Kurz vor dem Konklave – Wann wird der Rauch weiß?
Im Vorkonklave prallten ganz unterschiedliche Sorgen aufeinander. In der Sixtinischen Kapelle könnte es ab morgen aber schneller gehen, als man denkt. Auch das Problem-Konklave von 1978 brauchte nur acht Urnengänge
Quelle
Diese Kardinäle wählen den nächsten Papst | Die Tagespost
06.05.2025
Der neue Papst solle “ein wahrer Seelsorger” und eine Führungspersönlichkeit sein, die es verstehe, “über die Grenzen der katholischen Kirche hinauszugehen, indem sie den Dialog fördert und Beziehungen zu anderen religiösen und kulturellen Welten aufbaut.” Solche banalen Sätze stehen in den täglichen Verlautbarungen des vatikanischen Presseamts, mit denen die Öffentlichkeit über die Themen der Kardinäle in den Generalkongregationen “informiert” werden sollen.
Auch, so stand es in der Mitteilung vom Montagabend, sei über die Migration gesprochen worden, “wobei man Migranten als ein Geschenk für die Kirche gewürdigt habe, aber auch die Dringlichkeit betont wurde, sie zu begleiten und ihren Glauben in dem Umfeld von Mobilität und Wandel zu unterstützen.” Heute fand schließlich die zwölfte und letzte Generalkongregation statt. Ob dieses Vorkonklave maßgebliche Einsichten für die Papstwähler zu Tage gefördert hat, kann man diesen Zusammenfassungen nicht entnehmen.
Deutliche Worte hinter der Kulisse
Weshalb einige Kardinäle ihre Interventionen an die Medien durchsickern lassen. So weiß man, dass Kardinal Benjamino Stella, einst Präfekt des Klerusdikasteriums, heftig mit der Kurienreform von Papst Franziskus ins Gericht gegangen ist – vor allem mit der Berufung von Frauen in Leitungsämter der Kurie, indem er die vorkonziliare Praxis wieder eingeführt hat, die Jurisdiktionsgewalt von der Weihegewalt zu trennen und Frauen – wie die Präfektin des Ordensdikasteriums – an der Spitze einer Vatikanbehörde verbindliche Rechtsakte fällen zu lassen.
Auch der alte Kardinal Joseph Zen Ze-kiun aus Hongkong hat der amerikanischen Zeitschrift “The Pillar” sein Manuskript hinterlassen. In dem erklärte der 93-Jährige, dass er doch noch mal nach Rom gekommen sei, “weil sich die Kirche in einem entscheidenden Moment der Verwirrung und Spaltung befindet und eine schwere Verantwortung auf den Schultern unserer Kardinalsbrüder im bevorstehenden Konklave ruht”. Man müsse den Heiligen Geist bitten, “uns einen Papst zu geben, der uns zu Harmonie und Frieden zurückführen kann”.
Das muss jetzt aber nicht bedeuten, dass sich das Konklave in die Länge ziehen wird, weil zähe Richtungskämpfe bevorstehen oder sich die Franziskus-Anhänger und die, die einen Kurswechsel wollen, gegenseitig blockieren. Morgen findet ein Wahlgang statt, nach dem Einzug in die Sixtinische Kapelle um 16.30 Uhr wird einer der beiden Prediger zum Konklave, Pater Raniero Cantalamessa, den Wahlmännern nochmals einbläuen, worum es in dieser historischen Stunde geht. Danach gibt es nur noch einen Wahlgang, schwarzer Rauch ist wahrscheinlich. Am Donnerstag wird die Urne jedoch schon vier Mal befüllt werden, mit Rauch in der Mittagszeit und am späteren Nachmittag. Dann ist man schon bei fünf Wahlgängen – und ein Blick in die jüngere Konklave-Geschichte zeigt, dass das schon reichen könnte.
Acht Wahlgänge bei Johannes Paul II.
Nachdem 1978 Johannes Paul I. im vierten Wahlgang gewählt worden war, ergab sich bei der zweiten Papstwahl desselben Jahres eine komplizierte Situation: Der liberale Kardinal Giovanni Benelli und sein Gegenspieler Giuseppe Siri, Kardinal aus Genua, blockierten sich gegenseitig und es brauchte acht Wahlgänge, bis der Kompromisskandidat Karol Wojtyla die nötigen Stimmen auf sich vereinigen konnte. 2005 ging es schneller: Benedikt VXI. brauchte vier Wahlgänge, Franziskus im Jahr 2013 fünf.
Würden die Kardinäle jetzt auch noch am kommenden Freitag vier Mal wählen, käme man auf die ungewöhnlich hohe Zahl von neun Wahlgängen. Bis Samstagnachmittag wären es sogar 13. Da muss der Heilige Geist schon wegschauen, wenn die katholische Kirche nicht am Sonntag wieder einen neuen Papst hätte.
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