In memoriam: Franziskus‘ Wirtschaftsanalyse

In memoriam: Franziskus‘ Wirtschaftsanalyse war “wichtiger Weckruf” – Franziskus‘ Analyse und Kritik einer Wirtschaft, die “tötet”, sei ein wichtiger “Weckruf im politischen Diskurs” gewesen, wo solche Fragen oft ignoriert würden. So hat der Schweizer Jesuit Stephan Rothlin Franziskus‘ Vermächtnis im Bereich der Wirtschaftsethik gewürdigt

Quelle
Wie Papst Franziskus den Vatikan wirtschaftlich reformierte – Vatican News

Anne Preckel – Vatican News

Von Beginn seines Pontifikats an habe Papst Franziskus “Schlüsselfragen der wirtschaftlichen und sozialen Gerechtigkeit angesprochen, die im politischen Diskurs oft ignoriert werden”, hob Rothlin in einem Interview hervor, das in der Zeitschrift der Diözese Macau, O’ Clarim, erschien. Franziskus‘ Analyse, “dass eine räuberische Art von Wirtschaft tötet”, sei vor diesem Hintergrund “ein starker Weckruf” gewesen, urteilt der Ordensbruder von Franziskus.

Franziskus letzte lange Reise nach Asien, bei der er im September 2024 Indonesien, Osttimor, Papua-Neuguinea und Singapur besuchte, weist für Rothlin darauf hin, dass Papst Franziskus “sehr klar bewusst war, dass Asien gerade auch als dynamische Wirtschaftsregion mit herausragenden Traditionen von Weisheit und Religion für das weitere Wachstum der Kirche eine große Bedeutung hat”, führte Rothlin gegenüber Vatican News weiter aus. Franziskus‘ Bemühen um einen Dialog mit Asien in der Tradition von Matteo Ricci (1552-1610) habe in Asien guten Anklang gefunden, beobachtet der Leiter des Ricci-Institutes in Macao.

Glaube X Gerechtigkeit

Immer wieder habe der Papst während seines Pontifikates an die innere Verbindung zwischen dem christlichen Glauben und Gerechtigkeit hingewiesen, so Rothlin gegenüber “O’ Clarim” weiter. Wofür die katholische Soziallehre seit mehr als einhundert Jahren eintritt, habe der Papst “in nuancierter und konkreter Weise dargelegt” und in den drei Enzykliken “Evangelii gaudium” (2013), “Laudato si” (2025) und “Fratelli tutti” (2020) besiegelt.

Dabei habe Franziskus “einen besonderen, neuen Schwerpunkt” gelegt auf die “Sorge um das gemeinsame Haus” und die “dringende Notwendigkeit, ein neues Wirtschaftsparadigma zu entwickeln, das auf den Prinzipien der Solidarität, der Subsidiarität und des Gemeinwohls aufbaut”, so der Leiter des Macao-Institutes über das ökologische Vermächtnis des Papstes.

“Es bestand immer die Gefahr, dass die dringenden Forderungen nach einer humaneren und nachhaltigeren Wirtschaft ignoriert wurden. Ich denke jedoch, dass die ‘Economy of Francesco’ eng mit der Soziallehre von Franziskus‘ Vorgängern übereinstimmt”, so Rothlin. Auch Benedikt XVI., Johannes Paul II. und Johannes XXIII. hätten sich “für die Förderung einer humanen und nachhaltigen Wirtschaft als Schlüsselaufgabe des Glaubens in einer zerrütteten Welt eingesetzt”.

Kein bloßes Lippenbekenntnis

Werden Franziskus‘ Ansichten zur Wirtschaft, insbesondere sein Versuch, eine menschlichere und nachhaltigere Wirtschaft zu fördern und durchzusetzen, sein Pontifikat überleben? Es sei “eine große Herausforderung für die Orts- und die Weltkirche, nicht nur Lippenbekenntnisse zu diesen sehr wichtigen Grundsätzen abzulegen, sondern ihr Bestes zu tun, um sie mit besonderem Augenmerk auf die Menschen, die zurückgelassen werden, umzusetzen”, antwortete Rothlin. Dabei sei eine Kirche, die nah an den Menschen und ihren Nöten sei, eine Mahnerin, um nachhaltiges Wirtschaften zu suchen und anzumahnen.

“Die Rolle der Kirche als eine Art ‘Feldlazarett’, wie Papst Franziskus es formulierte, in dem die Verwundeten eine Art Notversorgung finden, wird uns in diesem Bemühen sicherlich begleiten und sollte uns davor bewahren, diesen Auftrag zu vergessen oder zu verwerfen”, formulierte der Schweizer Jesuit.

Ein asiatisches Manifest für Nachhaltigkeit

Rothlin, der seit Jahrzehnten in Asien lebt und arbeitet, lehrt Wirtschaftsethik und beobachtet in Asien inzwischen verstärkt Ansätze nachhaltigen Wirtschaftens, wie er gegenüber Vatican News auch im Kontext der letzten Papstreise in die Region ausgeführt hat. Er verweist in diesem Zusammenhang auf das  “Macao-Manifest”, mit dem sich junge Wirtschaftswissenschaftler in Asien der Nachhaltigkeit verpflichtet haben.

“Das Macau-Manifest ist ein Versuch, auf den Aufruf von Papst Franziskus vor fünf Jahren zu reagieren, der vor allem junge Wirtschaftswissenschaftler dazu aufforderte, ein neues Wirtschaftsparadigma zu entwickeln, das nicht nur Studenten, sondern auch andere Gesellschaftsschichten dazu erzieht, sich um andere zu kümmern, anstatt nur von egoistischer Gewinnmaximierung und Rentensucht besessen zu sein. Die drei Säulen des Macau-Manifests fassen kurz die wichtigsten Erkenntnisse der katholischen Soziallehre zusammen, nämlich Subsidiaritätswirtschaft, Gemeinwohlorientierung und Wohlfahrt für alle mit entsprechenden Fallstudien”, führt Rothlin aus.

Transparenz und Nachhaltigkeit in der Kirche

Doch auch im Ansatz der Synodalität und in den von Franziskus auf den Weg gebrachten Reformen innerhalb der Kirche und ihrer Strukturen sieht Rothlin die Wirtschaftsethik des Argentiniers umgesetzt. Franziskus wende sich im Bereich der Kirche gegen einen “unzeitgemäßer Klerusfaschismus mit seiner mangelnden Transparenz, Klientelismus und Korruption, einschließlich finanzieller Misswirtschaft, die dem Ansehen der Kirche schweren Schaden zufügen würde”. Daher scheine es “angemessen und sogar dringend, das Vermächtnis des großen Pontifikats zu ehren, indem wir die Herkulesaufgabe fortsetzen, auf finanzielle Transparenz in allen kirchlichen Einrichtungen zu bestehen”, so Stephan Rothlin SJ.

Das Ricci-Institut in Macao widmet sich dem Erbe des in China hoch angesehenen Jesuiten Matteo Ricci (1552-1610).

vatican news – pr, 26. April 2025

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