Deutschlandwahl: More of the same?

Wer wissen möchte, wie weltgeschichtliche Herausforderungen definitiv nicht bestanden werden, sollte kurz vor der Bundestagswahl einen Blick auf die deutsche Politik werfen

Quelle
Markus Ritter: Zu katholisch für den Bundesrat?: Swiss Cath News

22.02.2025

David Engels

Deutschland wählt einen neuen Bundestag und somit auch eine neue Regierung – wie könnte man da nicht versucht sein, zu kommentieren, zu glossieren und zu prognostizieren? Doch das eigentlich Kommentarwürdige liegt in der Tatsache, dass sich gerade ein gut gemeintes und wohl erdachtes politisches System heillos ad absurdum führt.

Die Zeiten haben sich unmissverständlich geändert

In der Tat geschehen in der Geschichte die großen Umbrüche selten als Folge echter Revolutionen, sondern vielmehr aus Alternativlosigkeit, und im Falle Deutschlands – und letztlich der gesamten abendländischen Welt – steht es nicht anders. Seit Jahren, ja Jahrzehnten besteht die Geschichte des Westens darin, verzweifelt jenen Moment hinauszuschieben, in dem sich erweisen muss, dass parlamentarische nationale Demokratien in einer infantilisierten, globalisierten und informatisierten Welt höchstens noch einen dekorativen Charakter haben und auf grundlegende Entwicklungen keinen wirklichen Einfluss mehr ausüben. Die Macht liegt nicht mehr beim bürgerlichen Mittelstand, sondern einigen Milliardären, nicht mehr beim europäischen Nationalstaat, sondern bei den großen Zivilisationsimperien, nicht mehr im kritischen Diskurs, sondern im Algorithmus: Das 19. Jahrhundert, man mag es bedauern oder begrüßen, ist definitiv vorbei.

Was hat das mit Deutschland zu tun? Die berüchtigte Brandmauer und die Erkenntnis, dass die neue Regierung, egal wie die Wahlen ausgehen, erbarmungslos alle Fehler der letzten und auch der vorletzten fortsetzen wird, ja muss, wird die Angleichung der politischen Programme, das Ersetzen von Realität durch Moralismus, das Opfern lang- zugunsten kurzfristiger Interessen und den Selbstabbau des Rechtsstaats in einer Weise beschleunigen, die irreparabel ist; und die Weck- und Drohrufe aus den USA werden letztlich nur kontraproduktiv wirken: Wie so oft in der deutschen Geschichte wird man auf äußere Zwänge mit einem ebenso heroischen wie suizidalen “jetzt erst recht” reagieren.

Keine der im Bundestag vertretenen Parteien ist auf der Höhe der Zeit

Ist die AfD hier eine zukunftsweisende Alternative oder eher ein retardierendes Moment? Gegenwärtig scheint sie, im Durchschnitt gerechnet, eher die letzte genuin bundesrepublikanische Partei zu sein, indem sie sich aus der Dystopie des neuen multipolaren tech-imperialen Zeitalters in die bürgerlich-behäbige Welt der 1980er zurückwünscht; eine Sehnsucht, die zwar verständlich, aber ebenso konstruktiv ist wie ein Autofahrer, der mitten in Beirut auf die Straßenverkehrsordnung pocht.

Wann wird eine Partei neuer Ordnung entstehen, die an die Stelle des Fortwurstelns und der Abwicklungsverwaltung der sogenannten “Altparteien” einen echten Neuaufbau setzt; die die Realitäten der Gegenwart in ihrer gesamten Tragweite akzeptiert und die Bürger nicht sediert, um den Absturz möglichst schmerzlos zu gestalten, sondern ebenso ehrlich wie kompromisslos über die wahren Alternativlosigkeiten der Zukunft aufklärt? Ohne europäischen Zivilisationsstaat, Versöhnung von Hochtechnologie und Tradition, abendländischen Patriotismus, Opferbereitschaft und Mut zum Risiko werden Deutschland und ganz Europa in wenigen Jahren zu einer Mischung aus Freilichtmuseum, Altersheim, Protektorat und neuem Libanon degradiert werden.

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