Ökumenische und Interreligiöse Begegnung
Apostolische Reise von Papst Franziskus nach Kenia, Uganda und in die Zentralafrikanische Republik
(25.-30. November 2015)
Ökumenische und Interreligiöse Begegnung
Ansprache des Heiligen Vaters
Salon der Apostolischen Nuntiatur, Nairobi (Kenia) Donnerstag, 26. November 2015
Liebe Freunde,
ich bin dankbar, dass Sie heute hier zugegen sind, und freue mich, diese Gelegenheit eines Gedankenaustauschs mit Ihnen zu haben. In besonderer Weise möchte ich Bischof Kairo, Erzbischof Wabukala der anglikanischen Kirche und Professor El-Busaidy für ihre Worte danken, mit denen sie mich in Ihrer aller Namen und im Namen ihrer jeweiligen Gemeinschaften willkommen geheissen haben. Es ist mir immer wichtig, bei dem Besuch der Katholiken einer Ortskirche die Möglichkeit zu haben, die Leader anderer christlicher Gemeinschaften und anderer religiöser Traditionen zu treffen. Und so hoffe ich, dass diese gemeinsam verbrachte Zeit ein Zeichen für die Wertschätzung sei, welche die Kirche den Anhängern aller Religionen entgegenbringt; möge dieser Moment dazu beitragen, die Bande der Freundschaft, die bereits zwischen uns bestehen, zu stärken.
Ehrlich gesagt, bedeutet diese Beziehung für uns eine Herausforderung; sie stellt uns Fragen. Doch der ökumenische und interreligiöse Dialog ist kein Luxus. Er ist nicht etwas Zusätzliches oder Optionales, sondern er ist wesentlich, etwas, das unsere durch Konflikte und Spaltungen verletzte Welt immer dringender braucht.
In der Tat beeinflussen die religiösen Überzeugungen und die Art, sie zu leben, entscheidend unser Sein und unser Verständnis von der Welt, die uns umgibt. Sie sind für uns ein Quell von Erleuchtung, Weisheit und Solidarität, und auf diese Weise bereichern sie die Gesellschaften, in denen wir leben. Wenn wir für das spirituelle Wachstum unserer Gemeinschaften Sorge tragen, indem wir den Geist und die Herzen zur Wahrheit und zu den von unseren religiösen Traditionen gelehrten Werten erziehen, werden wir zum Segen für die Gemeinden, in denen unsere Leute leben. In einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft wie Kenia wird das Zusammenwirken der religiösen Leader und ihrer Gemeinschaften ein wichtiger Dienst am Gemeinwohl.
In diesem Licht und in einer zunehmend interdependenten Welt sehen wir immer deutlicher die Notwendigkeit des gegenseitigen Verstehens der Religionen, ihrer Freundschaft und ihrer Zusammenarbeit, um die Würde zu verteidigen, die Gott den Einzelnen und den Völkern verliehen hat, sowie ihr Recht auf ein Leben in Freiheit und Glück. Indem sie die Achtung dieser Würde und dieser Rechte fördern, spielen die Religionen eine wesentliche Rolle bei der Gewissensbildung, bei der Weitergabe der tiefen spirituellen Werte unserer jeweiligen Traditionen an die jungen Menschen, damit sie diese verinnerlichen. So bilden sie gute Bürger heran, die fähig sind, in die Zivilgesellschaft Ehrlichkeit, Redlichkeit und eine Weltanschauung einzubringen, die gegenüber der Macht und dem materiellen Gewinn den Menschen in den Vordergrund stellt.
Ich denke hier an die Bedeutung unserer gemeinsamen Überzeugung, der zufolge der Gott, dem zu dienen wir uns bemühen, ein Gott des Friedens ist. Sein heiliger Name darf niemals gebraucht werden, um Hass und Gewalt zu rechtfertigen. Sie haben die barbarischen Anschläge auf das Westgate-Einkaufszentrum, auf das Garissa University College und in Mandera in lebendiger Erinnerung. Allzu häufig werden Jugendliche im Namen der Religion zu Extremisten gemacht, um Zwietracht und Angst zu säen und um das Gefüge unserer Gesellschaften zu zerstören. Wie wichtig ist es, dass wir als Propheten des Friedens, als Friedenstifter erkannt werden, welche die anderen einladen, in Frieden, Eintracht und gegenseitiger Achtung zu leben! Möge der Allmächtige die Herzen derer anrühren, die diese Gewalt verüben, und unseren Familien und Gemeinschaften seinen Frieden gewähren!
Liebe Freunde, in dieses Jahr fällt der fünfzigste Jahrestag des Abschlusses des Zweiten Vatikanischen Konzils, in dem die katholische Kirche sich für den ökumenischen und interreligiösen Dialog im Dienst des gegenseitigen Verstehens und der Freundschaft eingesetzt hat. Diesen Einsatz, der aus unserer Überzeugung von der Universalität der Liebe Gottes und des Heils, das er allen anbietet, hervorgeht, möchte ich erneut bekräftigen. Die Welt erwartet zu Recht, dass bei der Bewältigung der vielen Probleme, die die Menschheitsfamilie bewegen, die Gläubigen mit den Menschen guten Willens zusammenarbeiten. Im Blick auf die Zukunft beten wir, dass alle Männer und Frauen sich als Brüder und Schwestern betrachten, die in ihren Verschiedenheiten und über sie hinweg friedlich vereint sind. Beten wir für den Frieden!
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte Gott, den Allmächtigen, Ihnen und Ihren Gemeinschaften seinen reichen Segen zu gewähren.
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