Zäune, Gitter, Absperrbänder

Für das Heilige Jahr ist Rom noch nicht bereit. Eine Baustellen-Besichtigung

Quelle

24.12.2024

Guido Horst

Es ist kein Raumschiff, das da auf dem Petersplatz gelandet ist. Es ist das neue Postamt, das den Besuchern Roms im Heiligen Jahr helfen soll, ihre Kartengrüße ordentlich frankiert in die Heimat zu befördern. Zur Einweihung heute legte der Gouverneur der Vatikanstadt, Kardinal Fernando Vérgez Alzaga, Wert auf die Feststellung, dass man bei Herstellung und Aufbau des an eine Landekapsel aus dem Raumpatrouille-Klassiker “Orion” erinnernden Rundlings die Prinzipien der Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit beachtet habe. Ansonsten passt das düstere Postamt inmitten der (wieder) hellen, von Gian Lorenzo Bernini geschaffenen Kolonnaden mit ihren Säulengängen wie die Faust aufs Auge.

Aber immerhin eine Einweihung! Beim Spaziergang zu den Baustellen des Heiligen Jahr ist die am blauen Himmel strahlende Sonne der einzige Lichtblick. Baugerüste umgeben die Piazza Pio zwischen Engelsburg und Via Conciliazione, die den Rombesuchern ab dem Heiligen Jahr ermöglichen soll, autofrei und ohne Warterei an Straßenampeln zur Via della Conciliazione zu gelangen, die dann ebenfalls verkehrsberuhigt zum Petersplatz hinaufführen soll. Der Tunnel unter der Piazza Pio aber ist noch zu, der Verkehr quält sich über Umleitungen. Die Prachtstraße vom Tiber zum Vatikan wird nun mit versenkbaren Pollern von Autos freigehalten. Doch von den üblichen Gittern und weiß-blauen Absperrbändern umgeben strömen sie nicht den Geruch aus, fertig und einsatzbereit zu sein.

Heilige Pforte in einer Haftanstalt

Den Behörden zufolge hat Rom 2024 ganze 35 Millionen Besucher gezählt. Im Heiligen Jahr 2025 sollen es einige Millionen mehr werden. Wie viele davon aber als fromme Pilger zu den Apostelgräbern und Heiligen Pforten ziehen werden, weiß bisher niemand. Sicher ist nur, dass Papst Franziskus die Heilige Pforte im Petersdom am 24. Dezember um 19 Uhr aufstoßen wird. Selbiges wiederholt er am 26. Dezember im römischen Gefängnis Rebibbia. Als Zeichen der Hoffnung für alle Inhaftierten der Welt gibt es zum ersten Mal in der Geschichte eine Heilige Pforte in einer Haftanstalt. Getreu dem Motto des Heiligen Jahrs: “Pilger der Hoffnung”. Und dann erst folgen die drei weiteren Papstbasiliken in Rom: am 29. Dezember San Giovanni in Laterano, am 1. Januar Santa Maria Maggiore und am 5. Januar Sankt Paul vor den Mauern. Hier öffnen jeweils die Erzpriester der Basiliken die Heiligen Pforten.

Schon der “klassische” Gang vom historischen Stadtzentrum Roms über die Engelsbrücke zur vatikanischen Tiberseite führt durch eine Baustelle. Von den zehn prachtvollen Barock-Engeln auf dem massiven Brückengeländer, die die “arma Christi“, die Symbole der Leidensgeschichte des Herrn tragen, sind die Hälfte noch unter Gerüsten verborgen und werden von Restauratoren bearbeitet. Ganz schlimm sieht es für den aus, der die Metro nimmt und von der Haltestelle “Ottaviano“ im Norden des Vatikans direkt auf die Kolonnaden zusteuert: Die Piazza del Risorgimento an der Vatikanmauer ist eine Baustelle, auf der Zäune und Barrikaden noch länger den Blick auf den Platz versperren werden. Dasselbe gilt für die Großbaustelle vor der Lateranbasilika. An den meisten Baustellen arbeitet man jetzt auch nachts. Vor dem Hauptbahnhof Termini, bei Santa Maria Maggiore und der “Bocca della Verità” (Mund der Wahrheit), in den kichernde Japanerinnen ihre zarten Händchen stecken. Der “Vier Ströme”-Brunnen auf der Piazza Navona erlebt seine Fertigstellung ebenso wie die “Fontana di Trevi” erst im Neuen Jahr.

Bürgermeister Roberto Gualtieri hatte eine 50 Kilometer lange Radtrasse zwischen den Sehenswürdigkeiten Roms versprochen. Hätte er damals seine Hand in die “Bocca della Verità” gelegt, wäre das für ihn wohl schmerzhaft ausgegangen.

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