Eine Heilsgeschichte, die die Menschheitsgeschichte umgreift

 Wir haben eine Mutter war der schlichte Satz, den der Papst über seinen Besuch am 13. Mai im Marienheiligtum Fatima gestellt hat

Quelle
Am Ende wird mein unbeflecktes Herz triumphieren

Von Guido Horst, 6. Juli 2017, Vatican Magazin

Franziskus sprach dort nicht über Prophezeiungen oder die drei Geheimnisse, die die himmlische Frau den drei Seherkindern mitteilte. Er sprach über den Kern dessen, was so viele Menschen jetzt Mitte Mai – es war mindestens eine halbe Million – nach Fatima zog: Wir haben eine Mutter im Himmel, die unbefleckt empfangene Jungfrau und Gottesmutter, und die greift auch in unsere Wirklichkeit ein. Das gilt für alle grossen Marienerscheinungen des neunzehnten Jahrhunderts, und das gilt dann, zu Beginn des dunklen zwanzigsten Jahrhunderts, erst recht für Fatima. Der Himmel erlaubte sich die Frechheit, über geheimnisvolle Botschaften an drei Kinder, die zudem nur schwer zu interpretieren sind, der Welt mitzuteilen, dass die Menschheitsgeschichte, so wie sie in den Nachrichten zu verfolgen ist, noch einmal eingebettet ist in eine Heilsgeschichte, in der es um den Erlöser Jesus Christus geht, um die Kirche, um Engel und die Gottesmutter, um die Verfolgung von Christen, um verlorene Seelen und das Elend von Nationen.

Es ist, woran Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin bei der Messfeier in dem Heiligtum am Vorabend der Heiligsprechung von Francisco und Jacinta Marto erinnerte, die Geschichte einer sich im Krieg befindende Menschheit und einer leidenden Kirche. Aber auch einer Geschichte, die gut enden werde, denn die Botschaft der Gottesmutter gipfele in dem Satz:

„Am Ende aber wird mein Unbeflecktes Herz triumphieren“.

Was schliesslich den Krieg gewinnen werde, so Parolin, sei ein Herz: „Das Herz der Mutter wird den Sieg erringen, an der Spitze von Tausenden ihrer Söhne und Töchter.“

Ob Heiligsprechungen – anders als Seligsprechungen – unfehlbare Akte des obersten Lehramts der Kirche sind, darüber streiten die Theologen.

Als Franziskus auf dem Rückflug von Fatima vor Journalisten sagte, die heutigen Erscheinungen in Medjugorje hätten „keinen Wert“, war das in jedem Fall nicht unfehlbar, sondern seine private Meinung.

Aber indem er jetzt die Seherkinder Francisco und Jacinta in das Buch der Heiligen aufnahm, hat er dem Inhalt ihrer Visionen nun nochmals das Gütesiegel aufgedrückt. Und damit jener Sicht auf die Geschichte, auch die der jüngsten Vergangenheit und der Gegenwart, die auf den Nachrichtenseiten der Zeitungen nicht erscheint. Auch katholische Medien bemühen meistens das „soll“: Maria „soll“ in Fatima Kindern erschienen sein. Oder sie flüchten sich in die Formulierung „der Legende nach“, wenn sie von den Erscheinungen dort sprechen. Für alle, die innerhalb und ausserhalb der Kirche so leben, als ob es Gott nicht gebe, muss Fatima ein beunruhigender Gedanke sein.

Eine Erinnerung daran, dass Gott in die Geschichte der Menschen eingetreten ist und das es so etwas wie eine Heilsgeschichte und ein persönliches Seelenheil gibt. Fatima ist darum auch ein Menetekel, das mit ernsten Bildern verstörende Worte auf die glitzernde Oberfläche unserer den jähen Effekt suchenden Nachrichtenwelt schreibt. Die Menschheitsgeschichte ist zweidimensional, die eigentliche Heilsgeschichte, die sie umschliesst, ist dreidimensional. Auf sie kommt es letztlich an. Darum ist sehr zu empfehlen, was der Exeget Klaus Berger in dieser Ausgabe über die Apokalypse des Johannes geschrieben hat. Um den Sinn dieser Welt zu verstehen, reicht es eben nicht aus, die grossen Nachrichtenblätter unserer Zeit zu lesen.

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