Der Hoffnungsträger

Es geschehen noch Zeichen und Wunder

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Vatican-Magazin – probelesen

Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Mit François Fillon hat ein bodenständiger Katholik gute Aussichten, der nächste Präsident in Frankreich zu werden. Die traditionelle Familie könnte er wieder stärken und dennoch den Rechtspopulisten den Wind aus den Segeln nehmen.

Von Stefan Rochow

Habt keine Angst“, so lautete der erste Satz des heiligen Johannes Paul II. am Beginn seines Pontifikats im Jahr 1978. Gut 38 Jahre später verwendete diesen Satz  der Präsidentschaftskandidat der französischen Republikaner, François Fillon immer wieder in seinem Vorwahlkampf um die Kandidatur.

Niemand hatte ihn im November auf der Liste, als es darum ging, Frankreichs Konservative in den Präsidentschaftswahlkampf zu führen.
Noch einen Monat vor der ersten Runde der Vorwahlen lag Fillon in Meinungsumfragen weit abgeschlagen auf dem vierten Platz. Umso erstaunter waren viele Menschen, als sich der ehemalige Premierminister unter Nicolas Sarkozy auf den ersten Platz katapultierte und am 20. November seinen früheren Chef aus dem Rennen warf. Selbst der Zweitplatzierte Alain Juppé konnte nur magere 28,6 Prozent einfahren und musste sich eine Wochen später gegen Fillon geschlagen geben.
Mit François Fillon haben die französischen Republikaner nun einen Spitzenkandidaten, der, wenn er die Präsidentschaftswahl gewinnen würde, ein neuer Typus in der Riege der heutigen europäischen Politiker wäre. Das wurde schon während des Vorwahlkampfes deutlich. Insgesamt drei Mal trafen die sieben Kandidaten der Republikaner im Fernsehen aufeinander und diskutierten miteinander. Immer wirkte Fillon wie der seriöseste und konzentrierteste Kandidat, der sich nicht den polemischen Streitereien seiner Konkurrenten hingab. Er sei präsidentieller als die anderen, befanden die Journalisten. Damit meinten sie: mehr Autorität, mehr Geradlinigkeit, mehr Charme. Mehr Verwandtschaft mit den grossen Vorbildern wie Charles de Gaulle und François Mitterrand.
Katholisch, wirtschaftsliberal, konservativ: So lauten die drei Merkmale, die Fillons politische Vorstellungen ausmachen. Darüber hinaus verkörpert er Glaubwürdigkeit, eine Tugend, die leider heute nicht unbedingt mehr zur Profilbeschreibung eines Politikers gehört.
An jedem Dreikönigstag besucht François Fillon das tausend Jahre alte Benediktinerkloster seines Wohnorts Solesmes. Er teilt dann ein einfaches Essen mit den Mönchen, die an diesem Tag die Honoratioren des Ortes ins Kloster einladen. Vater Rochon, der 81-jährige Sprecher des Klosters, berichtet vor einigen Wochen öffentlich von Fillons Besuchen. Nichts Besonderes sei das. Erstaunlich schon eher, dass Fillon ein Politiker sei, der „den Glauben hat und das auch sagt“.
Fillon ist ein Bewunderer der früheren britischen Premierministerin Margaret Thatcher. 1976 begann er seine politische Karriere als parlamentarischer Assistent. 1993 übernahm er erstmalig ein Ministeramt und wurde Bildungsminister. Es folgten bis 2007 die verschiedensten Ministerposten, bis er dann unter Nicolas Sarkozy Premierminister wurde. Bis 2012 hatte er dieses Amt inne. Fillon ist der bisher einzige Premierminister, der die komplette Amtszeit eines Staatspräsidenten amtierte. Bereits im Mai 2013 kündigte Fillon an, dass er 2016 als Staatspräsident kandidieren wolle. Still und leise hat er sich an den sieben Mitbewerbern, unter den vor allem Juppé und Sarkozy als politische Schwergewichte galten, vorbeigeschlichen und hat nun die besten Chancen in wenigen Monaten französischer Staatspräsident zu werden.
„Zu Hilfe, Jesus kommt wieder!“, titelte die linke Tageszeitung „Libération“ über den Sieg Fillons. Das Zeitungscover zierte ein Rosenkranz. Fillon steht für ein traditionell-katholisch, politisch konservativ ausgerichtetes Frankreich. Dieses Frankreich ist mächtiger, als es sich die Mainstream-Medien vorstellen konnten. Wer sich mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten beschäftigt, der entdeckt einen zutiefst katholisch geprägten Kandidaten, dessen Christentum keine blosse Folklore ist.
In der Auseinandersetzung um das von Ex-Justizministerin Christiane Taubira durchgedrückte Gesetz, dass den Ehebegriff in Frankreich auf homosexuelle Paare ausdehnte und gleichgeschlechtlichen Paaren auch ein Adoptionsrecht einräumte, zeigte Fillon klare Kante. Er bekannte sich in der Öffentlichkeit als Unterstützer der Bewegung „La Manif pour tous“ (Die Demo für alle). Diese tritt für den Schutz und die Förderung der traditionellen Familie ein und organisierte ab 2013 den Protest gegen die familienpolitischen Pläne der französischen Regierung.
Fillon hat angekündigt, dass er im Falle seiner Wahl dieses Gesetz wieder ändern möchte. Das Adoptionsrecht soll dann wieder auf heterosexuelle Paare beschränkt werden. „Ein Kind ist immer das Ergebnis eines Vaters und einer Mutter“, schrieb Fillon in einem Brief an die Französische Bischofskonferenz. Diese hatte im Oktober letzten Jahres ein Buch herausgebracht, in dem sie die Bedeutung von Politik in der Gesellschaft beleuchtet. Die französische Gesellschaft scheine „besorgt, ängstlich, unzufrieden“, heisst es in der Schrift. Der Gesellschaftsvertrag müsse neu überdacht werden. In seinem Brief an die Bischöfe bekräftigte Fillon seine Verbindung mit den „geerbten Werten des Christentums“. Zudem sprach er sich gegen künstliche Befruchtung für heterosexuelle Paare aus und kündigte an, Leihmutterschaft zu verbieten. Sie sei eine nicht hinnehmbare Ausbeutung von Frauenkörpern.
Auch beim Thema Abtreibung hat Fillon eine eindeutige katholische Position. „Philosophisch und aufgrund meines persönlichen Glaubens, kann ich Abtreibung nicht befürworten“, zitierte ihn die Zeitung „Le Figaro“. Einen Fokus legt er weiter auf die Begleitung von Behinderten. Betreuer sollten besser unterstützt werden und Eltern von Kindern mit Behinderung Möglichkeiten zur Weiterbildung erhalten.
Anders als seine Gegenkandidaten widmete er sein letztes Buch einem einzigen Thema, dem Kampf gegen den islamistischen Totalitarismus. Diesen möchte er Hand in Hand mit Russland führen und auch den syrischen Staatschef Bachar el-Assad einbinden. Enttäuscht zeigte er sich von Europa: Gerade Deutschland müsse im sicherheitspolitischen Bereich aktiver werden. Fillon ist als bekennender Gaullist ein Verfechter eines „Europas der Vaterländer“. Seine europapolitische Linie sieht eine Konzentration auf die sechs Gründerstaaten vor, reformieren möchte er vor allen Dingen das Schengen-System.
Die Nominierung Fillon dürfte vor allem der Kandidatin des Front National (FN) Marine Le Pen ungelegen kommen. Die französische Nationalistin hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass sie sich lieber einen Gegenkandidaten Alain Juppé gewünscht hätte. Le Pen muss nun zittern, dass Fillon in ihre Wählerschicht einbrechen könnte. Der Ex-Premierminister kann mit seinen Vorstellungen Sympathisanten im ländlichen Raum, in den vernachlässigten Vorstädten und in der vom Abstieg bedrohten Mittelklasse gewinnen. Das ist aber genau das Klientel, auf das es der Front National abgesehen hat.  Trotz seiner wirtschaftsnahen Reformideen steht Fillon für einen staatstragenden, sozial angehauchten Konservatismus. Jede Art von Populismus liegt ihm fern. Er ist inzwischen ein Hoffnungsträger, auch über Frankreich hinaus, geworden. Der bodenständige Konservative, hat die Chance dem Rechtspopulismus den Wind aus den Segeln zu nehmen. Er stellt eine seriöse Option für die Wutbürger Frankreichs da. Als französischer Präsident kann er Europa wieder Beine machen. Dort, wo heute oft nur versteinerte „Alternativlosigkeit“ in der Politik vorherrscht, könnte bald ein frischer Wind wehen. „Habt keine Angst“ – die Worte Johannes Pauls II. haben nichts an Bedeutung verloren.

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