Kritik am Anti-Rom-Kurs
Erzbischof Dr. Alois Kothgasser übt Kritik am Anti-Rom-Kurs von Pfarrgemeinderäten
Salzburg, kath.net, 7. Dezember 2010
Der Salzburger Erzbischof Alois Kothgasser hat am heutigen Dienstag in einer Erklärung scharfe Kritik an einer umstrittenen Erklärung von Delegierten der Pfarrgemeinderäte der Stadt Salzburg in Zusammenarbeit mit der PGR-Initiative Taxham, die vor einigen Tagen mit den üblichen “Wir-sind-Kirche-Forderungen” (Aufhebung des Zölibat, Einsetzung von Priestern ohne Amt, Weihe von Frauen zu Diakoninnen usw.) medial Druck auf die Kirche ausüben wollten.
Einige Pfarrgemeinderäte aus der Erzdiözese wollten mit den “Wir-sind-Kirche-Forderungen” Druck auf die Kirche ausüben. Der Salzburger Erzbischof spricht jetzt einen “Klartext” und wehrt sich gegen die Initiative: Höchst fragwürdig, mit Defiziten!
Der Salzburger Erzbischof Alois Kothgasser hat am heutigen Dienstag in einer Erklärung scharfe Kritik an einer umstrittenen Erklärung von Delegierten der Pfarrgemeinderäte der Stadt Salzburg in Zusammenarbeit mit der PGR-Initiative Taxham, die vor einigen Tagen mit den üblichen “Wir-sind-Kirche-Forderungen” (Aufhebung des Zölibat, Einsetzung von Priestern ohne Amt, Weihe von Frauen zu Diakoninnen usw.) medial Druck auf die Kirche ausüben wollten. Erzbischof Kothgasser hat sich jetzt klar gegen die Forderungen gestellt und diese Initiative als “höchst fragwürdig” mit bedenklichen Defiziten in ihrem theologischen und geistlich-spirituellen Verständnis aufweise. Durch das Stellen von Forderungen löse man keine Probleme und helfe weder der Kirche insgesamt und schon gar nicht den Bischöfen in ihrem Hirtendienst. Dann stellte der Erzbischof klar, dass die Erklärung von Delegierten aus Salzburger Pfarrgemeinderäten und der Taxhamer PGR-Initiative wenig hilfreich sei und direkt “kirchlichen Weisungen” widerspreche.
Kath.Net dokumentiert die Erklärung im Wortlaut:
Wahre Erneuerung der Kirche
„Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi.“ Diese Aussage in der Pastoralkonstitution „Die Kirche in der Welt von heute“ des Zweiten Vatikanums sollte bei allen pastoralen Überlegungen und Entscheidungen der Kirche Auftrag und Motivation ihres Handelns sein.
Dies ist auch der Beweggrund, warum ich als Erzbischof gemeinsam mit den wichtigsten Beratungsgremien, dem Konsistorium, dem Priesterrat und dem Pastoralrat, zum Entschluss gelangt bin, uns den pastoralen Herausforderungen unserer Zeit verantwortungsbewusst zu stellen. Allen, die in unserer Erzdiözese im pastoralen Leitungsdienst stehen, ist bewusst, dass sich die seelsorglichen Rahmenbedingungen für die Kirche in unserer Gesellschaft verändert haben.
Bereits die Konzilsväter haben vor über 40 Jahren im Dekret über die Kirche in der Welt von heute die Feststellung getroffen: „… breite Volksmassen geben faktisch das religiöse Leben auf.“ Damals erschien diese Aussage vielen übertrieben zu sein. Heute erleben wir sie in großen Teilen Westeuropas als Realität. Auch Österreich ist längst keine „Insel der Seligen“ mehr. Die Kirchenaustrittszahlen sind ein äußeres Zeichen einer tiefgreifenden Veränderung hinsichtlich der glaubensmäßigen religiösen Wirklichkeit in unserer Gesellschaft.
Nicht von ungefähr sprach bereits Papst Johannes Paul II. von der dringenden Notwendigkeit einer Neuevangelisierung Europas, die nun in der Entscheidung Papst Benedikts XVI., einen eigenen Rat für diese Neuevangelisierung ins Leben zu rufen, konkrete Gestalt annimmt.
Deshalb haben wir uns in unserer Erzdiözese Salzburg entschieden, unsere seelsorglichen Initiativen in ein neues Pastoralkonzept einzubetten, in dem auch strukturelle Maßnahmen vorgenommen werden. Bestehende Seelsorgsräume, also Pfarren, sollen nicht aufgegeben, sondern verstärkt miteinander vernetzt werden, um die vorhandenen personellen, aber auch geistig-spirituellen Ressourcen besser und effektiver einsetzen und nützen zu können.
Dabei wissen wir uns der geltenden gesamtkirchlichen Ordnung verpflichtet, die nicht Ausdruck starrer Unbeweglichkeit ist, sondern reflektiertes Glaubensgut, fundiert auf biblischer Grundlage und bewährter kirchlicher Tradition.
„Ecclesia semper reformanda“ meint wahre Erneuerung der Kirche, wo immer dies notwendig ist, also echte Reformen in jenen Bereichen, die reformierbar sind. Dazu gehören unzweifelhaft auch die Pfarrstrukturen, die Seelsorgsräume. Gemeint mit „Ecclesia semper reformanda“ ist aber sicher nicht eine „Reformation“. Deshalb ist die Einheit mit und in der Kirche ein untrügliches Zeichen wahrer und echter Erneuerungsbestrebung. Ultimative Forderungen dagegen entspringen einem Geist der Spaltung und bewirken diese auch. Autonome Verselbständigung, neue Spaltungstendenzen kommen einer bedrohlichen Selbstauflösung nahe, die dem Geiste und dem Willen Christi grundsätzlich widersprechen und entgegenstehen. „Wenn ein Reich in sich gespalten ist, kann es keinen Bestand haben“ (Mk 3,24). Jesus selbst sagt: „Wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.“ (Mt 12,30)
Die Erklärung der „Taxhamer PGR-Initiative“ ist deshalb nicht nur in ihrer Methodik – indem man versucht, auf die Verantwortlichen der Kirche öffentlich medialen Druck auszuüben – höchst fragwürdig, sondern weist auch hinsichtlich ihrer Forderungen an die Kirche bedenkliche Defizite in ihrem theologischen und geistlich-spirituellen Verständnis auf.
Eine wesentliche und zentrale Aufgabe von Pfarrgemeinderäten ist das Mitdenken, das gemeinsame Beraten gerade auch derjenigen, die in der seelsorglichen Hauptverantwortung stehen. Durch das Stellen von Forderungen löst man keine Probleme und hilft weder der Kirche insgesamt und schon gar nicht den Bischöfen in ihrem Hirtendienst. Es bedarf einer klaren Entscheidung zur Mitarbeit und Mitverantwortung im Geiste Jesu und der Kirche, gemeinsam mit dem Papst, den Bischöfen, Priestern und Diakonen und allen Gläubigen. Die vorliegende „Erklärung von Delegierten aus Salzburger Pfarrgemeinderäten und der Taxhamer PGR-Initiative“ ist diesbezüglich wenig hilfreich und widerspricht direkt kirchlichen Weisungen. Die Mitarbeit in der Sorge um das Wohl und Heil der Menschen setzt die Annahme und das Mittragen der von der Weltkirche gesetzten Bedingungen voraus.
Gerade der Advent ist eine Zeit der Umkehr, der Hinwendung zu dem, der uns Licht und Orientierung schenkt. Das Kind in der Krippe von Bethlehem zeigt uns die wahre Menschwerdung, an der wir Anteil haben dürfen. Deshalb lade ich alle guten Willens ein, diesen Weg der Umkehr, der Erneuerung und damit einer wahren und echten Reform im Geiste Jesu und seiner Kirche mitzugehen. Dazu wird eine Haltung des Gebetes, des Hörens auf Gottes Wort, der Demut und der Ganzhingabe an Gott und des Einsatzes im Dienste der Menschen, besonders der Armen, wesentliche Voraussetzung sein.
Dann werden wir dem biblischen Auftrag gerecht werden – als Kirche insgesamt und alle einzelnen Gläubigen –, Licht für die Welt und Salz der Erde gerade in unserer Erzdiözese Salzburg zu sein. Die Menschen warten auf unser glaubwürdiges Zeugnis, denn die Sehnsucht nach dem wahren Gott ist in vielen Herzen zu spüren. Gottes Geist möge uns stärken und führen auf unserem gemeinsamen Weg.
Dr. Alois Kothgasser
Erzbischof
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