Abschlussbericht zu Missbrauchsfällen bei Regensbuger Domspatzen
P. Hans Zollner lobt Abschlussbericht zu Missbrauchsfällen bei Regensbuger Domspatzen
P. Zollner fordert Aufklärung und Präventionsarbeit – Papst Franziskus steht für „Null Toleranz“
Zenit.org, 21. Juli 2017, Britta Dörre
Domspatzen-Skandal – Müller sieht keine Basis für Anschuldigungen
Abschlussbericht
Pater Hans Zollner SJ, Präsident des Zentrums für den Schutz Minderjähriger an der Päpstlichen Universität Gregoriana, äusserte sich in einem Interview gegenüber der italienischen Ausgabe von Radio Vatikan am 19. Juli 2017 zufrieden über die Ergebnisse, die Anwalt Ulrich Weber in seinem Abschlussbericht über die Missbrauchsfälle bei den Regensburger Domspatzen am 18. Juli 2017 vorgestellt hatte.
P. Zollner lobte den Mut von Bischof Rudolf Voderholzer, Licht ins Dunkel zu bringen und die Sachlage umfassend aufzuklären. Bischof Voderholzer ist seit 2013 Bischof des Bistums Regensburg. Auch für die rigorose Arbeit des Anwalts Ulrich Weber fand P. Zollner lobende Worte.
Anwalt Weber habe ein Expertenteam bei seinen Ermittlungen zur Seite gestanden. P. Zollner betonte, dass es wichtig sei, sich der Realität mit ihren Ungerechtigkeiten, Sünden und Verbrechen zu stellen, die von Priestern und Angestellten der Kirche begangen worden seien.
Eine Mitschuld trügen auch die Behörden, weil sie ihre Augen vor der Wahrheit verschlössen hätten, um dem Ansehen der prestigeträchtigen Schule der Regensburger Domspatzen nicht zu schaden, räumte P. Zollner auf eine Nachfrage ein. P. Zollner ist selbst gebürtiger Regensburger und weiss um den immensen Druck, der auf den Schülern und den Lehrbeauftragten der Schule der Regensburger Domspatzen lastete. Bis in die 60er Jahre sei es teilweise üblich gewesen, Schüler körperlich zu züchtigen. Damals hätten Kinder und Eltern von der Gewalt gewusst, aber es habe an der nötigen Sensibilität gefehlt, um öffentlich einzuschreiten und die Gewalt gegen die Schüler zu unterbinden, erzählte P. Zollner.
Daher betrachtet er die Veröffentlichung des Abschlussberichts von Anwalt Weber als einen umso wichtigeren Schritt. Die Informationen trügen dazu bei, Missbrauchsfällen in Zukunft vorzubeugen. Man könne sehr viel in der Prävention tun, erklärte P. Zollner, indem z.B. für Erziehung und Ausbildung geeignetes Personal ausgewählt werde, d.h. gesunde, ausgeglichene Menschen, denen die Grenzen ihrer Kompetenzen bewusst seien und die Gewalt nicht nur als unzulässig, sondern als kriminelle Tat auffassten.
Vorwürfe waren im Zusamenhang mit der Vorstellung des Abschlussberichtes auch gegen den ehemaligen Bischof von Regensburg, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, laut geworden. Kardinal Müller stand der Diözese von 2002 bis 2012 als Bischof vor und war 2010, als die Missbrauchsfälle öffentlich bekannt wurden, mit ihrer Aufarbeitung beauftragt worden. Kardinal Müller wies in einem Interview mit der „Passauer Neuen Presse“ die Vorwürfe, nicht entschieden genug an der Aufarbeitung mitgewirkt zu haben, von sich. Dem ehemaligen Chorleiter Georg Ratzinger, Bruder des Papstes emeritus Benedikt XVI., wird von Anwalt Weber vorgehalten, körperliche Gewalt nicht unterbunden zu haben. Von sexuellem Missbrauch habe Ratzinger allerdings keinerlei Kenntnis gehabt, stellte Anwalt Weber fest, wie der Bayerische Rundfunk berichtet. Anwalt Weber erklärte, es habe in der Schule eine „Kultur des Schweigens“ geherrscht.
Von 1945 bis in die frühen 90er Jahren erlitten 547 Schüler körperliche und psychologische Misshandlungen, 67 wurden sexuell missbraucht. 49 Täter, Priester und weltliche Mitarbeiter der Schule, konnten ausfindig gemacht werden, neun von ihnen sind wegen sexuellen Missbrauchs angeklagt. Das Bistum zahlt den Opfern eine Entschädigung bis zu 20.000 Euro.
Die Unterstützung von Papst Franziskus ist sicher, er steht für „Null Toleranz“:
„Hören wir das Weinen und die Wehklage dieser Kinder; hören wir auch das Weinen und die Wehklage unserer Mutter Kirche, die nicht nur über den Schmerz, der ihren kleinsten Kindern zugefügt wurde, weint, sondern auch weil sie die Sünde einiger ihrer Glieder kennt: das Leid, die Geschichte und den Schmerz von Minderjährigen, die von Priestern sexuell missbraucht wurden. Eine Sünde, die beschämt. Menschen, die verantwortlich waren, für diese Kinder zu sorgen, haben ihre Würde zerstört. Wir beklagen dies zutiefst und bitten um Vergebung. Wir vereinen uns mit dem Schmerz der Opfer und beweinen unsererseits die Sünde. Die Sünde für das, was geschehen ist; die Sünde der unterlassenen Unterstützung; die Sünde des Vertuschens und Leugnens; die Sünde des Machtmissbrauchs. Auch die Kirche beweint bitterlich diese Sünde ihrer Glieder und bittet um Vergebung. Wenn wir heute der Unschuldigen Kinder gedenken, möchte ich all unseren Einsatz bekräftigen, damit diese Gräueltaten unter uns nicht mehr vorkommen. Finden wir den nötigen Mut, um alle notwendigen Mittel zu fördern und um in allem das Leben unserer Kinder zu schützen, damit sich solche Verbrechen nicht mehr wiederholen. Machen wir uns den Auftrag zu „null Toleranz“ in diesem Bereich klar und aufrichtig zu Eigen“, (Papst Franziskus, Schreiben an die Bischöfe am Tag der Unschuldigen Kinder, 28. Dezember 2016).
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