Die zwölf Artikel des Glaubens
3. Der empfangen ist vom Heiligen Geist, geboren aus Maria der Jungfrau
Quelle
Menschwerdung Gottes
Die Zwölf Artikel des Glaubens
Fronleichnam
3. Der empfangen ist vom Heiligen Geist, geboren aus Maria der Jungfrau
Im dritten Glaubensartikel bekennen wir die Menschwerdung Gottes. Der ewige Sohn Gottes ist in der Zeit aus der Jungfrau Maria Mensch geworden. Jesus Christus ist also wahrer Gott und wahrer Mensch.
Die wahre Menschheit Jesu
Dass Jesus Christus ein wahrer Mensch ist, wird heute praktisch nicht bestritten, da man ja eher geneigt ist, in ihm nur einen normalen Menschen zu sehen. Es gab aber Zeiten in der Kirchengeschichte, in denen das anders war. Die sog. gnostischen Systeme und Philosophien betrachteten die Materie oft als das Werk eines bösen Gottes. Mindestens sah man das Materielle als etwas Minderwertiges und Gottes Unwürdiges an. Daher gab es besonders in der ersten Zeit des Christentums Irrlehrer, die sog. Doketen,1 die behaupteten, Jesus habe einen blossen Scheinleib besessen. Gegen diese wendet sich schon der Apostel Johannes, wenn er in seinem ersten Brief schreibt: Jeder Geist, der bekennt, dass Jesus im Fleisch gekommen ist, ist aus Gott. Er betont auch im Prolog seines Evangeliums: Das Wort ist Fleisch geworden, womit gerade die materielle Seite der Menschwerdung hervorgehoben wird.
Die Kirchenväter wendeten gegen die Doketen ein, dass das ganze Erlösungswerk in diesem Fall ein blosser Schein gewesen wäre. Gott wäre nicht wirklich, sondern nur scheinbar Mensch geworden, Christus hätte nur scheinbar gegessen und getrunken und es hätte ihn nach dem Fasten nur scheinbar gehungert. Vor allem hätte er nur scheinbar gelitten und wäre nur scheinbar gestorben. Das Grossartige und Unfassbare der Menschwerdung, über das die Heiligen aller Zeiten nicht genug staunen konnten, dass Gott ein schwacher Mensch wird und sich von seinen eigenen Geschöpfen sogar noch quälen und töten lässt, hätte nicht stattgefunden. „Er hat sich selbst entäussert und Knechtsgestalt angenommen“, schreibt dagegen der hl. Paulus in Phil 2,7.
Zur wahren Menschwerdung gehört aber nicht nur die Annahme eines menschlichen Leibs, sondern auch einer menschlichen Seele. Im 4. Jh. sprach der Bischof Apollinaris von Laodizäa Christus die menschliche Geistseele ab und behauptete, der göttliche Logos habe die Stelle der Seele in Christus ersetzt. Aber dann wäre Gott eher ein Tier in Menschengestalt geworden, wie schon Augustinus bemerkte, denn zur menschlichen Natur gehören eben Leib und Seele. Christus wäre in diesem Fall nicht zu eigentlich menschlichen Tätigkeiten in der Lage gewesen. Die Hl. Schrift sagt uns aber, dass er z. B. über den Glauben des Hauptmanns von Kapharnaum staunte, über das Markttreiben im Tempel und über die Verstocktheit der Pharisäer und Schriftgelehrten zornig wurde, dass er trauerte und weinte über den Tod des Lazarus usw. Staunen, Zorn und Trauer setzen aber eine Seele voraus. Christus hätte dann auch nicht beten können, denn beten konnte er nur als geistbegabter Mensch, nicht als Gott.
Christus spricht zudem ausdrücklich von seiner Seele, wenn er im Ölgarten sagt: „Meine Seele ist betrübt bis in den Tod!“ Bei seinem Tod betet er: „Vater, in Deine Hände empfehle ich meinen Geist.“ Beim Tod Christi trennte sich seine Seele vom Leib und stieg in die Vorhölle hinab, was wir im Glaubensartikel „Hinabgestiegen zur Hölle“ bekennen.
Christus hat also eine vollständige aus Leib und Seele bestehende menschliche Natur. Es gibt in ihm aber keine menschliche Person, sondern nur die göttliche Person. Die zweite göttliche Person hat zwei Naturen: die göttliche – die sie mit dem Vater und dem Heiligen Geist gemeinsam hat – und die menschliche, die nur sie besitzt, nicht der Vater und nicht der Heilige Geist. Wir können auch sagen: Es gibt in Christus kein menschliches Ich. Das Ich Christi ist das Ich der göttlichen Person. Es ist also die göttliche Person, die mit ihrer menschlichen Seele erkennt, betet, trauert und leidet. Darum hat in Christus wahrhaft Gott zu uns gesprochen und Gott für uns gelitten. Er, der in seiner göttlichen Natur nicht leiden konnte, ist Mensch geworden, um uns zu lehren, uns ein Beispiel zu geben und um sich für uns zu opfern.
Die Jungfrau Maria
Gott hätte die menschliche Natur Christi schaffen können, wie er den Adam erschuf. Dann wäre Christus aber kein wirklicher Nachkomme Adams, Abrahams und Davids gewesen, kein Glied unseres Menschengeschlechts, das er erlösen sollte. Genau dies wurde er aber durch die Geburt aus Maria. Maria hat ihren Sohn ohne Mitwirkung eines Mannes in unverletzter Jungfräulichkeit vom Heiligen Geist empfangen, wie es ihr der Erzengel Gabriel angekündigt hatte: „Heiliger Geist wird über dich kommen und Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten. Darum wird auch das Kind, das geboren wird, heilig und Sohn Gottes genannt werden“ (Lk 1,35). So war es schon im Alten Testament vom Propheten Isaias vorausgesagt worden: „Siehe, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären und ihn Emmanuel (= Gott mit uns) nennen“ (7,14). Der Gottmensch, der im Himmel keine Mutter hat, sollte auf Erden keinen menschlichen Vater haben.
Gott hat Maria im Hinblick auf die Verdienste Christi schon in ihrer Empfängnis vor der Erbsünde bewahrt, damit sie eine würdige Mutter für seinen Sohn sein konnte. Somit ist sie die von Gott schon im Paradies verheissene große Frau, die gemeinsam mit ihrem Sohn dem Teufel in unbesiegter Feindschaft gegenübersteht (vgl. Gen 3,15). Da sie weder von der Erbsünde noch von der geringsten persönlichen Sünde befleckt war, hatte der Teufel niemals den geringsten Anteil an ihr.
Sie war aber nicht nur unbefleckt empfangen und rein von jeglicher Sünde, sondern von Anfang an mit einer einzigartigen Fülle der Gnade beschenkt, die sie nicht nur über die Menschen, sondern sogar über die Engel erhob. Darum grüsst der Engel sie ehrfürchtig: „Freue dich, Gnadenvolle, der Herr ist mit dir“ (Lk 1,28).
Entgegen der Meinung vieler Protestanten und Modernisten ist Maria auch nach der Geburt Christi immer Jungfrau geblieben. Die im Evangelium mehrfach genannten Brüder Jesu sind nach semitischem Sprachgebrauch nähere Verwandte (vielleicht Vettern). So nennt z. B. in Gen 13,8 Abraham den Lot seinen Bruder, obwohl er sein Neffe ist (vgl. z.B. Gen 12,5). Auch das Griechische, in dem das Neue Testament geschrieben wurde, kennt adelfos in der Bedeutung von „Vetter“ oder „naher Verwandter“.
Von den namentlich als Brüder Jesu aufgeführten Männern Jakobus, Josef, Simon und Judas (Mt 13,55) sind zudem zwei, nämlich Jakobus und Josef, nach Mt 27,56 Söhne einer anderen Maria, die wahrscheinlich eine Verwandte der Muttergottes und die Frau des Kleophas war (vgl. Joh 19,25).
In ihrer Sündenreinheit, Gnadenfülle und Jungfräulichkeit ist Maria das Vorbild der vollkommenen Hingabe an Gott.
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