Müßige Sorgen um traditionalistische Jugendwallfahrten

Im Blickpunkt – Gläubige Jugendliche brauchen heute einen langen Atem – auch mit manchen Kurialen

Quelle
Covadonga – Wikipedia
Chartres-Wallfahrt: “Auf dem Weg zu Christus” | Die Tagespost (die-tagespost.de)
Wallfahrten/Pilgerrouten (110)

12.07.2024

Regina Einig

Vor dem Hintergrund von Kriegsverbrechen, Terror und Christenverfolgung auf dem geplagten Planeten Erde überraschen die Probleme mancher Kurienmitarbeiter. Der vormalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, berichtete kürzlich von einer Begegnung mit einem hochrangigen Mitarbeiter der vatikanischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung – also jener ehrwürdigen Adresse, die formal zuständig ist, um liturgischen Missbräuchen und kreativen Sperenzchen im Altarraum Einhalt zu gebieten und die Bischöfe von der Sinnhaftigkeit korrekter Übersetzungen der Messbücher überzeugen soll.

Doch nicht die liturgischen Extravaganzen, die im Zug der Liturgiereform Pauls VI. in die sich leerenden Gotteshäuser Einzug gehalten haben, betrübten den Prälaten. Er teilte dem Kardinal seine Sorge angesichts des Booms traditionalistischer Jugendwallfahrten mit – konkret jener berühmten Fußwallfahrt von Paris nach Chartres, deren Abschluss Kardinal Müller zu Pfingsten mit mehr als fünfzehntausend gläubigen jungen Menschen gefeiert hatte.

Entfremdung zwischen Teilen der Kurie und Jugend

Fürwahr ein Luxusproblem angesichts der vielen freien Plätze in den Kirchen, Klöstern und Priesterseminaren Westeuropas. Doch die Entfremdung zwischen Teilen der Kurie und Jugend zieht Kreise. Nachdem die Wallfahrt Paris-Chartres die Grenzen ihrer Aufnahmekapazität erreichte, hat sich im spanischen Asturien ein Ableger gebildet.

Seit 2021 pilgern Jugendliche ins spanische Nationalheiligtum Covadonga im Norden der iberischen Halbinsel. Obwohl die Wallfahrt durch das dünn besiedelte Gebirge Pilger und Organisatoren körperlich und logistisch deutlich mehr abverlangt als der Weg durch die Wälder und Auen nach Chartres, entpuppt sich das Projekt als Senkrechtstarter.

Gottesdienstkongregation verbietet Messe im römischen Ritus

Die Wallfahrt verzeichnete in vier Jahren Zuwachsraten, von denen Jugendgruppen in durchschnittlichen Pfarrgemeinden nicht zu träumen wagen. Mehr als zweitausend junge Pilger machten sich in diesem Jahr auf den Weg, um den ersten Eucharistisch-Marianischen Jugendtag gemeinsam zu feiern.

Der Ortsbischof von Oviedo hatte zugesagt, die Gebetsintentionen für Papst, Priester und Kirche hätten gar nicht katholischer ausgewählt sein können. Da platzte den Organisatoren ein Verbot aus Rom ins Haus. Der Erzbischof musste im Auftrag der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung mitteilen, dass die Abschlussmesse nicht wie bisher in der überlieferten Form des römischen Ritus in der Wallfahrtsbasilika gefeiert werden dürfe.

Papst erinnert an Vielfalt der Charismen

Ein Schelm, wer sich nun an die eindrucksvollen Worte des Heiligen Vaters zum Geschenk der Vielfalt in der Kirche erinnert. In einer Videobotschaft hatte Papst Franziskus im Januar diesen Jahres dazu ermutigt, das Geschenk der Vielfalt der Charismen in den christlichen Gemeinschaften anzuerkennen. “Vor den verschiedenartigen Charismen in der Kirche darf man keine Angst haben”, erklärte der Heilige Vater. In der Kurie haben ihm nicht alle zugehört.

Aus der Entscheidung der Organisatoren, die Abschlussmesse im überlieferten Ritus nun im Zeltlager zu feiern, spricht daher durchaus die Treue zum Heiligen Vater. In der Wallfahrtsbasilika fand zum Abschluss ein Tedeum statt. Wer mit jungen Besuchern der alten Messe Kontakt hat, würde sich ob deren geistlicher Verfassung auch nicht den Kopf zerbrechen. Denn nie waren die Traditionalisten entspannter als heute.

Neugierige Charismatiker und überzeugte Anhänger des überlieferten Ritus sitzen heute friedlich nebeneinander in der Kirchenbank. Die Kirche hat andere Probleme. Sollte die Weltbischofssynode Zuhören in Form eines neuen Amtes verstetigen, werden die jungen Tradis interessante Erfahrungen zu berichten haben.

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