„Es gibt Verbrechen gegen die Menschlichkeit”
Ein Ordenspriester und ein Grossimam engagieren sich gegen Fanatismus
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Ehemann und Tochter von Asia Bibi beim Papst
„Ich erhalte Drohungen wegen meiner Arbeit. Aber ich werde nicht aufgeben“, erklärte der Grossimam der zweitgrössten Moschee Pakistans, Abdul Khabir Azad, gegenüber Kirche in Not.
Gemeinsam mit dem Dominikanerpater James Channan engagiert er sich seit Jahren für den christlich-islamischen Dialog. Der Ordenspriester leitet ein Friedenszentrum in der pakistanischen Metropole Lahore.
„Wir müssen so viele Gemeinsamkeiten finden, wie wir können. Das kann eine Bekehrung des Herzens bewirken, so dass Muslime die Christen als gleichwertige und wertvolle Mitbürger anerkennen“, sagte Channan.
Obwohl die Christen nur rund zwei Prozent der pakistanischen Bevölkerung stellten, würden sie immer wieder von islamistischen Milizen angegriffen. So hätten zum Beispiel im Frühjahr zwei Selbstmordattentäter Anschläge auf christliche Kirchen verübt. Etwa 20 Menschen seien getötet und mehr als 70 verletzt worden.
Bei solchen Ereignissen versuchten die beiden Geistlichen schnell zu handeln, um eine Eskalation der Lage zu verhindern. So habe Khabir Azad am darauffolgenden Tag eine Kundgebung vor seiner Moschee abgehalten, bei der er den Terror entschieden verurteilte und zur Unterstützung für die christlichen Gemeinden aufrief.
Der Grossimam konzentriert sich in seiner Arbeit vor allem auf islamische Geistliche in den ländlichen Gebieten. Diese seien oft Anstifter für religiös motivierte Gewalt. Pater Channan möchte mit interreligiösen Tagungen und Workshops sowie einer eigenen Zeitschrift Vorurteile auf beiden Seiten abbauen.
Missbrauch des Blasphemiegesetzes
„Ziel ist es nicht, den Gesprächspartner zu bekehren, sondern gemeinsam zum Respekt vor anderen Religionen und zu einem friedlichen Zusammenleben beizutragen“, sagte Channan.
Hier gebe es noch viele Hindernisse zu überwinden. Die beiden Geistlichen weisen insbesondere auf den Missbrauch des sogenannten Blasphemiegesetzes hin, das von Islamisten immer wieder herangezogen werde, um Gewalt gegenüber Christen zu legitimieren.
So seien im November 2014 eine schwangere christliche Frau und ihr Mann unter dem Vorwurf, sie hätten den Koran entweiht, misshandelt und bei lebendigem Leib verbrannt worden. „Das sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, erklärten Channan und Khabir Azad.
Umso wichtiger sei es, die gemeinsame Friedensarbeit fortzusetzen – dazu sei auch weiterhin Unterstützung aus dem Ausland nötig. Für den Grossimam ist die Botschaft von Jesus als „Friedensfürst“, die er auch als gläubiger Muslime nachvollziehen könne, Inspiration für seine Arbeit. Und Pater Channan betont: „Evangelisierung und interreligiöser Dialog sind die beiden Schienen, auf denen der Zug des Katholizismus fährt.“
Das auch in Pakistan umstrittene Blasphemiegesetz wurde 1986 in der Zeit der islamistischen Militärdiktatur eingeführt. Die Hoffnungen auf eine Revision zerschlugen sich, als der erste christliche Minister für Minderheiten, Shahbaz Bhatti, im Jahr 2011 von Taliban-Rebellen ermordet wurde.
Internationale Bekanntheit erlangte der Fall der Christin Asia Bibi, die wegen angeblicher Gotteslästerung zum Tod verurteilt wurde. Unter anderem hatte sich auch der damalige Papst Benedikt XVI. für die fünffache Mutter eingesetzt.
Die Berufung gegen das Urteil wurde im Oktober 2014 zurückgewiesen, ein weiteres Verfahren vor dem höchsten pakistanischen Gericht steht noch aus.
Kirche in Not unterstützt die christliche Minderheit in Pakistan. Das Hilfswerk fördert zum Beispiel die Priesterausbildung, den Druck religiöser Schriften oder die „Kommission für Gerechtigkeit und Frieden“, die sich für eine Revision des Blasphemiegesetzes einsetzt und angeklagte Christen unterstützt.
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