Schweiz: St. Gallen wählt und der Papst ernennt den neuen Bischof
In der barocken Sakristei des St. Galler Doms wählt das Domkapitel unter Ausschluss der Öffentlichkeit einen neuen Bischof. Der jahrhundertealte Ritus folgt festen Regeln – doch das letzte Wort hat Rom *UPDATE
Quelle
Schweiz: Bischofswahl in St. Gallen findet am 20. Mai statt – Vatican News
St.Galler Bischofswahl – verständlich für alle!
Livestream: Andacht zur Wahl des St.Galler Bischofs
*Bischofswahl: Grosser Tag für Bistum St. Gallen – Audio & Podcasts – SRF
Mario Galgano – Vatikanstadt
Der Blick in die Sakristei des St. Galler Doms offenbart ein Stück lebendiger Kirchengeschichte: barocke Holzschränke, kunstvolle Stuckaturen, ein grosszügiges Deckengemälde und drei schmale Fenster, durch die das Tageslicht nur sparsam den Raum erhellt. Zwischen Hostienschalen und Messbüchern wird an diesem Dienstag einer der bedeutendsten kirchlichen Akte der Diözese vollzogen: die Wahl des neuen Bischofs von St. Gallen.
13 Domherren treten zusammen, um über die Nachfolge von Bischof Markus Büchel abzustimmen, der dem mittlerweile verstorbenen Papst Franziskus vor neun Monaten seinen Rücktritt angeboten hatte. Die ursprünglich für den 23. April vorgesehene Wahl musste nach dem Tod des Papstes am Ostermontag verschoben werden. Nun wird der Entscheid nachgeholt – mit alten Ritualen und unter strenger Geheimhaltung.
Gebet in der Kathedrale
Domdekan Guido Scherrer, der als erfahrener Wahlleiter bereits bei der letzten Bischofswahl dabei war, erläutert den Ablauf vor Ort. Die Sakristei sei nicht zufällig gewählt. “In St. Gallen begleitet das Volk die Wahl mit seinem Gebet”, erklärt er dem Nachrichtenportal kath.ch. Vor dem Wahlakt versammeln sich Gläubige und Domherren zum Gebet in der Kathedrale, begleitet von Psalmen und Fürbitten. Gegen 15 Uhr ziehen sich die Domherren dann in die Sakristei zurück, wo der eigentliche Wahlakt beginnt. Sowohl die Messfeier um 9 Uhr als auch die Andacht am Nachmittag ab 14.30 Uhr sind via Livestream übertragen worden.
Im Zentrum des Geschehens steht ein einfacher Kelch, der als Wahlurne dient. Jeder Domherr legt einen Eid ab: Er wird denjenigen wählen, von dem er überzeugt ist, dass er der Beste für das Amt ist – frei von persönlichen Bindungen oder Eigeninteresse. Die Stimmen werden geheim abgegeben, mit Bleistift auf vorbereiteten Zetteln, um Rückschlüsse auf die Handschrift zu vermeiden. Zwei Stimmenzähler werten die Abstimmung aus.
Fast wie beim Konklave
Für eine gültige Wahl ist das absolute Mehr erforderlich – mindestens sieben Stimmen bei voller Besetzung. Kommt dieses Ergebnis nicht im ersten Wahlgang zustande, kann es zu weiteren Runden kommen. Doch laut Scherrer wurde zuletzt bereits im ersten Anlauf ein Bischof bestimmt.
Der Vatikan hat in den Prozess klare Regeln eingebracht. Zwar erstellt das Domkapitel die Kandidatenliste – in diesem Fall mit sechs Namen – doch Rom prüft sie, streicht gegebenenfalls Kandidaten und gibt sie dann zurück. Wer von päpstlicher Seite als ungeeignet erklärt wird, kann nicht gewählt werden. Im Gegensatz dazu darf das Kirchenparlament des Katholischen Konfessionsteils, das Katholische Kollegium, am Vormittag vor der Wahl bis zu drei Kandidaten als “mindergenehm” erklären – ein symbolischer Akt, der aber keinen bindenden Charakter hat. “Das Domkapitel darf diese trotzdem wählen, falls keine anderen in Frage kommen”, erklärt Scherrer.
Nach der Wahl
Ist die Wahl erfolgt, wird der gewählte Kandidat – falls er sich nicht ohnehin in der Sakristei befindet – diskret informiert. Sollte er nicht Domherr sein, wartet er an einem geheimen Ort auf das Ergebnis. Früher war dies die Wohnung des Domdekans, heute bleibt der Aufenthaltsort geheim. Sobald die Zustimmung erfolgt ist, werden die Wahlprotokolle in deutscher und lateinischer Sprache auf diplomatischem Wege an den päpstlichen Nuntius übermittelt – nicht per Telefon, sondern über gesicherte Kanäle.
Erst nach der offiziellen päpstlichen Ernennung darf die Öffentlichkeit erfahren, wer das neue geistliche Oberhaupt des Bistums wird. Der neue Papst Leo XIV., der als Nachfolger von Franziskus nun auch für St. Gallen zuständig ist, wird die Wahl voraussichtlich innert weniger Tage bestätigen. Der Name des neuen Bischofs soll unmittelbar danach bekannt gegeben werden – mit einem feierlichen Schritt aus der diskreten Sakristei in das Licht der Kathedrale.
vatican news/kath.ch, 20. Mai 2025
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