Säge von deinem Kreuz nichts ab
Wem ist er nicht vertraut, der Inhalt dieses Textes
Der Kampf ist heiss, die Last ist schwer, oft seufzts du müde: Ich kann nicht mehr! Doch halte aus, einst wird dir’s klar, wie nötig hier unten das Kreuz dir war.
Auf hartem Stein am Waldesrand, sitzt müde ein Pilger, den Stab in der Hand. Er kann nicht mehr weiter, er ist zu matt, weil er so viel Schweres zu tragen hat.
Still schaut er im Geiste den Weg, den er kam, es fing alles so herrlich mit Sonnenschein an. Noch denkt er in stiller Wehmut zurück, doch liegt in Trümmer, was einst war sein Glück. Nichts ist ihm geblieben, so arm und allein, muss er nun ins hohe Alter hinein. Da krampft sich das Herz zusammen vor Weh: Mein Gott, warum muss diesen Weg ich gehn?
Und über dem Denken und über dem Sinnen, ihm heiss von den Wangen die Tränen rinnen. Doch nach und nach wird’s still in der Brust, er ist sich der Gotteskindschaft bewusst. Drum schaut er im Glauben hinauf zur Höh, dort wird sich’s klären, was ich hier nicht versteh. So fasst er den Stab, und mit schwerem Gang, zieht er zur Hütte, dort am Bergeshang.
Legt, müde vom Wandern, zur Ruh sich hin, noch zieht ihm so manches durch den Sinn. Auf all sein Sorgen, und was er beklagt, im Traum Gott selbst die Antwort ihm sagt. Er sieht sich als Pilger, den Stab in der Hand, von Ort zu Ort wandern im Pilgergewand. Das Ziel seiner Hoffnung ist jene Stadt, die Gott der Herr selber gegründet hat.
Und auf dem Rücken ein Kreuz er trägt, das ist die Last, die Gott im aufgelegt. Er wandert mutig, das Ziel winkt fern, schon glänzt die Stadt wie ein goldener Stern. Und heiss brennt die Sonne, das Kreuz drückt sehr, er muss einmal ruhen – er kann nicht mehr. Dort steht ja ein Häuschen, so schmuck und klein, da nimmt er sein Kreuz ab, da ruht es sich fein.
Als er dann weiter des Weges will gehn, da sieht eine Säge er neben sich stehn. Da denkt er: Dein Kreuz ist zu lang und zu schwer, du sägst etwas ab, dann drückt’s dich nicht mehr. Gesagt, getan, nun war leichter die Last, er denkt: Wie gut, dass du’s abgesägt hast. Nun geht das Wandern bequem und leicht, jetzt ist das Ziel viel schneller erreicht.
Bald sieht er die Stadt schon vor sich stehn, wie herrlich und schön ist sie anzusehn. Ein Graben nur trennt ihn von der Stadt – Der aber – ach, keine Brücke hat! Er läuft entlang, er sucht und sinnt, doch eine Brücke er nirgends find’t. Da fällt ihm das Kreuz auf dem Rücken ein, vielleicht könnt’ ihm das jetzt Brücke sein.
Er nimmt’s und schiebt’s über den Graben her, doch ist’s zu kurz: es reicht nicht mehr. Es fehlt das Stück, dass er abgesägt – “Ach hätt ich doch nicht!” seufzt er tiefbewegt. Nun steh ich hier – so nah am Ziel – und kann nicht hinein, weil mirs Kreuz nicht gefiel”. Er weint, er schreit, er klagt sich an, weil er schuld, dass er zur Stadt nicht kann.
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