Pell, der Mann fürs Grobe

Der australische Wirtschaftspräfekt hat Mut

Kongregation für die Evangelisierung der Völker
Kardinal Pell: Hohe bisher unbeachtete Rücklagen im Vatikan

Die Tagespost, 05. Dezember 2014

Von Guido Horst

Das ist schon erstaunlich, was Kardinal George Pell, Präfekt des vatikanischen Wirtschaftsreferats, in einem Exklusiv-Beitrag für den britischen “Catholic Herald” zu berichten hat (siehe Seite 4): Bei der Neuordnung der Finanzen von Kurie und Vatikanstaat sei man auf “Hunderte Millionen Euro” gestossen, die bisher in keiner offiziellen Vatikanbilanz zu finden waren. Man könnte fast meinen, der Kardinal ginge mit diesem “Fund” an die Öffentlichkeit, weil schliesslich hinter Hunderten von Millionen auch Hunderte von Prälaten stehen könnten, die diese Gelder bisher frei verwalteten und verteilten. Die werden nicht froh sein, was sie da aus der Feder des “Wirtschaftsministers” des Papstes lesen können.

Pell erzählt in seinem Artikel eine Anekdote aus der Zeit Leos XIII.: Der Papst habe damals einen Apostolischen Visitator nach Irland geschickt und nach dessen Rückkehr gefragt, wie er die Bischöfe vorgefunden habe. “Ich habe keine Bischöfe getroffen”, lautete die Antwort, “sondern 25 Päpste.”

So ging es bisher auch hinter den Leoninischen Mauern zu. Um die zweihundert Einrichtungen hängen vom Vatikan ab, wobei man wiederum den Staat der Vatikanstadt mit seinem Governatorato vom Heiligen Stuhl unterscheiden muss, weshalb es bisher immer zwei vatikanische Bilanzen gab. Ein Beispiel: Die vatikanische Gendarmerie hängt vom Governatorato ab, die Schweizer Garde vom Heiligen Stuhl. Diese sind bekannt. Aber wer nimmt schon das kleine und etwas verborgene Universum der Stiftungen, Akademien und karitativen, betrieblichen oder landwirtschaftlichen Einrichtungen wahr, wer die Vermögensverwaltungen oder Unterorgane des Staatssekretariats? Hier gab es bisher viele “Päpste”, die über ihre Finanzen selbst verfügen konnten. Man denke nur an den “roten Papst”, den Präfekten der mit Immobilien reich gesegneten Missionskongregation “Propaganda Fide”. Hier ging es keineswegs um “dunkle Machenschaften”, sondern um Pensionsfonds, um den Erhalt von Bausubstanz, um apostolische und karitative Werke. Aber in einem von Kontrolle und Aufsicht freien Raum. Indem Kardinal Pell diese “Gliederungen” im Umfeld der Kurie mit ihren Geldern in die ordentlichen Bilanzen des Vatikans einbringen will, kommt die Revolution, die Benedikt XVI. mit der Gründung der Finanziellen Aufsichtsbehörde (AIF) losgetreten hat, richtig ins Rollen. Der australische Wirtschaftspräfekt hat Mut. Pell wird sich vatikanintern viele Feinde machen. Doch Franziskus ist der Papst, der jetzt wirklich aufräumen will. Und Kardinal Pell ist sein Mann fürs Grobe.

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