Schweizer Bischofskonferenz

Impulse zur Erneuerung der Einzelbeichte im Rahmen der Busspastoral

Vollständiger Text

Dezember 2007

Geleitwort

Nach dem Johannesevangelium kommt Jesus am Abend von Ostern in die Mitte seiner Jünger, die hinter verschlossenen Türen versammelt sind, und spricht ihnen seinen Friedensgruss zu. Dann haucht er sie an und sagt zu ihnen: „Empfangt den Heiligen Geist. Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert“ (Joh 20, 22-23). Sündenvergebung ist demnach ein Ostergeschenk des auferstandenen Herrn, und zwar das erste und kostbarste, und zugleich ein Auftrag an die Kirche im Werden.

Sünde und Sündenvergebung sind etwas sehr Persönliches, das den einzelnen Menschen unmittelbar betrifft. Dabei wird in besonderer Weise deutlich, dass Gott den Menschen nicht einfach als Teil eines Kollektivs begegnet, sondern dass er jeden einzelnen persönlich kennt, ihn bei seinem Namen ruft und ihm einen Neuanfang ermöglicht, wenn er in Schuld gefallen ist. Ebenso persönlich soll deshalb auch unsere Antwort Gott gegenüber sein, auch und gerade bei der Verarbeitung von Schuld und Sünde, wie sie im persönlichen Bekenntnis im Beichtgespräch zum Ausdruck kommt. Das persönliche Bekenntnis ist letztlich die Sprachform, in der Sünde und Schuld ihren adäquaten Ausdruck finden können. Denn im Bekenntnis betätigt und bestätigt der Mensch seine eigene Freiheit als Ursprung seiner Schuld und verzichtet auf jedes Alibi und jede Schuldzuweisung an andere.

Diese persönliche Dimension von Sünde, Umkehr, Busse und Versöhnung ist in den vergangenen Jahren dem gläubigen Bewusstsein teilweise entschwunden. Denn es ist üblich geworden, das kirchliche Bussakrament in der Gestalt der gemeinsamen Bussfeier zu vollziehen. Diese Form hat durchaus ihren eigenen Sinn, wenn sie die kirchlich-öffentliche Dimension von Busse und Versöhnung zum Ausdruck bringt. Demgegenüber liegt der schöne Sinn der persönlichen Beichte darin, dass der einzelne Christ sein eigenes Leben aus der Taufe vor Gott überdenkt, sich selbst mit seiner eigenen Schuldgeschichte konfrontiert und sich durch sein Sündenbekenntnis vor dem Priester als Repräsentanten der Kirche vergewissert, dass auch er mit seiner Sünde der Glaubwürdigkeit der Kirche als des Leibes Christi Schaden zufügt. Im Beichtgespräch kann der Mensch sein schuldhaftes Verhalten zur Sprache bringen, seine Bereitschaft zur Erneuerung persönlich aussprechen und die tröstliche Zusage empfangen, dass die Sünden von Gott her vergeben sind. Denn das persönliche Schuldbekenntnis und der persönliche Empfang des Zuspruchs der Sündenvergebung entsprechen der persönlichen Zuwendung des dreifaltigen Gottes zu jedem einzelnen Getauften.

Wie die menschliche Schuld – bei all unseren Verbindungen mit der Gemeinschaft – letztlich etwas ungemein Persönliches ist, so soll auch deren Heilung, nämlich die Vergebung der Schuld und die Versöhnung Gottes mit uns Menschen, etwas sehr Persönliches sein. Deshalb ist es uns Schweizer Bischöfen ein grosses Anliegen, dass wir uns auf die individuelle und persönliche Dimension von Sünde und Vergebung zurückbesinnen. Die grundsätzlichen Überlegungen und die konkreten Erfahrungsberichte im vorliegenden Dokument sind diesem 2
Anliegen verpflichtet, zumal in der heutigen Zeit, in der ein besonderer Akzent auf die Individualität und Persönlichkeit des einzelnen Menschen gelegt zu werden pflegt. Wir Schweizer Bischöfe hoffen, dass unsere Überlegungen helfen, neuen Zugang und neue Freude am ersten und kostbarsten Ostergeschenk zu erhalten, das uns der Auferstandene gemacht hat.

+ Kurt Koch
Präsident der Schweizer Bischofskonferenz

 

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