Fund in Bethlehem: Der siebte Engel
„Der siebte Engel.“ Hört sich an wie ein Buchtitel von Dan Brown – ist aber ein aufregender Fund in der Geburtskirche Jesu in Bethlehem
Zwar ist dieser Fund nicht ganz so dramatisch wie die Erscheinung des siebten Engels in der Offenbarung des Johannes, aber für Kunsthistoriker und -liebhaber doch mehr als bedeutend. Denn in der Geburtskirche haben Restaurateure mithilfe der Thermographie ein Mosaik, das seit Jahrhunderten für verloren galt, wiedergefunden: Es stellt, in Überlebensgrösse, einen Engel dar. Eine wichtige Entdeckung, denn von den ursprünglich 2.000 Quadratmetern an Mosaiken sind nur etwa 200 Quadratmeter erhalten.
Seit September 2013 wird die Geburtskirche Jesu – eine konstantinische Basilika über der Grotte, die als Geburtsort Christi verehrt wird – restauriert. Zunächst das Dach und die Fenster. „Aus der Literatur und den historischen Quellen wussten wir, dass der Mittelteil der Kirchenstruktur ursprünglich mit Mosaiken bedeckt war“, erzählt die italienische Restauratorin Silvia Starinieri. „Wahrscheinlich sind die um das Jahr 1800 herum unter einer Verputzschicht verschwunden. Wir haben mithilfe der Thermographie diesen Verputz untersucht, um zu sehen, in welchem Zustand er ist. Dabei entdeckten wir unter dieser Schicht viele Mosaikfragmente – und tatsächlich auf der Nordseite des Hauptschiffs, nach vielen Wochen, einen vollständigen Engel!“
Mehrere Wochen lang hatten Starinieri und ihre Kollegen den Verputz analysiert. „Auf einmal sah ich einen Bereich, der eine andere Farbe hatte als der Rest, der also eine andere Temperatur hatte. Das hätte alles Mögliche sein können, zum Beispiel ein bisschen Verfüll-Material. Aber dann haben wir mit Hammer und Skalpell den Verputz an dieser Stelle entfernt – und da kamen tatsächlich goldene Mosaiksteinchen zum Vorschein.“
Auf dem Fussboden der Basilika haben sich, vor allem im Mittelschiff, ein paar Mosaikreste aus dem 4. Jahrhundert erhalten. Die Mosaiken an den Wänden hingegen stammen aus dem 12. Jahrhundert, der Zeit der Kreuzfahrer. So auch der jetzt aufgetauchte Engel – einer der sieben Engel, von denen die Offenbarung des Johannes, das letzte Buch der Bibel, spricht.
„Es war eine unglaubliche Freude – mit allen möglichen Emotionen. Wir hatten so gehofft, dass wir endlich mal eine ganze Figur finden würden, und so kam es dann auch wirklich! Auch wenn sie in schlechtem Zustand ist; es fehlt fast das halbe Gesicht, und auch die Beine… Aber wir reden hier immerhin von einem Fragment von zweieinhalb Quadratmetern!“
rv 11.07.2016 sk
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