Nachwelt wird von “Benedikt dem Großen” sprechen

Erzbischof Georg Gänswein sprach vor dem Münchener Cartellverband über sein Leben als Privatsekretär von Papst Benedikt XVI.

Quelle
Gänswein: “Am Ende hat immer die Freude überwogen” | Die Tagespost (die-tagespost.de)
Angerkloster – Monasterium.net

15.01.2024

Marina Linner

Einen bemerkenswerten Abend erlebten etwa 300 Studenten und Freunde des Münchner Cartellverbands (MCV) – eines Zusammenschlusses katholischer nichtschlagender Studenten – vergangenen Donnerstag in St. Jakob am Anger und im großen Saal der Scholastika in München. Bemerkenswert war nicht nur der geladene Gast, der langjährige Privatsekretär von Papst Benedikt XVI., Erzbischof Georg Gänswein, sondern vor allem seine klaren und ermutigenden Botschaften an die vielen jungen Menschen, die gekommen waren.

Las man noch vor einigen Tagen im Nachrichtenticker, dass das Erbe Papst Benedikts XVI. nach wie vor ungeklärt sei, so wurde bereits im ersten Teil des Abends, der heiligen Messe in St. Jakob am Anger deutlich, dass viel Bedeutenderes als Möbel und Geschirr, nämlich die Verantwortung für das geistliche Vermächtnis Benedikts XVI. keine offene Frage darstellt.

Kirche der fundamentale Ort der Begegnung mit Christus

Mit einer Prise Humor und Hintergründigkeit brachte Gänswein den Messbesuchern die Kernbotschaften des bayerischen Papstes nahe: Christus sei das Fundament des Glaubens und die Zugehörigkeit zur Kirche ein fundamentaler Ort der Begegnung mit Ihm. So wie ein Krankenhaus für die Heilung von Kranken unbedingt notwendig sei, so auch die Kirche für die Menschen.

In diesem Sinne sagte Gänswein, dass er den üblichen Neujahrswunsch “Hauptsache Gesundheit” jederzeit gerne erwidere, aber doch hinzufügen möchte: vor allem Gesundheit der Seele! So sei nämlich die Kirche nichts anderes als ein Krankenhaus für die Seele eines jeden. Mit Blick auf das Tagesevangelium vom geheilten Aussätzigen, forderte Gänswein die Besucher auf, es wie dieser zu tun und von der Freude der Erlösung überall zu erzählen.

Heute brauche Jesus unsere Stimme. Gänsweins nachdenkliche Frage: Sollten wir nicht mehr über unseren Glauben reden und nicht so oft schweigen? Ein jeder von uns könne und solle sich immer wieder von Jesus heilen lassen und dann ebenso wie der Aussätzige vollen Herzens der Welt Kunde davon tun.

Von diesen Gedanken ermutigt, traf man sich auf Einladung des Leiters des MCV, Jonathan Kietzke, im Anschluss in der Scholastika, wo der Vorsitzende der Katholisch-deutsche Studentenverbindung (K.D.St.V.) Trifels, Andreas Hylak, mit Erzbischof Gänswein über sein Leben an der Seite von Papst Benedikt XVI. ins Gespräch kam.

Wie aus Georg Gänswein Don Giorgio wurde

Die anfänglichen Fragen befriedigten in kurzweiliger Manier die Neugierde so manch eines Zuhörers. So durfte das Publikum darüber schmunzeln, dass Gänswein nach seinem Abitur eigentlich zunächst einmal “cash machen wollte” und dass auch das Leben im Apostolischen Palast “nicht die Vorkammer des Himmels” sei, sondern die “zügigen Fenster dort zur Bautechnik der Renaissance gehören”.

Auf Nachfrage von Hylak, wie aus Georg Gänswein Don Giorgio wurde, antwortete dieser: “Durch simple Übersetzung, da die deutsche Aussprache von Georg für manche Römer auch mit zwei Grappa nicht getan ist”.

Tiefe Verbundenheit von Gänswein zu Benedikt XVI.

Der weitere Verlauf des Geprächs brachte die tiefe Verbundenheit von Gänswein zu Benedikt bis zu dessen Tod zum Ausdruck. Benedikts drei letzte Worte “Signore, ti amo” bündeln dessen Leben brennpunktartig. Sie erinnern unverkennbar an das Petrusbekenntnis im letzten Kapitel des Johannes-Evangeliums, woraufhin Jesus ihn zum ersten Papst machte  eine der Stellen in den Evangelien, woraus die Kirche das Papsttum unmittelbar ableitet.

“Kann man eigentlich päpstlicher sterben?”, ging die Frage von Hylak an Erzbischof Gänswein voraus. Eine messerscharfe Antwort ließ nicht lange auf sich warten: “Wie man lebt, so stirbt man”, gab Gänswein eine alt tradierte Lebensweisheit wider. Dies treffe in vollem Maße auf Benedikt zu. Er sei nie ein anderer gewesen, auch “zum Papst gewählt, legte er den Schalter nicht um.”

Aus den Ausführungen Gänsweins wurde deutlich, dass sich Benedikt immer die geradlinige Einfachheit seiner Herkunft behielt. Es sei jene Kohärenz von theologischem Forschen und eigener Lebensführung Benedikts XVI., die eine enorme Überzeugungs- und Anziehungskraft entfalte, so Gänswein.

Werfe man einen Blick auf die Eckdaten des Lebens von Joseph Ratzinger, so könne man erkennen, dass sein Leben eingewoben war in die beiden großen christlichen Geheimnisse von Ostern und Weihnachten, das Fest das er zeitlebens am meisten liebte: geboren wurde Joseph Ratzinger an einem Karsamstag; am letzten Tag der Weihnachtsoktav wurde er in die Ewigkeit heimgerufen.

Mutig den Glauben der Kirche bekennen

Bereits kurz nach dem Tod Benedikts XVI. hatte ein Schwergewicht der römischen Kurie, der Schweizer Kardinal Kurt Koch, angeregt, diesen aufgrund seines heiligmäßigen Lebens sowie seiner zahlreichen genialen theologischen Beiträge zum Kirchenlehrer zu erklären. Gänswein ging sogar noch einen Schritt weiter: Die Nachwelt werde nicht mehr nur von Papst Benedikt XVI., sondern von Benedikt dem Großen sprechen, zeigte er sich überzeugt. Langer Applaus unterbrach an dieser Stelle die aufmerksame Stille.

“Was würde Papst Benedikt heute Ermutigendes, Ermunterndes zu uns sagen, vielleicht insbesondere zu den jungen Leuten, den Schülern, den Azubis, den Studenten?”, lautete die letzte Frage an Gänswein. Seine Antwort: Die Freude am Glauben zu leben, die Schönheit des Glaubens und der Kirche zu erkennen und mutig im Bekenntnis voranzuschreiten. Dies seien seiner Überzeugung nach die drei Schlüsselpunkte, die Papst Benedikt den jungen Menschen an die Hand geben würde.

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Aus Provvisorio wird Provisor

Zu Beginn des Gesprächs mussten viele schmunzeln, als Georg Gänswein erklärte, dass Joseph Ratzinger ihn in der Glaubenskongregation zunächst humorvoll als Provvisorio in seiner neuen Funktion als persönlicher Sekretär vorstellte und dieses Provvisorio schließlich beinahe 20 Jahre Bestand hatte. Am Ende wurde aus dem Provvisorio ein hingebungsvoller Provisor – ein Botschafter – Papst Benedikts XVI.

Die Freude und Dankbarkeit darüber zeigte sich im lang anhaltendem Applaus und den vielen persönlichen Gesprächen, für die Erzbischof Gänswein im Anschluss gerne bereit war.

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