Kleines Seminar in Haiti von kriminellen Banden überfallen

“Mit Empörung beobachten wir, wie Söhne und Töchter des Landes ohne Skrupel privates und staatliches Eigentum angreifen und das Leben anderer gefährden, die in ihren Augen keinen Wert zu haben scheinen”

Quelle
Haiti: Kirchliche Ausbildungsstätte geplündert – Kirche in Not
Haiti – Menschen auf der Flucht, Gesundheitswesen vor dem Zusammenbruch: Kamillianer verbarrikadieren sich im Krankenhaus der Hauptstadt – Agenzia Fides
Haiti

Von Andrés Henríquez

Port-au-Prince – Donnerstag, 4. April 2024

Die haitianische Ordenskonferenz (CDH) hat berichtet, dass ein sogenanntes Kleines Seminar (Knabenseminar) der Spiritaner am 1. April von kriminellen Banden inmitten der Gewaltwelle angegriffen wurde, die in den letzten Wochen in dem karibischen Land ausgebrochen ist.

“Mit Empörung beobachten wir, wie Söhne und Töchter des Landes ohne Skrupel privates und staatliches Eigentum angreifen und das Leben anderer gefährden, die in ihren Augen keinen Wert zu haben scheinen. So geriet am Abend des 1. April 2024 das Petit Séminaire Collège St-Martial, eine historische Einrichtung, in das Auge des wütenden und verheerenden Wirbelsturms einer Kategorie von Menschen, die keine Grenzen kennen”, beklagte die CDH in einer Erklärung.

Die Kriminellen setzten den Computerraum in Brand und durchwühlten die Bibliothek des Seminars. Außerdem wurden mehrere Fahrzeuge niedergebrannt.

Am selben Tag versuchten dieselben kriminellen Banden, den Nationalpalast von Haiti, den Sitz des Präsidenten der Republik, gewaltsam zu stürmen, scheiterten jedoch aufgrund des Eingreifens der haitianischen Polizei und der Unterstützung durch die Sicherheitseinheiten des Palastes. Fünf Beamte wurden bei dem Vorfall verletzt, einer von ihnen schwer.

Seit Anfang März hat sich die politische und soziale Lage in Haiti exponentiell verschlechtert. Katholiken haben mit allen möglichen Schwierigkeiten zu kämpfen.

Die Krise ist weitgehend das Ergebnis des ungezügelten Vorgehens krimineller Gruppen, die etwa 80 Prozent des Gebiets von Port-au-Prince, der Hauptstadt des Landes, kontrollieren.

Die Missionare der Spiritaner sind die letzten in einer langen Reihe von Ordensleuten und Laien, die der Gewalt zum Opfer gefallen sind. Angesichts dieser Realität drückte die CDH erneut ihr “tiefes Bedauern über die schwindelerregende Situation des Chaos” im Lande aus.

Pater Morachel Bonhomme SDB, der Präsident der CDH, rief die Gläubigen auf, weiterhin “für so viele Gemeinschaften und Bürger” zu beten, die “wegen der höllischen und mörderischen Unsicherheit”, die ganz Haiti ergreift, nicht normal leben können.

Der dringende Appell der UN

Am 28. März empfahlen die Vereinten Nationen (UN) “sofortige und mutige Maßnahmen”, um die Notlage des karibischen Landes zu beheben.

Die UN erklärte, dass die Rechtsstaatlichkeit in Haiti praktisch nicht existiere und die staatlichen Institutionen “am Rande des Zusammenbruchs” stünden.

“Die Beseitigung der Unsicherheit muss oberste Priorität haben, um die Bevölkerung zu schützen und weiteres menschliches Leid zu verhindern. Ebenso wichtig ist es, die für die Rechtsstaatlichkeit wichtigen Institutionen zu schützen, die in ihrem Kern angegriffen wurden”, sagte der Hohe Kommissar der UN für Menschenrechte, Volker Türk.

Nach Angaben der UN ist die Zahl der Gewaltopfer in Haiti im Jahr 2023 im Vergleich zu den Vorjahren erheblich gestiegen: 4451 Menschen wurden getötet und 1668 verletzt. In den ersten drei Monaten des Jahres 2024 wurden bereits 1554 Menschen getötet und 826 verletzt (bis zum 22. März).

Darüber hinaus prangerten die Vereinten Nationen an, dass die sexuelle Gewalt gegen Frauen durch kriminelle Banden in den letzten Wochen zugenommen habe, wobei die meisten Fälle nicht gemeldet und nicht geahndet würden.

Schließlich betonte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF), dass Bildung der Schlüssel zu Frieden und Wohlergehen in Haiti sein werde.

“In einem Land, das mit immer komplexeren Konflikten und Instabilität konfrontiert ist, darf Bildung niemals nur als Option betrachtet werden, sondern muss als Notwendigkeit, als Überlebensfrage und als Schlüssel zur sozialen Stabilität anerkannt werden”, hieß es.

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