Statist in Putins Propagandashow

Der freundliche Handschlag mit Putin beim BRICS-Gipfel in Kasan hat neuerlich bewiesen: António Guterres fehlt es an diplomatischer Trittsicherheit und politischer Sensibilität

Quelle
Moskaus verdeckte Kriege | Die Tagespost
Den Einwohnern von Butscha und allen anderen Opfer des Kriegs in der Ukraine muss Gerechtigkeit widerfahren – Portal
Ukraine (716)

25.10.2024

Stephan Baier

Selbstverständlich darf der UN-Generalsekretär zu einem BRICS-Gipfel reisen und dort mit Autokraten, Tyrannen und Despoten sprechen. Die Vereinten Nationen, die er repräsentiert, sind keine westliche, sondern eine weltweite Gemeinschaft. Hier begegnen einander demokratische und despotische, westliche und östliche, säkulare und islamistische, mehr oder etwas weniger korrupte, pazifistisch und imperialistisch gesinnte Staaten – wenn auch nicht immer auf Augenhöhe. Möge er also durch die Welt tingeln, der UN-Generalsekretär!

Völlig losgelöst von allen Werten ist aber auch das Mandat des UN-Generalsekretärs nicht. Und darum ist es höchst fragwürdig, wenn António Guterres zum BRICS-Gipfel nach Kasan reist, um Wladimir Putins große Propagandashow mit seiner Anwesenheit aufzuhübschen. Denn erstens hat die UN-Generalversammlung in New York im März 2022 Putins Aggression gegen die Ukraine mit riesiger Mehrheit verurteilt und zweitens hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag gegen den Kriegsverbrecher Wladimir Putin einen internationalen Haftbefehl erlassen.

Guterres wurde in Kasan vorgeführt

Beides bindet auch einen reichlich selbstherrlich agierenden UN-Generalsekretär: moralisch wie auch politisch. Darum mag Guterres zu BRICS-Treffen reisen, aber nicht, wenn sie in Russland stattfinden und der Kriegsverbrecher Putin als Gastgeber fungiert. Guterres mag sich sogar zum Vier-Augen-Gespräch mit Putin treffen, aber ausschließlich um ihm die Tragweite der UN-Resolution vom 2. März 2022 zu erläutern und Russland den Weg zurück in die zivilisierte Staatengemeinschaft zu weisen. Stattdessen wurde Guterres in Kasan auf der großen Propagandabühne Putins als vorletzter Zwerg von links eingebaut – und damit vorgeführt.

Da hilft es auch nichts, dass sich der UN-Generalsekretär zu der Erklärung durchrang, die Ukraine brauche bald einen gerechten Frieden, um dann von Putin mit reichlich Hohn und Häme übergossen zu werden. Das Minimum dessen, was Guterres‘ Reise nach Kasan hätte rechtfertigen können, wäre gewesen, Putins Völkerrechtsbrüche, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit öffentlich und vor versammelter Runde einzeln und konkret aufzuzählen. So aber hat Guterres seine Rolle als Anwalt des Friedens und des Völkerrechts verfehlt, und den PR-Statisten für den imperialistischen Gastgeber gespielt. António Guterres mangelt es an diplomatischer Trittsicherheit wie an politischer Sensibilität. Das hat er in Kasan – nicht zum ersten Mal – bewiesen.

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