Fensterputz für die Seele

Crashkurs Beichte: Überzeugende Katechesen auf YouTube erschließen Zugänge zum Bußsakrament

Quelle
Crashkurs Beichte mit Weihbischof Stephan Turnovszky – YouTube
“In jedem Zeitalter hat sich das Licht der Wahrheit durchgesetzt” | Die Tagespost (die-tagespost.de)
Busssakrament

31.08.2024

Barbara Stühlmeyer

Zur Beichte gibt es eine Menge fester Vorurteile und eine ebenso große Anzahl guter Erfahrungen. Dass die weithin vernachlässigte Praxis des Empfangs des Sakramentes der Versöhnung ungeachtet all dessen eine unvermindert starke Anziehungskraft ausübt, kann man daran ablesen, dass Angebote wie die “Beichte-Hotspots” in der Wiener Innenstadt, wo außer in den Sommermonaten täglich vom frühen Morgen bis in die späten Abendstunden Priester zum Beichtgespräch zur Verfügung stehen, sehr gut angenommen werden. Dass junge Menschen wissen wollen, was eine Beichte ist, was sie bewirkt und was man dabei bedenken muss, wurde bei einer Begegnung zwischen dem Wiener Weihbischof Stephan Turnowsky in Graz deutlich, bei dem diese Fragen zur Sprache kamen.

Die erste Antwort des Weihbischofs lautete: “Die Beichte bietet die Chance, einen klaren Blick auf das je eigene Leben zu bekommen und so menschlich und spirituell zu wachsen.” An dieser Form eines Trainings für ein gelingendes Leben sind viele Jugendliche und junge Erwachsene interessiert.

Grund genug für Weihbischof Turnowsky, auf dem YouTube-Kanal der Erzdiözese einen Crashkurs zum Thema Beichte anzubieten. In den gut gemachten, vor allem aber aufgrund der Persönlichkeit von Weihbischof Turnowsky überzeugenden Filmen geht es um das ganze Spektrum von Fragen, die Menschen sich und anderen zum Thema Beichte stellen.

Angefangen von der Grundfrage: “Warum soll ich überhaupt beichten?” über die Frage, welche Formen der Vergebung es sonst noch gibt, ob Christen anderer Konfessionen vergeben wird, wenn sie nicht beichten, wie ausführlich man die Beichte gestalten soll und ob man auch jene Sünden beichten müsse, die man nicht bereut, geht es um das weite Feld dessen, was Menschen beim Thema Bußsakrament umtreiben kann.

Die Länge der Videos reicht von 30 Sekunden bis zu 2,5 Minuten. Sie sind prägnant, frei formuliert und es ist klar spürbar, dass hier ein Priester aus persönlicher Erfahrung, inkarniertem Glaubenswissen spricht. Die Menschenfreundlichkeit des Formats wird daran deutlich, dass eine klare Verkündigung erfolgt, ohne zu verurteilen. So erklärt Weihbischof Turnowsky zum Thema: “Soll ich Sünden beichten, die ich nicht bereue”, dass dies, da die Reue wesentlich zur Beichte dazugehört, nicht der Fall ist, es wohl aber sehr sinnvoll wäre, die Frage dennoch mit dem Beichtpriester zu besprechen, um auszuloten, warum man im Hinblick auf diese Sünde keine Reue empfindet. Thematisiert werden neben der Beichte auch andere Formen der Vergebung.

Sakrament konkret erklärt

Dass sie wichtig ist, wird daran deutlich, dass der Weihbischof von den jungen Menschen oft gefragt wird, wann genau die Vergebung erfolgt. Ob dies während der Beichte, während oder nach der Buße der Fall ist, ist für sie durchaus ein Thema. Hier betont Turnowsky, dass er den Zeitpunkt nicht terminieren könne, dass er aber überzeugt sei, dass Gott den Menschen, die das Bußsakrament empfangen, ihre Sünden vergibt und dass deren Mittun dabei wichtig sei. Differenziert wird in kluger Weise auch zwischen der Verantwortung des Priesters und desjenigen, der beichtet. So erklärt Turnowsky beispielsweise in einem Video, was zu tun ist, wenn der Priester keine Buße aufgibt. Das, so der Weihbischof, liegt dann in der Verantwortung des Priesters und in diesem Fall könne die Buße darin bestanden haben, zur Beichte gegangen zu sein. Für Menschen mit Sinn für kurze Wege gibt es den Clip “5 Tipps für’s Beichten. Hier rät Turnowsky als erstes, in der ich-Form zu sprechen und allgemeine Formulierungen wie “man lügt halt manchmal” zu vermeiden, denn in der Beichte geht es ja tatsächlich darum, ganz persönlich mit all seinen Licht- und Schattenseiten vor Gott zu stehen und ein persönliches Bekenntnis abzulegen.

Das nächste Thema, das Turnowsky anspricht, ist ebenfalls vielen vertraut, die regelmäßig beichten gehen und auch der Weihbischof selbst bekennt an dieser Stelle, dass er zu seiner Beschämung oft dasselbe beichten muss. “Aber es ist halt so”, sagt er, “ich bin ich, auch mit manchen schlechten Gewohnheiten. Aber ich glaube es ist gut und keine Leier, sondern eine heilsame Übung, immer wieder vom selben zu sprechen und es zu bekennen im Vertrauen darauf, dass Gottes Barmherzigkeit größer ist, als das fortgesetzte Versagen.” Tatsächlich handelt es sich ja bei der Beichte darum, geistliche Fehlhaltungen zu beseitigen. Das geht so wie bei physischen Fehlhaltungen eben nicht von heute auf morgen, sondern dauert oft längere Zeit und bedarf regelmäßiger Übung. Die Beichte als eine solche zu sehen heißt, ihren heilenden, ihren therapeutischen Effekt wieder neu bewusst zu machen. Dabei gilt es auch, ebenso wie bei einem notwendigen aufgrund der Art oder der Ursache einer Erkrankung, aber peinlichen Arztbesuch die natürliche Scheu zu überwinden.

Bei Sünden, die einem persönlich unangenehm sind und die man wiederholt begeht, immer einen anderen Beichtpriester aufzusuchen, ist keine so gute Idee. Denn so nimmt man sich selbst den im wörtlichen Sinne notwendigen Effekt der Konfrontation mit der Fehlhaltung. Um sie zu gewährleisten, ist es, wie Turnowsky betont, auch hilfreich, nicht um den heißen Brei herumzureden, sondern die Sünde beim Namen zu nennen. Das wiederholte Bekenntnis derselben Sünde bei demselben Priester gelingt außerdem umso besser, wenn, was für eine gute regelmäßige Beichte ohnedies ein großes Plus ist, ein Vertrauensverhältnis vorliegt und man sich menschlich angenommen und geistlich gut begleitet fühlt. Zugleich aber ist auf diesem Felde, bei dem es, wie eines der Videos erklärt, eine klare Unterscheidung zwischen einem Beichtpriester und einem geistlichen Begleiter oder einer geistlichen Begleiterin gibt, die auch Ordenschristen oder Laien sein können, die persönliche Freiheit wichtig, die es ermöglicht, wenn es geboten scheint, weiter zu gehen und die Beichte oder die geistliche Begleitung bei einem anderen Menschen fortzusetzen. Bei all dem aber gilt, auch wenn es zunächst unangenehm sein mag oder Scham auslöst: “Beichten ist wie Fensterputzer für die Seele oder für das Herz – für das Innerste”, wie Weihbischof Stephan Turnowsky in seinem ersten einführenden Videoclip sagt. Es ermöglicht einen klareren Blick. Und den sollte man sich nicht entgehen lassen.

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