Der Kreuzweg

Der Kreuzweg: Die Betrachtungen mit Papst Franziskus im vollen Wortlaut

Quelle – Vollständiger Text
Vatikan: Karfreitag – Feier vom Leiden und Sterben des Herrn – Vatikanische Basilika – 18.00 Uhr
Karfreitag – Kreuzweg, Petersplatz – 21.00 Uhr

Von CNA Deutsch/EWTN News

Vatikanstadt, 10. April 2020 (CNA Deutsch)

Es ist der menschenleere Petersplatz, der in diesem Jahr der Coronavirus-Pandemie die Kulisse des Kreuzwegs bietet, statt des Kolosseums in Rom. Die Betrachtungen zu den 14 Stationen der Gebete, die viele Katholiken jeden Freitag beten, wurden dieses Jahr von verschiedenen Laien verfasst, darunter ein Richter und Vollzugsbeamte, die Angehörigen eines Mordopfers sowie mehrere Insassen der Haftanstalt von Padua. Es gehe darum, Christus auf seinem Kreuzweg “mit der rauen Stimme der Menschen, die in der Welt der Gefängnisse leben, zu begleiten”, erklärte dazu der Vatikan.

CNA Deutsch dokumentiert die Meditationen, wie sie der Vatikan veröffentlicht hat.

Einleitung

Die Kreuzweg-Betrachtungen kommen in diesem Jahr von der Gefängnisseelsorge der Justizvollzugsanstalt „Due Palazzi“ in Padua. Auf Einladung von Papst Franziskus betrachteten vierzehn Personen die Leidensgeschichte unseres Herrn Jesus Christus und stellten einen aktuellen Bezug zu ihrem Leben her. Unter ihnen sind fünf Strafgefangene, eine Familie, die von einem Mordanschlag betroffen ist, die Tochter eines zu lebenslanger Haft verurteilten Mannes, eine Gefängnispädagogin, ein Richter am Strafvollstreckungsgericht, die Mutter eines Häftlings, eine Katechetin, ein ehrenamtlich tätiger Ordensmann, ein Justizvollzugsbeamter und ein Priester, der zunächst angeklagt und schließlich nach einem acht Jahre dauernden Prozess freigesprochen wurde.

Wenn wir Christus mit der rauen Stimme der Gefängnisinsassen auf seinem Kreuzweg begleiten, kann man dabei Zeuge eines seltsamen Zweikampfs zwischen Leben und Tod werden und entdecken, wie die Fäden des Guten unweigerlich mit den Fäden des Bösen verflochten sind. Den Kalvarienberg hinter Gittern zu betrachten ist anzunehmen, dass man ein ganzes Leben in wenigen Augenblicken verspielen kann, wie es dem guten Schächer passiert ist. Es genügt, diese Momente mit Wahrheit zu füllen: Reue für die begangene Sünde, die Überzeugung, dass der Tod nicht ewig ist, die Gewissheit, dass Christus der zu Unrecht verspottete Unschuldige ist. Dem, der glaubt, ist alles möglich, denn selbst in der Dunkelheit der Gefängnisse ertönt die hoffnungsvolle Botschaft: »Für Gott ist nichts unmöglich« (Lk 1,37). Wenn ihm jemand die Hand reicht, kann ein Mensch, der zu den schrecklichsten Verbrechen fähig war, zum Hauptdarsteller einer völlig unerwarteten Wiederauferstehung werden. Wir sind gewiss: »Auch wenn wir vom Bösen erzählen, können wir lernen, Raum für die Erlösung zu lassen, können wir inmitten des Bösen auch die Dynamik des Guten erkennen und ihr Raum geben« (Botschaft von Papst Franziskus zum Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel 2020).

So wird die Via Crucis zu einer Via lucis – der Kreuzweg wird zu einem Weg des Lichtes.

Die Texte, die von Gefängnisseelsorger Don Marco Pozza und der ehrenamtlichen Mitarbeiterin Tatiana Mario zusammengestellt wurden, sind in der ersten Person geschrieben, aber es wurde beschlossen, die jeweiligen Namen nicht zu nennen. Diejenigen, die diese Betrachtung mitgestaltet haben, wollten ihre Stimme all jenen in der Welt leihen, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden. Heute Abend, in der Stille der Gefängnisse, will die Stimme eines Einzelnen zur Stimme aller werden.

Lasst uns beten.
Gott, allmächtiger Vater,
der du in Jesus Christus, deinem Sohn,
die Wunden und Leiden der Menschheit auf dich genommen hast,
heute fasse ich Mut und flehe zu dir wie der reumütige Schächer: „Denk an mich!“
Ich stehe allein vor dir, im Dunkel dieses Gefängnisses,
arm, nackt, hungrig und verachtet,
und ich bitte dich, meine Wunden
mit dem Öl der Vergebung und des Trostes
und mit dem Wein jener Brüderlichkeit zu salben,
die das Herz stark macht.
Heile mich mit deiner Gnade und lehre mich, mitten in der Verzweiflung zu hoffen.
Mein Herr und mein Gott, ich glaube, hilf mir in meinem Unglauben.
Vertraue mir auch weiterhin, barmherziger Vater,
gib mir auch in Zukunft immer wieder eine neue Chance,
und nimm mich in deiner unendlichen Liebe in den Arm.
Mit deiner Hilfe und der Gabe des Heiligen Geistes,
werde auch ich fähig, dich zu erkennen
und dir in meinen Brüdern und Schwestern zu dienen.
Amen.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Die drei Säulen der röm. kath. Kirche

monstranz maria papst-franziskus

Archiv

Empfehlung

Ausgewählte Artikel