe erhoben und sie in den Himmel aufgenommen. An ihrem Fest danken wir dir für alle Wunder deiner Schöpfung. Durch die Heilkräuter und Blumen schenkst du uns Gesundheit und Freude. Segne diese Kräuter und Blumen. Sie erinnern uns an deine Herrlichkeit und an den Reichtum deines Lebens. Schenke uns auf die Fürsprache Mariens dein Heil. Lass uns zur ewigen Gemeinschaft mit dir gelangen und dereinst einstimmen in das Lob der ganzen Schöpfung.”

So sehr die Sakramentalien zum Vollzug des Glaubens gehören, machen beide Segensgebete deren Problematik deutlich. Auf der einen Seite die Gefahr der magischen Verfügbarmachung und Verdinglichung, auf der anderen Seite nur noch ein allgemeines Lob der Schöpfung. Dahinter steht ein Dilemma: “Die Grenzen zwischen freiem Freiheitsbezug und naturaler Einwirkung auf Freiheit lassen sich konkret wohl nicht ziehen; das Naturale als Dimension der Wirklichkeit und Realisation der Freiheit kann andererseits nicht ‘reiner’ Freiheit gegenüber als ‘magisch’ abgewiesen werden” (Jörg Splett).

Letztlich bleibt die Segnung der heilkräftigen Kräuter vor der Schwelle des Todes stehen, gegen den in dieser Welt kein Kraut gewachsen ist – wenn nicht die göttliche Gnade tätig wird. Blumen und Kräuter in ihrer natürlichen und übernatürlichen Heilwirkung symbolisieren Maria als Frau und Mutter sowie als Höchstfall der geschöpflichen Mitwirkung am Heil: “Wir glauben, dass die heiligste Gottesmutter, die neue Eva, Mutter der Kirche, für die Glieder Christi ihre mittlerische Aufgabe im Himmel fortsetzt, indem sie bei der Geburt und Erziehung des göttlichen Lebens in den Seelen der Erlösten mitwirkt” (Credo Papst Pauls VI.).

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