Kinderzug kommt am Samstag im Vatikan an
„Von den Wellen gebracht“ ist der eindrückliche Slogan, den der vatikanische Kulturrat für seine diesjährige Ausgabe des „Kinderzugs“ gewählt hat
„Von den Wellen gebracht“ ist der eindrückliche Slogan, den der vatikanische Kulturrat für seine diesjährige Ausgabe des „Kinderzugs“ gewählt hat. Die Initiative, die der dem Kulturrat zugeordnete „Vorhof der Völker“ nun bereits zum vierten Mal durchführt, ist dieses Mal ganz dem Migrantendasein von Kindern gewidmet. 400 Kinder aus Kalabrien, neben Sizilien ein Hotspot der Flüchtlingsankünfte auf italienischem Boden, werden an diesem Samstag mit einem Zug der italienischen Bahngesellschaft am Vatikanbahnhof einfahren. Dort werden sie durch Papst Franziskus empfangen. Pater Laurent Mazas ist beim Vorhof der Völker verantwortlich für die Organisation des Events, das dem Papst jedes Mal aufs Neue großen Spass zu bereiten scheint. Er sagte uns:
„Jedes Jahr versuchen wir Kinder zu finden, die in einer besonderen Situation leben. Beispielsweise hatten wir letztes Jahr die Kinder von Gefängnisinsassen im Zug. Dieses Jahr wollten wir an alle Kinder denken, die von ihrem Zuhause fliehen müssen, die Migranten werden, um Aufnahme bitten müssen und von italienischen Kindern empfangen werden: Es kommen also ausländische wie italienische Kinder, die untereinander Freundschaft geschlossen haben. Die Orte der Aufnahme sind zunächst einmal die Schulen, aber auch der Sport und die Musik. Deshalb wird auch ein Orchester dabei sein.“
Der Zug kommt dieses Jahr aus Kalabrien. Die Wahl dieser italienischen Region sei zwei Kriterien zu verdanken: einerseits kämen dort – neben Sizilien – besonders viele Migranten an. Andererseits sei dies eine Region, von der aus eine Zugreise hin und zurück in einem Tag zu bewältigen sei, erklärt der Organisator – eine Bedingung für die Leihgabe der italienischen Zuggesellschaft. Besonders beeindruckend sei aber die Zusammenarbeit mit den Lehrkräften vor Ort gewesen: „Wir haben diese hervorragende Direktorin gefunden, die uns vom Ministerium empfohlen worden ist. Sie hat diese Initiative auch zum Anlass genommen, das Ganze pädagogisch mit den Kindern aufzuarbeiten. Ich selbst bin in einer Grundschule empfangen worden: dort wurden zwei eigens einstudierte Gesänge vorgetragen: ,Von den Wellen gebracht‘ und ,Wir sind alle Geschwister‘. Wirklich unglaublich. Auch die Kinder, die am Samstag nicht dabei sein können, haben über das Thema gearbeitet und reflektiert.“
Neben Papst Franziskus werden am Vatikanbahnhof auch Kinder auf ihre Altersgenossen warten. Ein Jugendorchester aus Palermo sowie ein römischer Verein, der sich um Kinder aus benachteiligten Schichten kümmert: „Das ist ein schöner Verein, der die Kinder in einigen römischen Vierteln einsammelt und in Sportvereinen unterbringt: diese Kinder hätten nicht das Geld, um Sport zu treiben, also nimmt die Vereinigung sich ihrer an und bietet ihnen die Möglichkeit, sich in ein soziales Gefüge zu integrieren.“ Besonders froh sei er über die Reaktion von Papst Franziskus, als er mit ihm das letzte Mal über die Initiative gesprochen hatte, die so viele Kinder glücklich macht, vertraut uns Pater Mazas an: „,Heiliger Vater, machen wir das nochmal mit dem Zug?‘ habe ich ihn gefragt. Er hat gesagt: ,Aber ja, das gefällt mir, das gefällt mir!‘ Er hat es zweimal gesagt. Also denke ich, dass es immer ein sehr berührender Moment ist.“
Maria Salvia ist Direktorin einer der drei Schulen, die an der Initiative teilnehmen. Sie berichtet uns, mit was für einem Gefühl sie der Begegnung mit Papst Franziskus entgegen sehe: „Eine grossartige Person, einen grossartigen Mann zu treffen, der unser Papst Franziskus ist, der die Regeln der neuen Schule vorgibt, der neuen Pädagogik. Wir fühlen uns ernst genommen, dankbar, wirklich glücklich darüber, an diesen Ort zu kommen, der alle Religionen einschliesst.“ Die vatikanische Initiative des Vorhofes der Völker hat es sich zum erklärten Ziel gesetzt, mit allen Religionen der Welt, aber auch mit Agnostikern und Atheisten in einen fruchtbaren Austausch zu kommen. Maria Salvia: „Unter den Kindern, die zum Papst kommen, sind viele Kinder unterschiedlicher Religionen dabei, doch sie kommen. Denn das ist ein Papst, der wirklich alle willkommen heisst, deshalb fühlen sich auch alle wohl bei ihm.“
In ihrer Schule sei das Zusammenleben mit den Migrantenkindern tägliche Realität, berichtet die Lehrerin. Bis zu 800 neue Migranten innerhalb von zwei Wochen seien in ihrer Stadt bis zum vergangenen Jahr angekommen, viele von ihnen Kinder, die teils in der Gemeinde verblieben sind: „Diejenigen, die bleiben, nehmen voll am Schulalltag teil: die Integration ist wahr, nicht nur dem Wort nach. Deshalb versuchen wir unseren Schülern beizubringen, dass das Zusammenleben ein sehr wichtiger Wert ist, es muss aufgebaut werden und wir versuchen, es gemeinsam mit ihnen aufzubauen. Denn wir nehmen sehr wohl die Schwierigkeiten dieser Gesellschaft wahr, die mittlerweile in eine andere Richtung driftet und das steht uns nicht gut an: der italienischen Schule steht das in besonderer Weise nicht an….“
rv 27.05.2016 cs
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