Papst würdigt christliche Archäologie

Archäologie ist “ein unverzichtbarer Bestandteil für das Verständnis des Christentums und folglich auch für die katechetische und theologische Bildung”. Das hat Papst Leo XIV. an diesem Donnerstag betont

Quelle
Pius XI.
Apostolisches Schreiben des Heiligen Vaters Leo XIV. über die Bedeutung der Archäologie anlässlich des hundertjährigen Bestehens des Päpstlichen Instituts Für Christliche Archäologie (11. Dezember 2025)
Wortlaut: Schreiben von Leo XIV. zur christlichen Archäologie – Vatican News
An das Päpstliche Institut für christliche Archäologie (20. Dezember 2008)
Päpstliche Kommission für christliche Archäologie
Pontificio Istituto di Archeologia Cristiana – Wikipedia

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

In einem Apostolischen Schreiben würdigt er die Gründung des päpstlichen Instituts für christliche Archäologie vor hundert Jahren. “Archäologie ist nicht bloß eine Fachdisziplin, die wenigen Experten vorbehalten ist, sondern ein Weg, der allen offensteht, die die konkrete Gestaltwerdung des Glaubens in der Zeit, an einzelnen Orten und in den Kulturen verstehen wollen”, heißt es in dem Schreiben wörtlich. Für Christen sei die Geschichte “ein entscheidendes Fundament”.

Den Geburtstag des Instituts beging der Papst auch mit einer Audienz. “Heute ist es hundert Jahre her, dass sich mein verehrter Vorgänger Pius XI. in einem Motu proprio (ein auf eigene Initiative verfasstes päpstliches Dekret, Anm.d.Red.) zu der Aufgabe der Päpste bekannt hat, das christliche Bau- und Kulturerbe, besonders die unterirdischen Katakomben-Friedhöfe, zu schützen und zu bewahren. Pius hat damals das päpstliche Institut für christliche Archäologie gegründet, um ‘jungen Menschen aus allen Ländern und Nationen das Studium und die Forschung zu den Monumenten der christlichen Antike zu ermöglichen’. Ein Jahrhundert später ist diese Mission lebendiger denn je…”

Hunderte von Archäologen für das frühe Christentum ausgebildet

Eine Kommission für Sakrale Archäologie sowie eine Akademie der Archäologie gab es im Vatikan 1925 bereits; Pius XI. fügte dem nun eine Hochschuleinrichtung mit Promotionsrecht hinzu, um ‘Professoren für christliche Archäologie an Universitäten und in Seminaren, Ausgrabungsleiter, Konservatoren für sakrale Denkmäler, Museen usw. auszubilden’.

Seither hat das Institut mit dem Kürzel PIAC, wie Leo in seinem Apostolischen Schreiben referiert, “Hunderte von Archäologen für das frühe Christentum ausgebildet, die wie die Professoren selbst aus allen Teilen der Welt stammen und die nach ihrer Rückkehr in ihre Heimatländer wichtige Funktionen in der Lehre oder im Denkmalschutz übernommen haben. Es hat Forschungen in Rom und im gesamten christlichen Raum unterstützt; es hat bei der Förderung der christlichen Archäologie eine wichtige Rolle auf internationaler Ebene gespielt”. Nicht zuletzt war das Institut auch an den Ausgrabungen am Grab des Apostels Petrus im Petersdom sowie in jüngerer Zeit an Untersuchungen in Sankt Paul vor den Mauern beteiligt.

Erinnerung an die Reise nach Nizäa

Bei seiner Audienz rief Leo XIV. an diesem Donnerstag die Mitglieder und Freunde des Instituts dazu auf, am Adjektiv “christlich” festzuhalten; es bedeute keine Verengung auf eine konfessionelle Perspektive, sondern stelle nun mal eine spezifische Sparte im Bereich der Archäologie dar.

“Die christliche Archäologie ist darüber hinaus ein Forschungsgebiet, das sich mit der historischen Periode der vereinigten Kirche befasst und daher ein wertvolles Instrument für die Ökumene sein kann: Tatsächlich können die verschiedenen Konfessionen durch das Studium der christlichen Altertümer ihre gemeinsamen Ursprünge erkennen und so das Streben nach voller Gemeinschaft fördern. Diese Erfahrung konnte ich gerade auf meiner jüngsten Apostolischen Reise machen, als ich in İznik, dem antiken Nizäa, zusammen mit Vertretern anderer Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften des ersten Ökumenischen Konzils gedacht habe. Die Überreste der antiken christlichen Gebäude waren für uns alle bewegend und motivierend.”

Theologie der Sinne

In seinem Schreiben würdigt Leo die christliche Archäologie sogar als eine “Schule der Inkarnation”. Das Christentum sei ja “nicht aus einer Idee, sondern aus dem Fleisch entstanden” und “in seinem authentischsten Kern historisch”. Das mache die Archäologie “sichtbar und anfassbar”. Wörtlich schreibt der Papst: “Ohne das Verständnis der Orte und materiellen Spuren, die vom Glauben der ersten Jahrhunderte zeugen, kann man die christliche Theologie nicht vollständig begreifen.”

Christliche Archäologie biete nicht weniger als eine “Theologie der Sinne: eine Theologie, die sehen, berühren, riechen und hören kann”. Sie erziehe “zum Respekt vor der Materie, der Erinnerung, der Geschichte” und müsse, zusammen mit Kirchengeschichte und Patrologie, “zu den Grundlagenfächern in der theologischen Ausbildung gehören”. “Wer Theologie studiert, muss wissen, woher die Kirche kommt, wie sie gelebt hat und welche Formen der Glaube im Laufe der Jahrhunderte angenommen hat.”

“Wer Theologie studiert, muss wissen, woher die Kirche kommt, wie sie gelebt hat und welche Formen der Glaube im Laufe der Jahrhunderte angenommen hat”

“Ich fordere euch außerdem auf, euch durch euer Studium an jener Kulturdiplomatie zu beteiligen, die die Welt heutzutage so dringend braucht”, erklärte Leo XIV. bei der Audienz im Vatikan. “Durch die Kultur überschreitet die menschliche Seele die Grenzen der Nationen und überwindet die Barrieren der Vorurteile, um sich in den Dienst des Gemeinwohls zu stellen. Auch ihr könnt dazu beitragen, Brücken zu bauen, Begegnungen zu fördern und die Eintracht zu stärken.”

Archäologie, die sich auf Evangelisierung reimt

Das Schreiben bringt die christliche Archäologie auch eng mit der Evangelisierung in Verbindung, also einem der Hauptanliegen der Päpste seit Paul VI.; ohne Erinnerung keine Evangelisierung. Archäologie lasse uns “die Kraft einer Wirklichkeit erahnen, die die Jahrhunderte überdauert, die sich nicht in der Materie erschöpft, sondern diese übersteigt. So sehen wir beispielsweise im Betrachten christlicher Gräber über den Tod hinaus die Erwartung der Auferstehung…” Das bedeute keineswegs eine “Verherrlichung der Vergangenheit” oder “sterile Konservierung, sondern lebendige Erinnerung”: “die Fähigkeit, die Vergangenheit zur Gegenwart sprechen zu lassen”.

“Eure Arbeit ist wertvoll. Lasst euch nicht von Schwierigkeiten entmutigen”

Bei seiner Audienz an diesem Donnerstag machte Leo XIV. klar, dass er mit dieser Gegenwart auch ganz konkret das Europa von heute meint. “Ich möchte euch dazu einen Auszug aus einer Rede von Johannes Paul II. über die gemeinsamen christlichen Wurzeln der europäischen Nationen zitieren. Er sagte darin: ‘Europa braucht Christus und das Evangelium, denn hier liegen die Wurzeln aller seiner Völker. Hört auf diese Botschaft!’ (6. November 1981). Zu den Wurzeln der europäischen Gesellschaft und Nationen gehört sicherlich das Christentum mit seinen literarischen und monumentalen Quellen; und die Arbeit der Archäologen ist eine Antwort auf den Appell, den ich gerade vorgelesen habe.”

Der Papst ermutigt in seinem Schreiben junge Leute, ob Laien oder Priester, zum Archäologie-Studium. Es biete “viele Ausbildungs- und Berufsperspektiven”, etwa auf dem Gebiet der Kultur und der Denkmalpflege. Und an alle, die sich im Bereich der christlichen Archäologie engagieren, wendet er sich mit folgenden Worten: “Eure Arbeit ist wertvoll. Lasst euch nicht von Schwierigkeiten entmutigen. Die christliche Archäologie ist ein Dienst, eine Berufung, eine Form der Liebe zur Kirche und zur Menschheit. Fahrt fort mit den Ausgrabungen, dem Studium, dem Unterrichten und dem Erzählen.”

vatican news – sk, 11. Dezember 2025

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