Schweigen durchbrechen

Kirchenpolitik

Gregor der Grosse – Kirchenpolitik
‘Pastor bonus’
Der Seelsorger zeige Takt im Schweigen und rede, wenn es nützt

Um den Titel „ökumenischer Patriarch“ kam es zudem zu Auseinandersetzungen mit dem Patriarchen von Konstantinopel Johannes Nesteutes. Gregor war der bereits von Innozenz I. aufgestellte Anspruch der Vormacht Roms in der Gesamtkirche bewusst, ohne dass er diesen bedingungslos forciert hätte.

Gegenüber den noch immer zahlreichen Nichtchristen trat Gregor dagegen in der Regel äusserst intolerant auf; so gab er im Jahr 599 Order, die Heiden Sardiniens zum Übertritt zum Christentum zu zwingen:

„Wenn ihr feststellt, dass sie nicht gewillt sind, ihr Verhalten zu ändern, so befehlen wir, dass ihr sie mit grösstem Eifer verfolgt. Sind sie unfrei, so züchtigt sie mit Prügeln und Folter, um sie zur Besserung zu zwingen. Sind sie aber freie Menschen, so sollen sie durch strengste Kerkerhaft zur Einsicht gebracht werden, wie es angemessen ist, damit jene, die sich weigern, die Worte der Erlösung anzunehmen, welche sie aus den Gefahren des Todes erretten können, durch körperliche Qual dem erwünschten gesunden Glauben zugeführt werden.”

Hatte einige Jahrzehnte zuvor noch Theoderich der Grosse konstatiert, es sei unmöglich, die Annahme einer Religion zu befehlen (Religionem imperare non possumus, Cass. Var. 2,27), so sollte Gregors Befürwortung gewaltsamer Bekehrung für das westeuropäische Mittelalter wegweisend werden. Historisch bedeutend war auch seine Entscheidung, Missionare nach Britannien zu entsenden, womit er die Konversion des angelsächsischen Königs Æthelberht von Kent zum Christentum herbeiführte. Damit wurde der Grundstein für ein neues gesamtabendländisches Kirchenbewusstsein gelegt, mit dem römischen Papsttum an der Spitze.

Als „Mönchspapst“ nannte sich Gregor „Knecht der Knechte Gottes“ (servus servorum dei), was bis heute Bestandteil der päpstlichen Titulatur blieb. Er war von der Mönchsregel des Benedikt von Nursia derart beeindruckt, dass er sie für die gesamte Kirche als verbindlich erklärte und selbst auch dem benediktinischen Lebensstil folgte. Nach Ansicht mancher heutiger Forscher war es allerdings Gregor selbst, der die Regel formulierte, oder einer seiner Schüler. In seiner Grabinschrift wird er zudem als consul Dei, also als „Gottes Konsul“ bezeichnet. Die Armenfürsorge wurde ein wichtiges Element seines Pontifikats. Die Getreideversorgung der damals wohl noch immer etwa einige Zehntausend Einwohner zählenden Stadt Rom, die eigentlich dem Kaiser oblag, war mangelhaft, weshalb Gregor die riesigen Ländereien der Kirche in Süditalien und Sizilien neu organisierte und bewirtschaften liess. Zu Anfang jedes Monats fand eine allgemeine Verteilung von Lebensmitteln statt. Ebenso mahnte Gregor die anderen Bischöfe, dass der Darbende nur dann für die Predigt empfänglich sei, wenn ihm zuvor eine „helfende Hand“ gereicht worden sei. Almosen betrachtete er als Gott dargebrachtes Opfer, das letztlich Gnade im Gottesgericht erwirkt.

Gregor schrieb den Begriff Papst als ausschliessliche Amtsbezeichnung für den Bischof von Rom fest. Mit ihm trat das Papsttum von der Spätantike ins Mittelalter über.

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