Heilige Scholastika UPDATE
Predigt von Bischof Vitus anlässlich aller Bischöfe Jahrzeit am Samstag, 10. Februar 2018, in der Kathedrale in Chur
Hl. Scholastika
Quaerere Deum – nihil amori Christi praeponere
Quelle: Bistum Chur
Wir begehen das Jahresgedächtnis für alle verstorbenen Bischöfe unseres Bistums am Gedenktag der heiligen Scholastika. Die Schriftlesungen sind dem entsprechenden Messformular entnommen. Die erste Lesung legt einen Zweizeiler aus dem Hohenlied (8,6-7) vor; der Evangeliumstext ist Lk 10,38-42.
Das Hohelied ist ein Liebesgesang. Der eben gehörte Abschnitt schildert uns die Kraft der Liebe: Stark wie der Tod ist die Liebe, die Leidenschaft ist hart wie die Unterwelt (8,6). Der Tod ist sicher und unumgänglich. Niemand kommt am Tod vorbei. In diesem Sinn ist der Tod „stark“, in diesem Sinn ist die Unterwelt – eben die Welt des Todes – „hart“. Der Vergleich der Liebe mit dem Tod will sagen, dass die Liebe ein sicherer, ein höchster Wert ist. Die Liebe ist ein Wert, den man für nichts eintauschen kann: „Böte einer für die Liebe den ganzen Reichtum seines Hauses, nur verachten würde man ihn“ (8,7).
Das Hohelied spielt auf die bräutliche Liebe an, auf die Liebe zwischen Mann und Frau, auf jene in der Schöpfung grundgelegte Kraft, welche Mann und Frau zueinander führt und aneinander bindet. Im Blickpunkt steht die Leidenschaft, die den Menschen gleichsam überwältigende Kraft, welche ihn zum Geliebten hinzieht. Sie ist eine Kraft, welche den Menschen drängt und antreibt. Sie ist eine Kraft, welche über den Menschen kommt, und die den Menschen zur Fülle seines Lebens bewegt: zur Vereinigung und zur Fruchtbarkeit.
Wenn wir das Hohelied nicht im Lichte des Bräutigams lesen, der uns von den Propheten vorgestellt wird (Is 54,5-8; 62,4-5; Jer 2,2), und über den Jahre später Johannes der Täufer sich freut (Joh 3,29; vgl. Mt 9,15; Offb 21,2; 22,17), dann geraten wir in die falsche Richtung, nämlich in die Richtung der platt erotischen Interpretation des Hohenliedes und einer Entfremdung des heiligen Textes. Deshalb macht uns der heilige Paulus darauf aufmerksam, dass wir die bräutliche Liebe an der Liebe Christi zu seiner Kirche messen müssen. Die Liebe Christi ist für jede echte Liebe massgebend. Was echte Liebe sein will, muss sich von der Liebe Christi leiten lassen, von jener Liebe, die, mit Blick auf das heutige Evangelium (Lk 10,38-42), das Bessere wählt, nämlich die vollkommene Hingabe an den Herrn. Es ist jene Liebe, welche sich ganz vom Bräutigam – von Jesus – vereinnahmen lässt.
Gerade für das Bischofsamt ist die Liebe entscheidend. Der Bischof muss immer das Bessere wählen und sich immer ganz vom Bräutigam, von Jesus, bestimmen lassen. Er ist ganz dem Herrn angetraut. Der Bischofsring erinnert den Bischof ständig an seine bräutliche Liebe, eine bräutliche Liebe, welche eben dem einen Bräutigam gilt, Christus dem Herrn. Cordis et corporis mei, Domine, digitos virtute decora, et septiformis Spiritus sanctificatione circumda. So betet der Bischof beim Anstecken des Rings. Damit traut er sich tagtäglich dem Bräutigam an. Damit bringt er vor allem seine Treue zum Bräutigam zum Ausdruck.
Mit dem Ring der Treue wird der Bischof auch einmal vor dem göttlichen Gericht stehen. Dann wird ihm auch die Frage gestellt, ob er immer das Bessere gewählt hat; ob seine Liebe für den Herrn stark war wie der Tod; ob er für den Herrn eine Leidenschaft hatte hart wie die Unterwelt, ob er um der Liebe zum Herrn willen jeden Reichtum verachtet hat.
Weil wir aus Erfahrung das menschliche Herz kennen und uns der vielen eigenen Schwächen und Fehler bewusst sind, lassen wir unseren Verstorbenen gerne unser Fürbittgebet und die Zuwendung des heiligen Messopfers zukommen – und angesichts ihrer einzigartigen Verantwortung ganz besonders unseren verstorbenen Bischöfen.
Amen.
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