Papst Franziskus verfolgt mit Sorge den G20-Gipfel in Hamburg
Papst: „Allianz der Mächtigen der G20 zu Lasten der Armen”
Papst Franziskus verfolgt mit Sorge den G20-Gipfel in Hamburg. Das sagte er bereits am Donnerstag dem italienischen Journalisten Eugenio Scalfari, worüber dieser als Herausgeber der Tageszeitung „La Repubblica“ am Samstag schrieb. „Ich fürchte, dort (beim Gipfel) sind ziemlich gefährliche Allianzen zwischen Mächten, die eine verzerrte Vorstellung der Welt haben: Amerika und Russland, China und Nordkorea, Putin und Assad im Syrienkrieg“, sagte der Papst nach Angaben des 93 Jahre alten Journalisten, der allerdings eigenen Angaben zufolge keine Aufnahmegeräte nutzt und Gespräche mit dem Papst erst im Nachhinein aus dem Gedächtnis rekonstruiert.
Am Freitag hatte Franziskus den in Hamburg versammelten mächtigsten Staats- und Regierungschefs der Welt eine Botschaft geschickt und sie zu „verantwortungsbewusster Solidarität“ aufgefordert. Der Hamburger Gipfel der 20 reichsten Länder der Welt endet am Samstag.
Das Risiko solcher gefährlichen Allianzen der Mächtigen betrifft die Migration, fuhr der Papst im Gespräch mit Scalfari fort. Das Hauptproblem in der Welt von heute, „und leider nimmt es zu“, ist das der Armen, der Schwachen, der Ausgeschlossenen, zu denen die Emigranten gehören. Einige Länder, die wenig eigene Arme hätten, fürchteten „die Invasion der Migranten“, so der Papst nach Angaben Scalfaris. „Aus diesem Grund sorge ich mich um den G20-Gipfel: weil er besonders die Immigranten der Länder der halben Welt trifft und sie im Lauf der Zeit immer mehr treffen wird“.
Franziskus ordnete die Wanderungsbewegung nach Europa in eine historische Perspektive ein. „Machen wir uns keine Illusionen: Die armen Völker sind angezogen von den Kontinenten und Ländern alten Reichtums. Besonders von Europa. Der Kolonialismus ging von Europa aus. Es gab positive Aspekte im Kolonialismus, aber auch negative. Und Europa wurde reicher, der reichste Kontinent der Welt. Er ist das Hauptziel der Migrantenvölker.“
Eine engere Zusammenarbeit der europäischen Länder ist in dieser Lage aus Sicht des Papstes das Gebot der Stunde. „Entweder Europa wird eine föderale Gemeinschaft oder es wird in der Welt nichts mehr zählen.“
Der Hauptteil des Gesprächs drehte sich Scalfari zufolge um Gott als einzigen Schöpfer des Universums. Überdies sprachen der Papst und sein Gast über Spinoza und Pascal, dessen Seligsprechung der nichtglaubende Journalist befürworten würde. Franziskus habe ihm zugesagt, die zuständige Vatikanbehörde um eine Einschätzung zu bitten, schreibt Scalfari; er selbst – der Papst – glaube auch, dass der französische Gelehrte die Seligsprechung verdiene.
Zum Abschied hilft der Papst dem betagten Journalisten ins Auto, schliesst die Autotür und winkt dem Gast noch nach. „Ich habe schon oft geschrieben, dass Franziskus ein Revolutionär ist“, resümiert Scalfari, „er denkt an eine Seligsprechung Pascals, er denkt an die Armen und die Migranten, er will ein föderales Europa und – zu guter Letzt – er hilft mir mit eigenen Händen ins Auto. Einen solchen Papst haben wir noch nie gehabt.“
rv 08.07.2017 gs
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