Rom: “Family Day” im Zeichen der Politik
Hunderttausende demonstrieren gegen das geplante Gesetz zu “Zivil-Unionen” und Adoptionsrecht für zivile Paare
Von Guido Horst
Die Tagespost, 01.02.2016
Mit einer Debatte über die Teilnehmerzahlen ist am Wochenanfang die Aufarbeitung des “Family Day” am Samstag im römischen “Circus maximus” weitergegangen. Aus ganz Italien, vereinzelt aber auch aus dem Ausland, waren katholische Familien, Vereine, Pfarreien und Lebensschutzorganisationen in die Hauptstadt gekommen, um gegen das geplante Gesetz der Regierung zu den “Zivil-Unionen” zu demonstrieren, welches gleichgeschlechtlichen Paaren ein rechtliches Fundament geben soll. Doch die Kundgebung von Samstag war nicht “gegen” Menschen mit gegnerischen Positionen. Man sah kein einziges Spruchband entweder gegen Homosexuelle oder Lesben, gegen politische Parteien oder die Homo-Lobby. Es wurde demonstriert für die Ehe und Familie, gegen das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare, für die Kinder, die einen Vater und eine Mutter haben sollen, und gegen die “Gebärmutter auf Miete”, das heisst künstliche Befruchtung und Leihmütter im Ausland. Offen blieb am Ende allerdings die Frage, wie viele denn im “Circus maximus” zusammengekommen waren. Die Veranstalter sprachen von zwei Millionen Teilnehmern – die römische Stadtverwaltung von zweihunderttausend. Die Zahlendebatte wurde damit zum – auch ablenkenden – Spiel der Medien.
Eine Woche zuvor hatte Italien Ähnliches erlebt. Die “rosarote” Bewegung war in zahlreichen Städten und Gemeinden auf die Strasse gegangen, um auf einem zentral gelegenen Platz für Homo-“Ehen” und das Adoptionsrecht zu demonstrieren. Motto: “Italien wach auf” – und die Leute liessen Wecker klingeln. Auch hier war die Zahlenfrage zum Medienspiel geworden: Eine geschickte Kameraführung, kein Blick auf das gesamte Panorama – und am Ende des Tages war eine Million Anhänger der Regenbogen-Bewegung auf die Strasse gegangen. Gesehen und nachgezählt hatte diese Millionen niemand.
Am Samstag in Rom konnte man allerdings im Fernsehen erkennen, dass der “Circus maximus” nicht ganz gefüllt war. Auch die zunächst sich selbst gesetzte Zahl von einer Million Demonstranten hatten die Veranstalter sicher nicht erreicht. Warum der Chef des Organisations-Komitees, der Neurochirurg Massimo Gandolfi, dann sogar von zwei Millionen Teilnehmern sprach, kann man auch damit beantworten, dass die Millionen-Zahl der “Rosaroten” mit ihrer Aktion “Italien wach auf” übertroffen werden musste. Denn so funktioniert es: Die Teilnehmerzahlen bei Grossdemos sind für die Politik “Abstimmungen mit den Füssen”. Und am vergangenen Samstag ging es darum, der Politik, das heisst der Regierung Renzi und vielen Politikern, die noch nicht wissen, in welchen Wind sie ihr Fähnchen hängen sollen, klar zu zeigen, dass die Gegner der “Zivil-Unionen” und des Adoptionsrechts für Schwule in der Mehrheit sind. Solche Zahlenspiele und die darauf folgenden Medienspekulation gefährden am Ende aber auch die eigene Glaubwürdigkeit.
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