Papst Pius XII.
‘Menti Nostrae’ – Apostolisches Mahnwort über die Heiligkeit des Priesterlebens
Pius XII. durch Gottes Vorsehung Papst an den Klerus der gesamten katholischen Welt, der in Frieden und Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhl lebt
Einleitung
Ehrwürdige Brüder und geliebte Söhne Gruss und Apostolischen Segen
In Unserem Geiste hören wir immer wieder die Stimme des göttlichen Erlösers, wie er zu Petrus spricht: “Simon, Sohn des Jonas, liebst du mich mehr als diese?… Weide meine Lämmer, weide meine Schafe” (Joh 21, 15.17); und ferner das folgende Mahnwort, das der Apostelfürst an die Bischöfe und Priester, seiner Zeit richtete: “Weidet die Herde Gottes, die euch anvertraut ist.., als ein lauteres; Vorbild für die Herde” (1 Pt 5, 2.3).
In ernster Erwägung dieser Worte halten Wir es für eine vordringliche Aufgabe Unseres höchsten Amtes, nach allen Kräften anzustreben, dass die Bemühungen der Hirten und Priester, die das christliche Volk anleiten sollen, das Böse zu meiden, die Gefahren zu überwinden und nach Heiligkeit zu streben, von Tag zu Tag wirksamer werden. Das ist eine dringende Notwendigkeit gerade für unsere Zeit, in der die Völker immer noch unter der Auswirkung des letzten Weltkrieges mit großen Schwierigkeiten zu ringen haben und darüber hinaus aufs heftigste von einer Geistesverwirrung heimgesucht werden. Die Feinde der katholischen Kirche sind durch die gegenwärtige soziale Lage ermutigt und suchen mit Hass und versteckter List die Menschen von Gott und Jesus Christus zu trennen.
Die Notwendigkeit einer christlichen Erneuerung, die heute alle Gutgesinnten einsehen, treibt Uns, Sinn und Herz vor allem den Priestern des ganze Erdkreises zuzuwenden, da Wir wissen, dass die unscheinbare, wachsame, eifrige Tätigkeit der Priester, die mitten im Volke leben und mit seinen Entbehrungen und Leiden, körperlichen und seelischen Nöten vertraut sind, die allgemeine Sittlichkeit durch die Vorschriften des Evangeliums erneuern und Christi “Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens” (Praef. Miss. in festo Iesu Christi Regis) unerschütterlich fest auf Erden aufrichten kann.
Doch kann das Priesteramt seine volle Wirksamkeit, die ganz den Forderungen dieser unserer Zeit entspräche, nur dann entfalten, wenn die Priester ihrem Volk durch den Glanz hervorragender Heiligkeit voranleuchten; sie sollen würdige “Diener Christi” sein, treue “Verwalter der Geheimnisse Gottes” (vgl. 1 Kor 4, 1), wirksame “Helfer Gottes” (vgl. 1 Kor 3, 9) ausgerüstet zu jedem guten Werk (vgl. 2 Tim 3, 17).
Darum glauben Wir auf keine geeignetere Art dem gesamten Klerus – der zu Unserem goldenen Priesterjubiläum durch Aufopferung von Gebeten Uns seine Ergebenheit bezeugt hat – Unsere dankbare Gesinnung äußern zu können, als dass wir alle Kleriker in väterlicher Gesinnung auffordern, nach jener Heiligkeit zu streben, ohne die das ihnen anvertraute Amt nicht fruchtbar sein kann. Das Heilige Jahr, das Wir in der Hoffnung auf eine allgemeine Erneuerung der Sitten durch die Vorschriften des Evangeliums angekündigt haben, möge, so wünschen Wir, vor allem bewirken, dass die Leiter des christlichen Volkes freudiger dem Gipfel der Tugend zueilen und in dieser Gesinnung und Ausrüstung die ihnen anvertraute Herde im Geiste Christi erneuern.
Wenn die heute so großen Aufgaben der christlichen Gesellschaft von den Priestern dringender als sonst noch innere Vollkommenheit fordern, so bleibt doch zu beachten, dass sie schon allein durch die Eigenart des erhabenen, von Gott empfangenen Amtes gehalten sind, immer und überall mit allen Kräften nach Heiligkeit zu streben.
Wie Unsere Vorgänger, vor allem Pius X. und Pius XI. gelehrt und Wir selber in den Enzykliken Mystici Corporis und Mediator Dei angedeutet haben, ist das Priestertum das große Geschenk des göttlichen Erlösers, der das von ihm selbst am Kreuze vollbrachte Erlösungswerk bis an das Ende der Zeiten fortzuführen der Kirche übertrug, die nach seinem Willen Teilhaberin seines einen und ewigen Priestertums wurde. Der Priester ist gleichsam ein zweiter Christus, da er das unauslöschliche Zeichen trägt, durch das er zu einem lebendigen Abbild unseres Erlösers wird. Der Priester vertritt Christus, der gesagt hat: “Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch” (Joh, 20, 21). “Wer euch hört, der hört mich” (
Lk, 10, 16 ). Wer von Gott berufen mit diesem erhabenen Amt betraut wurde, “hat die Menschen bei Gott zu vertreten, damit er Gaben und Opfer darbringe für ihre Sünden” (Hebr, 5, 1). An ihn muss sich daher jeder wenden, der das Leben des göttlichen Erlösers führen und Kraft, Trost und Nahrung für seine Seele finden will. Von ihm soll jeder die nötigen Heilmittel erbitten, der aus der Sittenverderbnis zurückstrebt zum rechten Weg. Daher können mit vollem Recht alle Priester die Worte des Völkerapostels auf sich anwenden: “Gottes Mitarbeiter sind wir” (1 Kor 3, 9).
Diese erhabene Würde fordert von den Priestern, ihrem verantwortungsvollen Amt mit größter Gewissenhaftigkeit nachzukommen. Da es ihre Pflicht ist, auf Erden Gottes Ehre zu fördern und der Pflege und dem Wachstum des mystischen Leibes Christi zu dienen, müssen sie unbedingt sich so durch Heiligkeit auszeichnen, dass durch sie “Christi Wohlgeruch” (2 Kor 2, 15) sich überallhin verbreite.
Gerade an dem Tage, an dem ihr, geliebte Söhne, zur Würde des Priestertums erhoben wurdet, hat euch der Bischof feierlich im Namen Gottes die von euch zu erfüllende Aufgabe mit folgenden Worten angegeben: “Erkennet, was ihr tut, ahmet nach, was ihr in den Händen tragt, damit, wenn ihr das Geheimnis des Todes Christi feiert, eure Glieder abgetötet von allen Lastern und Begierden seien. Eure Lehre sei ein geistiges Heilmittel für das Volk Gottes; eure Lebensführung sei, die Freude der Kirche Christi, auf dass ihr durch Predigt und Beispiel das Haus erbauet, die Familie Gottes” (Pontificale Rom., De ord. presbyt.).
Frei von aller Sünde soll euer Leben, mehr als das der Christen aus dem Laienstande, verborgen sein mit Christus in Gott (Kol 3, 3); durch diese Tugend, die eure Würde verlangt, sollt ihr weiterarbeiten an der Vollendung der Erlösung der Menschheit, wozu euch die Priesterweihe bestimmt hat.
Das ist die Aufgabe, die ihr frei und freudig auf euch genommen habt: seid heilig wie euer Dienst heilig ist.
I. Teil
Heiligkeit des Lebens
Nach der Unterweisung des göttlichen Meisters (Mt 22, 37.38.39) beruht die Vollkommenheit des christlichen Lebens vor allem auf der Liebe zu Gott und zu dem Nächsten, die stark, eifrig und tätig sein muss. Sie umfasst nämlich in dieser Form gleichsam alle Tugenden (vgl. 1 Kor 13, 4f.) und kann so mit vollem Recht “das Band der Vollkommenheit” (Kol 3, 14) genannt werden. In allen Lebenslagen muss daher der Mensch sein Sinnen und Trachten auf dieses Ziel hin ausrichten.
Dazu ist aber vor allem der Priester verpflichtet, denn alle seine priesterlichen Handlungen müssen ihrer Natur nach dieses Ziel haben; gerade deshalb ist er von Gott berufen und mit einem göttlichen Amt und Charisma ausgezeichnet worden. Er soll mit Jesus Christus mitarbeiten, dem einen und ewigen Priester. Ihm muss er daher folgen, ihn nachahmen, der in der Zeit seines Erdenlebens nur das Eine kannte: dem Vater seine brennende Liebe zu bezeugen und die unerschöpflichen Schätze seines Herzens den Menschen zu schenken.
Nachfolge Christi
In der Seele des Priesters muss der höchste Beweggrund der sein, in engster Verbindung mit dem göttlichen Erlöser zu leben, die Vorschriften der christlichen Lehre unversehrt und mit williger Bereitschaft zu umfassen, für ihre Verwirklichung sich immer und überall so einzusetzen, dass all seinem Tun der katholische Glaube voranleuchtet und seine Handlungsweise den Glanz dieses Glaubens gleichsam widerspiegelt.
Dem Strahl dieser Tugend folgend soll er beständig seine Augen auf Christus richten; er komme auf das gewissenhafteste seinen Geboten, Handlungen und Beispielen nach und es sei seine feste Überzeugung, dass es nicht genüge, die Pflichten der Christgläubigen zu erfüllen, dass es vielmehr notwendig sei, von Tag zu Tag mit rascherem Schritt zu jener Vollkommenheit des Lebens zu eilen, die die erhabene Würde des Priesters fordert, der Vorschrift entsprechend: “Die Kleriker müssen äußerlich und innerlich ein heiligeres Leben führen als die Laien und ihnen durch Tugend und gute Werke als Beispiel vorangehen” (CIC, can. 124).
Wie das priesterliche Leben von Christus ausgeht, so muss es jederzeit voll und ganz auf ihn gerichtet sein. Christus aber ist das Wort Gottes, das nicht verschmähte, die menschliche Natur anzunehmen; das hier auf Erden lebte im Gehorsam gegen den Willen des Ewigen Vaters; das um sich den Glanz der Liebe verbreitete; das in Armut lebte; “das umherzog Wohltaten spendend und alle heilend” (Apg 10, 38); das sich zuletzt als Opfer für das Heil seiner Brüder darbot. Geliebte Söhne, diese Grundzüge jenes wunderbaren Lebens stehen vor euren Augen ; strebet mit allen Kräften, sie auf euch anzuwenden, eingedenk jener Ermahnung: “Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit auch ihr tut, wie ich an euch getan habe” (Joh 13, 15).
Der Anfang christlicher Vollkommenheit liegt in der Demut: “Lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen” (Mt 11, 29). Der Gedanke an die hohe Würde, zu der wir durch die Taufe und die Priesterweihe berufen wurden, und die Kenntnis unserer eigenen geistigen Unzulänglichkeit mögen uns jenes Wort Christi beherzigen lehren: “Ohne mich könnt ihr nichts tun” (Joh 15, 5).
Der Priester vertraue nicht auf seine eigene Kraft, freue sich nicht zu sehr über seine Gaben, hasche nicht nach Achtung und Lob der Menschen; er strebe nicht gierig nach höheren Ämtern, sondern ahme Christus nach, “der nicht kam um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen” (Mt 20,28); nach der Vorschrift des Evangeliums verleugne er sich selber (vgl. Mt 16, 24), hänge nicht zu sehr an den irdischen Gütern, um desto leichter und freier dein göttlichen Meister zu folgen. Was immer er sein Eigen nennt, was immer er ist, stammt aus Gottes Güte und Macht. Wenn er daher sich rühmen will, dann denke er an die Worte des Völkerapostels: “Meiner selbst will ich mich nicht rühmen, es sei denn meiner Schwachheiten” (2 Kor 12, 5).
Das Streben nach dieser im Lichte des Glaubens erstrahlenden Demut führt den Menschen zur Aufopferung des eigenen Willens in schuldigem Gehorsam. Christus selbst hat in der von ihm gegründeten Gemeinschaft eine rechtmäßige Autorität eingesetzt, die seine eigene beständig weiterführt, daher gehorcht dem göttlichen Erlöser selber, wer den kirchlichen Vorgesetzten gehorcht.
In unserer Zeit, welche die Grundlagen der Autorität freventlich zu erschüttern sucht, ist es unbedingt notwendig, dass der Priester, der den Sinn fest auf die Gebote des Glaubens richtet, eben diese Autorität anerkennt und nach Gebühr ihr folgt, nicht nur als der notwendigen Sicherung der Religion und der Gesellschaft, sondern auch als der Grundlage seiner persönlichen Heiligung. Während die Feinde Gottes in verbrecherischer List Einzelne aufstacheln und sie zu einem Widerstand gegen die Weisungen ihrer heiligen Mutter, der Kirche, verführen, loben Wir die große Schar der Priester und ermuntern sie väterlich, ihren christlichen Gehorsam klar zu zeigen und die unbedingte Treue gegen Christus und gegen die von ihm eingesetzte Obrigkeit aufrecht zu erhalten, da sie “für würdig erfunden wurden, um des Namens Jesu willen Schmach zu leiden” (Apg 5, 41), und nicht nur Schmach, sondern Verfolgungen, Kerker, ja selbst den Tod.
Der Priester wirkt im Bereiche des übernatürlichen Lebens, indem er es fördert und dem mystischen Leibe Christi mitteilt. Darum soll er den Dingen entsagen, die “der Welt angehören”‚ um nur an “die Sache des Herrn” (1 Kor 7, 32.33) zu denken. Da der Priester von den weltlichen Sorgen frei sein und sich ganz dem göttlichen Dienste widmen soll, hat die Kirche das Gesetz des Zölibats eingeführt, damit immer mehr zutage trete, dass er Diener Gottes und Vater der Seelen sei. Durch dieses Gesetz des Zölibats verliert der Priester nicht schlechthin die Aufgabe und Würde der Vaterschaft. Im Gegenteil sie wird ins Unermessliche gesteigert, da er ja nicht für dieses vergängliche Leben Nachkommenschaft zeugt, sondern für das unvergängliche ewige Leben.
Je mehr aber die priesterliche Keuschheit erstrahlt, desto größer wird die Einigung des Spenders der göttlichen Geheimnisse mit Christus zu einer “reinen, heiligen, makellosen Opfergabe” (Missale Rom., can.)
Damit wir aber diese Keuschheit als einen Schatz von unendlichem Wert mit aller Sorgfalt von jeder Beeinträchtigung bewahren, ist es angebracht und notwendig, gewissenhaft jene Ermahnung des Apostelfürsten zu befolgen, die wir täglich im Breviergebet wiederholen: “Seid nüchtern und wachet” (1 Pt 5, 8).
Wachet daher, geliebte Söhne, da ja eurer Keuschheit sich so viele Gefahren entgegenstellen, sei es wegen des Verfalls der öffentlichen Sitten, sei es wegen der Verlockungen der Laster, die heute so leicht auf euch lauern, oder endlich auch wegen jener heutzutage allzu zwanglos gewordenen Beziehung zwischen beiden Geschlechtern, die sich teilweise auch in die Ausübung des heiligen Amtes einzuschleichen wagt. “Wachet betet” (Mk 14, 38); seid immer eingedenk, dass eure Hände die heiligsten Dinge berühren und vergesset ferner nicht, dass ihr Gott geweiht seid und Ihm allein dienen müsst. Schon das Kleid, das ihr tragt, ist wie eine Mahnung, nicht der Welt, sondern Gott zu leben. Bewirkt daher mit aller Anstrengung und allem Eifer, im Vertrauten auf den mütterlichen Schutz der Jungfrau und Gottesgebärerin Maria, dass ihr täglich “unbefleckt, makellos, rein und keusch seid, wie es sich geziemt für Christi Diener und Ausspender der Geheimnisse Gottes” (Pontificale Rom., In ordin. Diacon.)
Hier halten Wir es für angebracht, in besonderer Weise euch zu ermahnen, dass ihr euch in der Leitung weiblicher Genossenschaften und Vereine so benehmt, wie es Priestern geziemt; vermeidet jede Vertraulichkeit; wenn immer eure Dienste notwendig sind, leistet sie als gottgeweihte Priester. Und wahret in der Leitung dieser Genossenschaft die Grenzen, die euer priesterliches Amt fordert.
Doch sollt ihr euch nicht damit begnügen, durch Übung der Keuschheit der Fleischeslust zu entsagen und euch im Gehorsam euren Vorgesetzten willig zu unterwerfen, ihr sollt darüber hinaus euren Sinn täglich mehr dem Reichtum und den irdischen Dingen entfremden. Immer und immer wieder ermahnen Wir euch, geliebte Söhne, die unbeständigen und vergänglichen Dinge dieser Welt nicht zu sehr zu lieben; schauet voll Verehrung auf das Beispiel der Heiligen aus alter und neuer Zeit, die den notwendigen Verzicht auf die äußeren Güter und grenzenloses Vertrauen auf die Vorsehung Gottes mit dem glühendsten priesterlichen Eifer zu verbinden wussten und wirklich Wunderbares leisteten. Dies aber im Vertrauen auf Gott, der niemals die notwendige Hilfe verweigert. Auch die Priester, die nicht durch ein besonderes Gelübde der Armut gebunden sind; sollen sich dennoch von der Liebe zur Armut leiten lassen. Diese Liebe soll sich in Maß und Einfachheit der Lebensweise und in der Schlichtheit der Wohnung äußern. Ihren letzten Siegel soll sie aber in einer edelmütigen Wohltätigkeit gegen die Armen finden. Vor allem jedoch sollen sie sich jener wirtschaftlichen Unternehmungen enthalten, die sie von der Ausübung ihres heiligen Amtes abhalten und die, ihnen von den Gläubigen schuldige Achtung beeinträchtigen können. Der Priester muss, da er verpflichtet ist, auf alle Weise für das Heil der Seelen zu sorgen, das Wort des Apostels Paulus auf sich anwenden: “Ich suche flieht eure Güter, sondern euch” (2 Kor 12, 14).
Wir hätten noch vieles zu sagen, was sich Unserem Geiste aufdrängt, wenn hier ausführlich von allen Tugenden zu sprechen wäre, durch die der Priester das göttliche Beispiel Jesu Christi in geeigneter Weise auf sich anwenden soll. Wir wollten euch aber nur einprägen, was in unserer Zeit vor allem notwendig zu sein scheint. Im übrigen möge es genügen, euch ins Gedächtnis zu rufen, was das goldene Büchlein der Nachfolge Christi sagt: “Der Priester muss geschmückt sein mit allen Tugenden und muss anderen das Beispiel eines tugendhaften Lebens geben. Er wandle daher nicht die gewöhnlichen und allgemeinen Menschenwege, sondern mit den Engeln im Himmel oder mit vollkommenen Männern auf Erden” (De imit. Christi, IV).
Notwendigkeit der Gnade für die Nachfolge Christi
Alle wissen, geliebte Söhne, dass es Christen und besonders Priestern nicht möglich ist, ohne Hilfe der göttlichen Gnade das bewundernswerte Beispiel des göttlichen Meisters im täglichen Leben nachzuahmen. Dabei müssen sie die von ihm selbst uns geschenkten Mittel der Gnade benützen und zwar um so notwendiger, je höher die Vollkommenheit ist, die erreicht werden soll und je größer die Schwierigkeiten, die aus der zum Bösen neigenden Natur entstehen. Aus diesem Grund halten Wir es für angebracht, zu jenen erhabenen und trostreichen Wahrheiten überzugehen, aus denen noch klarer hervorgeht, wie groß die Heiligkeit des Priesters sein muss und wie wirksam die von Jesus Christus uns geschenkten Mittel sind, um die Pläne der göttlichen Barmherzigkeit in uns verwirklichen zu können.
Wie das ganze Leben unseres Erlösers auf das Opfer seiner selbst hingeordnet war, so muss in gleicher Weise auch das Leben des Priesters, der Christi Bild in sich zur Darstellung bringen soll mit ihm, in ihm und durch ihn ein Gott wohlgefälliges Opfer werden.
Das Opfer, das der göttliche Erlöser am Kreuze auf dem Kalvarienberg darbrachte, war nicht nur die Darbringung seines eigenen Leibes, denn er gab sich zum Sühneopfer hin als Haupt des ganzen Menschengeschlechtes. Daher “empfiehlt er, indem er seinen Geist in die Hände des Vaters empfiehlt, als Mensch sich selber Gott, um alle Menschen Gott anheimzugeben” (Athanas, De incarnatione).
Genau das gleiche geschieht im Opfer des Altares, das eine unblutige Erneuerung des Kreuzesopfers ist: Christus opfert sich dem Ewigen Vater auf zu seiner Verherrlichung und zu unserem Heil. Da er aber, zugleich Priester und Opfer, als Haupt der Kirche handelt, sind alle Christen und in gewissem Sinn auch alle Menschen seine Opfergabe (Vgl. Hl. Augustinus, De civitate Dei; 1).
Wenn nun aber dies schon für alle Christen gilt, dann um so mehr für die Priester. Sie sind Diener des göttlichen Erlösers vor allem um das Opfer des Altares darzubringen. In diesem eucharistischen Opfer vertreten sie Christi Person und konsekrieren Brot und Wein zu Christi Leib und Blut. Dadurch gewinnen sie aus den Quellen übernatürlichen Lebens Schätze des Heils und jede Gnadenhilfe, die für sie persönlich und zur Erfüllung ihres Amtes notwendig ist.
Indem der Priester in engster Verbindung mit den göttlichen Geheimnissen steht, dürstet er von selber nach der Gerechtigkeit (vgl. Mt 5, 6) und wird sich heftig angetrieben fühlen, sein Leben der hohen Würde, die er bekleidet, anzugleichen und zwar durch das Verlangen nach Hingabe, weil er ja gleichsam sich selber mit Christus aufopfert. Darum soll er das eucharistische Opfer nicht nur feiern, sondern auch gewissermaßen innerlich leben. So kann er nämlich jene übernatürliche Kraft schöpfen, die eine vollständige Umwandlung und eine Teilnahme an dem Sühneleben des göttlichen Heilandes selber bewirkt.
Der heilige Paulus spricht das Grundgesetz der christlichen Vollkommenheit in der Aufforderung aus: “Ziehet an den Herrn Jesus Christus” (Röm 13, 14). Diese Worte sind zwar an alle Christen gerichtet, sie verpflichten aber in einer besonderen Weise die Priester. Nun bedeutet aber Christus anziehen nicht nur das Hören auf seine Lehre, sondern auch den Beginn eines neuen Lebens, das, wenn es im Glanz des Tabor erstrahlen soll, vor allem den Schmerzen und Qualen des auf Kalvaria leiden den Erlösers gleichförmig werden muss. Dies erfordert sicher eine große und dauernde Anstrengung, durch die unsere Seele gleichsam zum Opfer wird, um innerlich am Opfer Christi teilzunehmen. Diese schwere, dauernde Aufgabe wird nicht von einem schwachen Willen bewältigt, nicht von Sehnsüchten und Wünschen durchgeführt; sie fordert vielmehr eifriges, unermüdliches Tun, das zu einer fruchtbaren Erneuerung der Seele führt. Sie verlangt Übung der Frömmigkeit, die alles der Ehre Gottes unterordnet; sie erheischt tätige Buße, welche die ungeordneten Regungen der Seele lenkt und zügelt. Sie sei Liebestätigkeit, die unsere Gottes- und Nächstenliebe entzündet und uns zur Förderung jeder Art von Werken der Barmherzigkeit antreibt. Sie sei schließlich freudige Einsatzbereitschaft, die strebend und kämpfend Großes vollbringt.
Der Priester muss daher, was auf dem Altar geschieht, auf sich anzuwenden streben. Wie nämlich Jesus Christus sich selber aufopfert, so muss auch sein Diener mit ihm sich aufopfern; wie Jesus die Sünden der Menschen sühnt, so muss auch der Priester auf dem steilen Weg christlicher Aszese zur Läuterung seiner selbst und der Nächsten gelangen, wie ihn der hl. Petrus Chrysologus ermahnt: “Sei Opfer und Priester Gottes; verliere nicht, was dir die Macht Gottes gab und gewährte. Ziehe an das Kleid der Heiligkeit; wappne dich mit Keuschheit; Christus sei die Hülle deines Hauptes; deine Brust umgürte mit heiliger Wissenschaft; in dir brenne der Weihrauch des Gebetes; ergreife das Schwert des Geistes; mache dein Herz zum Altar und bringe so deinen Leib ohne Furcht Gott zum Opfer dar. Glaube, damit der Unglaube gestraft werde; faste, damit die Unmäßigkeit weiche; lege zu den Opfergaben die Keuschheit, damit die Wollust sterbe, die Frömmigkeit, damit die Gottlosigkeit abgetan werde. Rufe herbei die Barmherzigkeit, damit der Geiz entschwinde; damit die Torheit vernichtet werde, sollst du immerdar Heiligkeit aufopfern; so wird dein Leib zur Opfergabe, wenn er von keinem Sündenpfeil verwundet bleibt” (Sermo CVIII).
Was Wir allen Christen in der Enzyklika Mediator Dei zur Betrachtung vorgelegt haben, das wollen Wir hier in besonderer Weise für die Priester wiederholen: Christus ist Priester, aber Priester für uns und nicht für sich, indem er die Gebete und Verehrung des ganzen Menschengeschlechtes dem ewigen Vater darbringt. Er ist auch Opfer, aber für uns, indem er sich selbst an die Stelle des der Sünde verfallenen Menschen setzt. Nun fordert jenes Wort des Apostels “Seid so gesinnt wie Christus Jesus” von allen Christen, dass sie die Gesinnung des göttlichen Erlösers, die ihn beseelte, als er sich selbst aufopferte, zur eigenen Gesinnung machen, soweit das Menschen möglich ist; dass sie also der göttlichen Majestät demütige Unterwerfung, Anbetung, Ehre, Lob und Danksagung erweisen. Ferner fordert diese Gesinnung von ihnen, dass sie gleichsam den Zustand des Opfers annehmen, sich nach den Vorschriften des Evangeliums selber verleugnen, freiwillig und gern Buße üben, die begangenen Sünden verabscheuen und Sühne leisten. Sie fordert zuletzt, dass wir alle zusammen mit Christus den mystischen Tod am Kreuze erleiden, so dass wir die Worte des hl. Paulus auf uns anwenden können: “Mit Christus bin ich ans Kreuz geheftet”.
Geliebte Söhne und Priester, einen großen Schatz tragen wir in unseren Händen, eine kostbare Perle, nämlich die unerschöpflichen Reichtümer des Blutes Jesu Christi. Lasst uns diesen Schatz auf das reichlichste benützen und zwar so, dass wir uns selbst zusammen mit Christus dem ewigen Vater ganz zum Opfer darbringen und so wahre Vermittler der Gerechtigkeit werden “in den Dingen, die Gott betreffen” (Hebr 5, 1), damit unsere Gebete Gehör finden und überreiche Gnade für die Kirche und für alle Seelen. Nur dann, wenn wir nämlich gleichsam eins geworden sind mit Christus in seinem und unserem Opfer, werden wir unsere Stimmen mit dem Chor der Bewohner des himmlischen Jerusalem vereinen, “illi canentes iugimur almae Sionis aemuli” (Brev. Rom., Hymn. pro off. Dedic. Eccl.), nur dann werden wir, gestärkt durch die Kraft unseres Erlösers, von dem Gipfel der Heiligkeit, den wir erreicht haben werden, ohne Gefahr herabsteigen und werden allen Menschen durch unser priesterliches Amt Gottes überirdisches Licht und Leben spenden können.
Notwendigkeit des Gebetes und der geistlichen Führung
Vollkommene Heiligkeit fordert auch eine ständige Verbindung mit Gott. Damit aber diese Verbindung, die zwischen der Seele des Priesters und Gott bestehen soll, nicht im Ablauf der Tage und Stunden unterbrochen werde, hat die Kirche ihm die Pflicht des Stundengebetes auferlegt. Sie ist damit der Forderung des göttlichen Erlösers nachgekommen, der sagt: “Man muss allezeit beten und nicht nachlassen” (Lk 18, 1).
Denn wie die Kirche niemals aufhört zu beten, so wünscht sie auch das gleiche von ihren Söhnen und hält ihnen die Worte des Apostels Paulus vor: “Durch Ihn wollen wir Gott beständig Lobopfer darbringen, die Spende der Lippen, die seinen Namen preisen” (Hebr 13, 15). Den Priestern aber hat sie diese besondere Aufgabe anvertraut, dass sie zusammen und auch im Namen des Volkes beten und den Ablauf der Zeiten und Ereignisse Gott weihen.
In der Erfüllung dieser Pflicht führt der Priester durch die Jahrhunderte das fort, was Christus tat, der “in den Tagen seines Erdenlebens Gebet und Flehen unter lautem Rufen und Weinen darbrachte und wegen seiner Gottesfurcht Erhörung fand” (Heb 5, 7). Diese in Christi Namen verrichteten Gebete, “per Dominum nostrum Jesum Christum”‚ der unser Vermittler beim Vater ist und ihm ständig Genugtuung leistet durch seine Verdienste und den Preis seines kostbaren Blutes, haben ohne Zweifel eine besondere Wirksamkeit. Sie sind nämlich auf eine ganz besondere Weise “die Stimme Christi”‚ der “für uns betet als unser Priester, in uns betet als unser Haupt” (Hl. Aug., Enarr. in Ps. LXXXV, Nr. 1). Zugleich sind sie immer “die Stimme der Kirche”‚ welche die Bitten und Wünsche aller Christgläubigen zum Ausdruck bringt, die mit den Gebeten und dem Glauben des Priesters vereint, Jesus Christus lobpreisen, durch ihn dem ewigen Vater danken und von ihm täglich und stündlich die notwendige Hilfe erflehen. Was daher Moses einst tat, als er auf dem Berge die Arme zum Himmel erhob, mit Gott für sein bedrängtes Volk sprach und Barmherzigkeit erflehte, das erneuert sich gewissermaßen durch die Priester täglich.
Das Breviergebet trägt aber auch zur persönlichen Heiligung bei. Es erschöpft sieh nämlich nicht in der Rezitation fester Gebetsformeln oder in kunstvoll vorgetragenen Gesängen, auch nicht allein in der Einhaltung der Rubriken, noch in den äußeren Zeremonien des Gottesdienstes. Es geht dabei vor allem um einen Aufstieg von Geist und Seele zu Gott, damit wir uns den seligen Geistern anschließen, die ewig Gottes Lob singen (Vgl. Mediator Dei). Darum soll das kirchliche Stundengebet, wie es im Vorbereitungsgebet heißt, “würdig, aufmerksam und andächtig” verrichtet werden.
Der Priester muss diese Gebete in der Gesinnung des göttlichen Erlösers sprechen. Denn es ist gleichsam Christi Stimme, die durch seinen Priester vom gütigsten Vater die Wohltaten der Erlösung erfleht, es ist seine Stimme, der sich die Scharen der Engel und Heiligen im Himmel und die Menge der Christen auf Erden anschließen, um Gott gebührend zu lobpreisen. Es ist die Stimme Jesu Christi, unseres Fürsprechers, durch die wir die unerschöpflichen Schätze seiner Verdienste erlangen.
Überdenkt aufmerksam jene fruchtbaren Wahrheiten, die der Geist Gottes in der heiligen Schrift darbietet und von den Vätern und Kirchenlehrern erklärt werden. Bemüht euch bei der Lesung der von Gott geoffenbarten Worte nichts von diesem großen Schatz zu verlieren. Und damit euer Geist treu auf Gottes Stimme eingehe, verscheucht unermüdlich und mit Eifer all das, was eure Aufmerksamkeit ablenkt: seid innerlich gesammelt, damit ihr euch leichter und mit mehr Gewinn der Betrachtung der ewigen Dinge hingeben könnt.
In Unserer Enzyklika Mediator Dei haben Wir ausführlich dargetan, warum die Kirche im Kreislauf des liturgischen Jahres alle Geheimnisse des Lebens Jesus Christi ins Gedächtnis zurückruft und geordnet vor Augen stellt, und auch die Feste der Jungfrau Maria und der Heiligen feiern lässt. Diese Unterweisungen, die Wir allen Christen gegeben haben, weil sie für jeden von größtem Nutzen sind, müsst aber in besonderer Weise ihr Priester beherzigen, die ihr im liturgischen Jahresablauf durch das eucharistische Opfer und das Officium Divinum eine führende Rolle innehabt.
Um uns zu täglich größerem Eifer im Streben nach Heiligkeit anzuspornen, empfiehlt die Kirche außer dem eucharistischen Opfer und dem Breviergebet auch noch andere Übungen der Frömmigkeit. Davon möchten Wir hier einiges aufgreifen und euerer Beherzigung empfehlen.
Vor allem ermahnt sie uns zur Betrachtung, die den Geist auf auf das Überirdische und lässt an das Jenseits denken, entflammt zugleich aber in unserer Seele das Verlangen nach Gott und führt so zu Ihm hin. Diese heilige Betrachtung ist die beste Vorbereitung auf die Feier des hl. Messopfers und die daran anschließende Danksagung. Sie lässt uns die ganze Schönheit der Liturgie verkosten und die ewigen Wahrheiten und wunderbaren Beispiele und Vorschriften des Evangeliums betrachten. Diese Beispiele des Evangeliums und die Tugenden des göttlichen Erlösers müssen die Priester gewissenhaft anwenden.
Doch wie die körperliche Speise das Leben des Körpers nicht nährt, noch erhält und vermehrt, wenn sie nicht in unsere Substanz umgewandelt wird, so kann auch der Priester nicht die Herrschaft über sich selbst und seine Sinne gewinnen, noch seine Seele reinigen und nach Tugend streben, wie es seine Pflicht ist, auch nicht sein heiliges Amt treu, eifrig und ertragreich versehen, wenn er nicht die Geheimnisse des göttlichen Erlösers betrachtet. Er ist das höchste Vorbild der Vollkommenheit und die unerschöpfliche Quelle der Heiligkeit; sein Leben sollen wir nachleben.
Wir halten es daher für eine ernste Pflicht, euch in besonderer Weise zur Übung der täglichen Betrachtung zu ermahnen, eine Übung, die auch der Codex Iuris Canonici den Klerikern empfiehlt (Vgl. can. 125, 2). Denn wie die tägliche Betrachtung das Streben nach priesterlicher Vollkommenheit fördert, so entsteht aus ihrer Vernachlässigung jene Lauheit in religiösen Dingen, welche die Frömmigkeit mindert und erschlaffen lässt, die Antriebe zur Heiligkeit unterbricht oder verzögert und der Ausübung des heiligen Amtes schweren Schaden zufügt. Daher kann man mit vollem Recht behaupten, dass die besondere Wirksamkeit der Betrachtung durch nichts anderes erzielt und ihre tägliche Übung durch nichts anderes ersetzt werden kann.
Von der Betrachtung darf aber das mündliche Gebet nicht getrennt werden. Auch sollen nicht die übrigen Formen des Privatgebetes fehlen, die je nach den persönlichen Verhältnissen geeignet sind, die Verbindung der Seele mit Gott zu fördern. Doch ist dabei zu beachten: nicht die Häufung von Gebeten ist das Wichtigste, sondern Frömmigkeit und wahrer lebendiger Gebetseifer. Dieser Gebetseifer ist heute mehr denn je zuvor erforderlich, da der sogenannte Naturalismus in das Denken und Fühlen der Menschen eingedrungen und die Tugend von Gefahren aller Art bedroht ist, die zuweilen auch den Priestern in der Ausübung ihres Amtes entgegentreten. Was könnte besser vor diesen Fallstricken bewahren, was könnte geeigneter euren Geist zum Himmel erheben und euch zu einem Leben mit Gott anhalten, als das beständige Gebet zu Gott und das Flehen um seine Hilfe?
Da die Priester mit besonderer Berechtigung sich Söhne der Jungfrau Maria nennen können, müssen sie ihrer Mutter mit glühender Verehrung anhangen, sie mit großem Vertrauen anrufen und oft um ihren mächtigen Schutz flehen. Sie sollen sich daher bemühen, täglich den Rosenkranz zu beten, wie es die Kirche selbst empfiehlt (Vgl. CIC., can. 125, 2). Im Rosenkranzgebet werden uns die Geheimnisse unseres göttlichen Erlösers vor Augen geführt, wir werden “durch Maria zu Jesus” geführt.
Außerdem soll der Priester, bevor er seine Tagesarbeit beschließt, Christus im Tabernakel besuchen und dort wenigstens für kurze Zeit verweilen, um Jesus in seinem Sakrament der Liebe anzubeten und die Undankbarkeit so vieler Menschen zu sühnen. Er wächst dabei in der Gottesliebe und wird selbst während der Nachtruhe, die an das Schweigen des Todes erinnert, gewissermaßen noch in der Gegenwart des heiligsten Herzens Jesu bleiben.
Auch unterlasse er nicht die tägliche Gewissenserforschung. Sie ist von größter Wichtigkeit als Rechenschaft über das geistige Leben des verflossenen Tages. Sie beseitigt die Hindernisse, die das Wachsen der Tugenden hemmen oder hindern und spendet Mittel, die priesterliche Tätigkeit fruchtbarer zu machen und Gottes Barmherzigkeit zu erflehen für so viele Armseligkeiten.
Barmherzigkeit und Verzeihung der Sünden werden uns besonders im Sakrament der Buße gewährt. Es ist ein Meisterwerk der göttlichem Güte, das unsere Schwachheit stärkt. Niemals möge es geschehen, geliebte Söhne, dass ein Spender dieses heilsamen Sakramentes sich ihm entziehe. Darüber ordnet, wie ihr wisst, die Kirche folgendes an : “Curent locorum Ordinarii, ut clerici omnes Paenitentiae Sacramento frequenter conscientiae maculas eluant” (Vgl. CIC., can. 125, 1) Denn auch als Diener Christi bleiben wir schwache Menschen. Wie können wir daher hinaufsteigen zu Gottes Altar und die heiligen Geheimnisse feiern, ohne danach zu trachten, uns oft von Sünden zu reinigen? Die häufige Beichte “fördert die rechte Selbsterkenntnis, vermehrt die christliche Demut, rottet die bösen Gewohnheiten aus, hilft der Nachlässigkeit und geistigen Lauheit widerstehen, reinigt das Gewissen und stärkt den Willen. Sie ermöglicht eine heilsame Seelenleitung und erhöht die Gnadenwirkung aus der Kraft des Sakraments selber” (Vgl. Mystici Corporis Christi).
Daher halten Wir es auch für angebracht, euch zu ermahnen, geliebte Söhne, im Beginn und in der Entfaltung des geistlichen Lebens nicht allzusehr auf euch selber zu vertrauen. Sucht vielmehr mit demütigem und gelehrigem Sinn Rat und Hilfe bei denen, die es verstehen, euch mit weiser Mäßigung zu leiten, auf kommende Gefahren aufmerksam zu machen und geeignete Mittel dagegen anzugeben; die euch in allen inneren und äußeren Schwierigkeiten den rechten Weg weisen und euch zu täglich wachsender Vollkommenheit anhalten, zu der die Beispiele der Heiligen und erprobte Lehrer der christlichen Aszese auffordern. Ohne solche erfahrenen Seelenführer ist es meist sehr schwer, den Eingebungen des Hl. Geistes und der göttlichen Gnade in rechter Weise zu entsprechen.
Zuletzt wollen Wir noch allen die Übung der hl. Exerzitien empfehlen. Wenn wir uns nämlich für einige Tage von der gewohnten Umgebung und Beschäftigung trennen und in Einsamkeit und Schweigen zurückziehen, dann hören wir sicher leichter auf Gott und seine Stimme kann tiefer in uns eindringen. Exerzitien fordern uns zu einer gewissenhaften Ausübung unseres Amtes und zur Betrachtung der Geheimnisse Jesu Christi auf, sie kräftigen unseren Willen, auf dass wir Gott “dienen in Heiligkeit und Gerechtigkeit, alle Tage unseres Lebens” (Lk 1, 74.75).
II. Teil
Heiligkeit im heiligenden Dienste
Auf dem Kalvarienberg wurde die Seite des göttlichen Erlösers durchbohrt. Sein heiliges Blut floss daraus hervor, das nun wie ein Strom durch die Jahrhunderte der Geschichte fließt, die Seelen der Menschen von den Sünden reinigt und ihnen die Schätze der Erlösung vermittelt.
Der Priester als Ausspender der Geheimnisse Gottes
Für die Durchführung einer solch erhabenen Aufgabe sind die Priester bestimmt. Sie vermitteln nicht nur Christi Leben und Gnade den Gliedern seines mystischen Leibes, sondern tragen auch zu seinem Wachstum bei, indem sie der Kirche immer neue Kinder, schenken, erziehen, bilden und leiten. Da sie “die Verwalter der Geheimnisse Gottes” (1 Kor 4, 1) sind, müssen sie in vollkommener Liebe Jesus Christus dienen und alle ihre Kräfte für das Heil ihrer Mitbrüder einsetzen. Da sie Apostel des Lichtes sind, müssen sie die Welt durch die Lehre des Evangeliums erleuchten. Sie müssen selbst innerlich‚ so fest im christlichen Glauben sein, dass sie ihn anderen mitteilen können; sie müssen dem Beispiel und der Lehre des göttlichen Meisters folgen, um im Stande zu sein, alle zu ihm zurückzuführen. Sie sind Apostel der Gnade und Verzeihung; sie sollen sich daher ganz dem Heil der Menschen widmen, sie zum Altar rufen, wo sie das Brot des ewigen Lebens nährt. Sie sind Apostel der Liebe, sie sollen daher die Werke und Unternehmungen der Liebe fördern, weil die Hilfsbedürftigkeit der Armen insbesondere unserer Zeit ins Unermessliche angewachsen ist.
Der Priester soll ferner dafür sorgen, dass die Christgläubigen die Lehre von der “Gemeinschaft der Heiligen” recht verstehen, fühlen und leben. Er fördere sie angelegentlich durch die Werke des “liturgischen Apostolats” und des “Gebetsapostolats”. Ähnlich sollen auch alle anderen Formen des Apostolates gefördert werden, die heute, wegen der besonderen Nöte des christlichen Volkes, von so großer Wichtigkeit sind. Mit allem Eifer soll angestrebt werden, dass der Katechismusunterricht allen erteilt wird, dass die Katholische Aktion und die Missions-Aktion möglichst weite Verbreitung finden; ferner dass durch gut ausgebildete Laien jene Unternehmungen des sozialen Apostolates immer stärker entwickelt werden, die auf eine gerechte soziale Ordnung abzielen, wie unsere Zeit sie fordert.
Doch soll der Priester nicht aus dem Auge verlieren, dass das ihm aufgetragene verantwortungsvolle Amt umso fruchtbarer sein wird, je enger er selbst mit Christus verbunden ist und in seiner Gesinnung wirkt. Dann nämlich wird sein priesterliches Tun nicht in einer rein natürlichen Geschäftigkeit aufgehen, die Körper und Geist aufreibt und die den Priester, nicht ohne großen Schaden für ihn selber und für die Kirche, von der rechten Bahn abführen kann. Dagegen wird seinem unablässigen Bemühen die göttliche Gnade zu Hilfe kommen, die Gott den Stolzen vorenthält, aber reichlich und gern denjenigen schenkt, die demütig im “Weinberg des Herrn” arbeiten und nicht sich und das Ihre suchen, (vgl. 1 Kor 10, 33) sondern die Ehre Gottes und das Heil der Menschen. Daher vertraue niemand, wie bereits gesagt, auf seine eigenen Kräfte, sondern auf die Hilfe von Oben nach dem Worte des Apostels: “Es kommt weder auf den an, der pflanzt, noch auf den, der begießt, sondern auf Gott, der das Gedeihen gibt” (1 Kor 3, 7).
Ein solches Apostolat wird die Wirkung haben, dass der Priester durch eine gleichsam göttliche Gewalt die Seelen aller an sich zieht. Wenn er nämlich in seiner Person und seinem Benehmen das Bild Christi widerspiegelt, werden alle, die seiner Leitung anvertraut sind, aus innerer Gewissheit anerkennen, dass er nicht eigene Worte spricht sondern Gottes Wort, dass er nicht aus eigener Kraft sondern aus göttlicher Kraft handelt. “Wer spricht, trage Gottes Wort vor, wer ein Amt hat, verwalte es mit der Kraft, die Gott verleiht” (1 Pt 4, 11). Der Priester muss sogar im Streben nach Heiligkeit und in der Ausübung seines Amtes so sehr Jesus Christus nachahmen, dass er ohne Stolz die Worte des Völkerapostels nach sprechen kann: “Nehmet mich zum Vorbild, wie ich Christus [zum Vorbild nehme]” (1 Kor 4, 16).
Wahrer apostolischer Eifer und die “Häresie der Aktion”
Wir versagen denen das geschuldete Lob nicht, die aus Liebe zu Gott und dem Nächsten während dem unmenschlichen und lange dauernden Weltkrieg unter der Leitung ihrer Bischöfe mit allen Kräften zur Linderung vielfältiger körperlicher und seelischer Not beigetragen haben. Dennoch können Wir auf Grund des eben angeführten nicht umhin, unsere Befürchtungen und Bedenken denen gegenüber auszusprechen, die der besonderen augenblicklichen Zeitverhältnisse wegen sich zu sehr in den Strudel äußerer Tätigkeit gestürzt haben, sodass sie die erste Aufgabe des Priesters, das Streben nach Selbstheiligung, vernachlässigen. Wir haben angeordnet (Vgl. Epist. Cum proxime exeat. ), dass diejenigen zurechtgewiesen werden müssen, die sich zu der Behauptung versteigen, das Heil der Menschheit könne erreicht werden durch das, was mit Recht “Häresie der Aktion” genannt wird, die sich weder auf die Hilfe der göttlichen Gnade stützt, noch auch beständig jene zur Erreichung der Heiligkeit notwendigen Hilfsmittel anwendet, die uns von Christus selbst geschenkt wurden. Doch halten Wir es auch in gleicher Weise für angebracht, zur priesterlichen Tätigkeit diejenigen aufzumuntern, die in ihrem Sinn zu weltabgewandt sind und, der göttlichen Hilfe gleichsam misstrauend, es unterlassen, mit ihren persönlichen Fähigkeiten mitzuwirken, auf dass der christliche Geist in das tägliche Leben eindringe, in allen den Formen, die unsere Zeit verlangt (Vgl. Orat. die XII mensis sept. a. MCMXXXXVII habitam.).
Wir ermahnen euch daher eindringlich, dass ihr in engster Verbindung mit dem göttlichen Erlöser, durch dessen Stärke wir alles vermögen (vgl. Phil 4, 13), mit allen Kräften daran arbeitet, die Seelen für die Ewigkeit zu retten, die Gott in seiner Vorsehung eurer apostolischen Arbeit anvertraut hat. Wie sehr wünschen wir, geliebte Söhne, ihr möchtet das Beispiel jener heiligen Männer nachahmen, die in der Vergangenheit durch ihre großen Leistungen gezeigt haben, was die göttliche Gnade in dieser Welt zu wirken vermag. Möchte doch jeder von euch unter Zustimmung eurer Gemeinde aufrichtig und demütig das Wort des Völkerapostels Paulus auf sich anwenden können: “Ich aber will mit Freuden Opfer bringen, ja mich selbst aufopfern für eure Seelen” (2 Kor 12, 15). Erleuchtet die Geister mit himmlischem Licht, leitet die Gewissen auf rechtem Weg; stärket und tröstet die schwankenden oder von Schmerz heimgesuchten Gemüter. rügt aber zu diesen hauptsächlichen Werken des Apostolates auch noch die anderen hinzu, nach denen unsere Zeit ruft. Doch dabei bleibe allen offenkundig, dass der Priester in all seinem Tun nur das Heil der Seelen sucht, nur auf Christus schaut, dem er sich und seine Kräfte aufopfert.
Seelsorger mit der Liebe und Güte Christi
Schon als Wir euch zum Streben nach persönlicher Heiligkeit aufforderten, haben Wir euch gemahnt, Christi Bild in eurem Leben widerzuspiegeln. In gleicher Weise erneuern Wir hier, wo es um die Heiligkeit und Wirksamkeit eurer priesterlichen Arbeit geht, immer und immer wieder den Mahnruf: bemüht euch dem göttlichen Erlöser nachzufolgen, der voll des Heiligen Geistes “umherzog, Wohltaten spendete und alle heilte, die vom Teufel besessen waren; denn Gott war mit ihm” (Apg 10, 38). Vom gleichen Geiste gestärkt und von seiner Kraft angetrieben werdet ihr zweifellos eine Tätigkeit entfalten, die, von christlicher Liebe genährt und getragen, voll von übernatürlicher Kraft ist und sich müht, diese Kraft auch anderen mitzuteilen. Euer apostolischer Eifer sei belebt von jener göttlichen Liebe, die alles mit gefasstem Sinn erträgt, in Widerwärtigkeiten nicht unterliegt; von göttlicher Liebe, die alle Menschen umfasst, Arme und Reiche, Freunde und Feinde, Gläubige und Ungläubige. Tagtäglich fordert das Heil der Seelen von euch Mühen und Leiden. Unser Heiland hat für dieses Heil Kummer und Schmerzen geduldig auf sich genommen bis hin zu den äußersten Todesqualen am Kreuz, um uns mit Gott auszusöhnen. wie ihr wisst, ist allein das höchste Gut. Wünscht daher nicht allzu sehr äußeren Erfolg und seid nicht mutlos, wenn ihr trotz angestrengter Arbeit die gewünschten Früchte nicht ernten könnt, denn “der eine sät, der andere erntet” (Joh 4, 37).
Ferner erstrahle euer apostolischer Eifer im Lichte größter Milde. Wenn es auch unumgänglich unser aller Pflicht ist, die Irrtümer zu widerlegen und die Laster zu bekämpfen, so darf dennoch der Priester niemals das Gefühl des Mitleids verlieren. Die Irrtümer müssen mit aller Kraft bekämpft werden, doch die irrenden Brüder muss man lieben und durch Liebe auf den Weg des Heils zurückführen. Wieviel Gutes, wieviele wunderbare Werke haben die Heiligen tun können durch ihre Güte, auch in Umgebungen und Gesellschaftsschichten; wo Lüge und Laster uneingeschränkt herrschten. Doch würde ohne Zweifel jener seiner Pflicht nicht nachkommen, der, um den Menschen zu gefallen, ihren bösen Neigungen entgegenkäme oder falschen Anschauungen und schlechten Gewohnheiten gegenüber nach gäbe unter Gefährdung der Unversehrtheit der christlichen Lehre und Moral. Wenn jedoch die Vorschriften des Evangeliums fest gewahrt und erhalten bleiben, wenn Irrende aufrichtig wünschen zurückzukehren, dann soll der Priester die Antwort nicht vergessen, die der göttliche Meister dem Apostelfürsten auf seine Frage gab, wie oft man dem Bruder verzeihen müsse: “Ich sage dir, nicht siebenmal sondern siebenzigmal siebenmal” (Mt 18, 22).
Euer Eifer richte sich nicht auf die vergänglichen irdischen Dinge, sondern auf die ewigen. Für Priester, die ihrem Beruf gemäß nach Heiligkeit streben, soll die Arbeit für die Ehre Gottes und das Heil der Seelen höchstes Ziel sein. Wieviel Priester haben in der großen Not unserer Zeit Beispiel und Ermahnung des Völkerapostels vor Augen behabt, der mit Wenigem zufrieden war und nur das unbedingt Notwendige suchte: :”Haben wir Nahrung und Kleidung, so lasst uns damit zufrieden sein” (1 Tm 6, 8).
Aus diesem Verzicht auf Irdisches, im Vertrauen auf die göttliche Vorsehung, den Wir des höchsten Lobes würdig halten, hat priesterliche Tätigkeit in der Tat reiche Früchte getragen und dies zum Nutzen der Kirche auf geistigem und sozialem Gebiet.
Eure Tätigkeit soll schließlich auch erstrahlen im Licht der Weisheit und Wissenschaft und sie soll von Liebe getragen, sein. Wer seine eigene Heiligung und die der Mitmenschen anstrebt, muss eine gediegene Bildung besitzen, die nicht nur die theologischen Fächer umfassen, sondern sich auch auf die modernen Wissenschaften erstrecken muss, damit er wie ein guter Familienvater “aus seinem Schatze Altes und Neues” hervorholen kann (vgl. Mt 13, 52). So wird das Wirken des Priesters von allen geschätzt werden und Früchte tragen. Vor allem aber muss sich die Ausübung eures Amtes gewissenhaft an die Erlasse des Heiligen Stuhles und an die Weisungen der Bischöfe halten. Es möge nie geschehen, geliebte Söhne, dass den Bedürfnissen des christlichen Volkes nicht entsprochen wird, weil die neuen Formen des Apostolates, die heutzutage besonders in den an Priestermangel leidenden Gegenden so wertvoll sind, nicht benutzt oder falsch durchgeführt werden.
Euer Arbeitseifer möge tagtäglich wachsen, die Kirche Gottes festigen, den Gläubigen ein Beispiel sein; er möge die Bollwerke schaffen, an denen der Ansturm der Feinde Gottes zerschelle.
Wir möchten Uns in diesem Unserem väterlichen Mahnwort auch noch in besonderer Weise an die Priester wenden, die mit Demut und warmer Liebe an der Heiligung ihrer Mitbrüder arbeiten, als Berater, als Gewissensführer oder als Beichtväter. Das unschätzbare Verdienst, das sie sich um die Kirche erwerben, bleibt zumeist zu ihren Lebzeiten verborgen; doch die Herrlichkeit des Himmels wird es dereinst an den Tag bringen.
Vor wenigen Jahren konnten Wir zu Unserem großen inneren Trost die Ehre der Altäre dem Turiner Priester Josef Cafasso zuerkennen. Wie ihr wisst, war er ein kluger und heiligmäßiger Seelenleiter, der in schwierigsten Zeiten viele Priester nicht nur zur Tugend führte, sondern auch ihre priesterliche Tätigkeit überaus fruchtbar machte. Dies gibt uns die feste Hoffnung, dass der göttliche Erlöser auf seine mächtige Fürbitte hin der Kirche viele ebenso heiligmäßige Priester schenke, die sich selber und ihre Mitbrüder zu einer solchen Vollkommenheit des Lebens führen, dass sich alle Gläubigen beim Anblick ihres leuchtenden Beispiels von selber zu ihrer Nachfolge angespornt fühlen.
III. Teil
Praktische Richtlinien
Bis jetzt haben wir die Hauptwahrheiten und die Grundgesetze ausgeführt, auf denen sich das katholische Priestertum und die Ausübung seines Amtes gründen. An diese Wahrheiten und Richtlinien halten sich sorgsam alle heiligmäßigen Priester in ihrer täglichen Praxis, während Deserteure um Abtrünnige die bei ihrer Priesterweihe eingegangenen Verpflichtungen leider schwer verletzt haben.
Damit Unsere väterliche Ermahnung von tieferer Wirkung sei, halten Wir es für angezeigt, auf einige Punkte, die im heutigen Leben von besonderer Bedeutung sind, näher einzugehen. Dies ist umso notwendiger, als sich im modernen Leben manchmal neue Lagen ergeben und neue Streitfragen auftauchen, die eine sorgfältigere Untersuchung und eine aufmerksame Behandlung von Uns fordern. Aus diesem Grunde wollen Wir alle Priester und in besonderer Weise die Bischöfe ermahnen, dass sie mit ganzer Kraft alles fördern, was für unsere Zeit notwendig ist und jeden, der sich vom rechten Weg entfernt, zur Wahrheit und Rechtschaffenheit zurückzuführen.
Sorge um den Priesternachwuchs
Nach den lang andauernden und mannigfaltigen Schicksalsschlägen des letzten Krieges ist die Anzahl der Priester in den katholischen Ländern wie auch in den Missionen für die immer wachsenden Bedürfnisse nicht mehr ausreichend. Wir fordern deswegen die gesamte Geistlichkeit, sowohl den Diözesanklerus wie die religiösen Orden oder Kongregationen auf, dass sie in brüderlicher Liebe das gemeinsamen Ziel, das Wohl der Kirche und die Heiligung ihrer selbst wie der Gläubigen, mit vereinter Kraft zu verwirklichen trachten. Alle, auch die Ordensleute, die in Einsamkeit und Stillschweigen leben, können durch Gebet und Opfer zur Wirkkraft des priesterlichen Apostolates beitragen. Wer dazu in der Lage ist, soll es auch gerne tun.
Aber es ist auch notwendig, mit Hilfe der göttlichen Gnade neue Arbeiter anzuwerben. Wir mahnen daher besonders die Bischöfe und alle diejenigen, die irgendwie mit Seelsorge beauftragt sind, sich dieser wichtigsten Aufgabe anzunehmen, die für die Zukunft der Kirche von entscheidender Bedeutung ist. Sicher werden der Kirche die für ihre Mission erforderlichen Priester nie fehlen. Jedoch müssen wir alle wachsam sein und arbeiten, eingedenk der Worte des Herrn: “Die Ernte ist groß, der Arbeiter aber sind wenige” (Lk 10, 2), und jede Sorgfalt darauf verwenden, der Kirche zahlreiche und heiligmäßige Diener zu geben.
Unser Herr und Heiland selbst zeigt uns den sichersten Weg, um zahlreiche Berufungen zu erlangen: “Bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende” (Lk 10, 2) also: das demütige und vertrauensvolle Gebet zu Gott.
Es ist notwendig, dass die Seele der von Gott Berufenen für die Anregungen und die unsichtbaren Wirkungen des: Hl. Geistes aufnahmefähig sei. Dazu können die christlichen Eltern, die Pfarrer, die Beichtväter, die Leiter der Seminare, die Priester und alle Gläubigen, denen die Bedürfnisse und die Ausbreitung der Kirche am Herzen liegen, in wertvollster Weise beitragen. Die Geistlichen mögen Sorge dafür tragen, nicht nur in ihren Predigten und im Katechismusunterricht, sondern auch in Privatgesprächen, die in unseren Zeiten so verbreiteten Vorurteile gegen den Priesterstand zu zerstreuen, indem sie seine überragende Würde, seine Schönheit, seine Notwendigkeit und seine hohen Verdienste hervorheben. Jeder christliche Vater und jede christliche Mutter, welchem sozialen Stande sie auch angehören mögen, sollen zu Gott beten, auf dass er sie würdig mache, wenigstens eines ihrer Kinder seinem Dienste schenken zu dürfen. Schließlich sollen alle Gläubigen es als ihre Pflicht ansehen, diejenigen, die sich zum Priestertum berufen fühlen, zu fördern und zu unterstützen.
Die Auswahl der Priesterkandidaten, wie sie das Kirchenrecht (Vgl. can. 1353) den Seelsorgern anempfiehlt, soll eines der vornehmsten Anliegen der Priester sein. Sie sollen Gott nicht nur für das unschätzbare Geschenk der eigenen Berufung demütigen und hochherzigen Dank abstatten, sondern auch nichts für wichtiger und wünschenswerter erachten als unter jenen jungen Menschen, die sie mit den erforderlichen Gaben ausgestattet wissen, einen Nachfolger auszusuchen und heranzubilden. Um wirksamer zu diesem Ziel zu gelangen, muss sich jeder Priester bemühen, ein Vorbild priesterlichen Lebens zu sein und sich als solches zu zeigen, auf dass die jungen Menschen, mit denen er in Berührung kommt und in denen er die Zeichen der göttlichen Berufung wahrnehmen mag, in ihm ein nachahmenswertes Ideal sehen können.
Diese umsichtige und kluge Auswahl soll immer und überall stattfinden. Nicht nur unter den schon im Seminar befindlichen jungen Menschen, sondern auch unter denen, die anderswo ihren Studien obliegen und im besonderen unter jenen, die bei den verschiedenen Organisationen des katholischen Apostolates mitarbeiten. Wenn solche auch erst im vorgerückten Alter zum Priesterberuf gelangen, so besitzen sie doch häufig wertvollere und beständigere Eigenschaften, da sie durch Erfahrungen und durch Berührung mit den Schwierigkeiten des Lebens ihren Charakter gefestigt und außerdem schon auf einem Gebiete mitgearbeitet haben, das in die Zielsetzung des priesterlichen Wirkens einbegriffen ist.
Jedoch müssen stets die einzelnen Priesterkandidaten mit Sorgfalt geprüft werden, um klar zu erkennen, mit welchen Absichten und aus welchen Gründen sie diese Entscheidung getroffen haben. Und dies in besonderer Weise, wenn es sich um Kinder handelt, wobei nachgeforscht werden muss, ob sie über die erforderlichen moralischen und körperlichen Veranlagungen verfügen und ob sie sich zum Priesterberuf hingezogen fühlen einzig und allein wegen seiner Würde und des geistigen Nutzens für sich selbst und andere.
Euch, ehrwürdige Brüder, sind die geistigen und charakterlichen Eigenschaften bekannt, welche die Kirche in den jungen Menschen voraussetzt, die das Priestertum erstreben, und Wir halten es daher für überflüssig, länger dabei zu verweilen. Wir lenken eure Aufmerksamkeit jedoch auf die Voraussetzungen körperlicher Eignung. Dies umso mehr, als der letzte Krieg besonders in der jungen Generation unheilvolle Spuren hinterlassen und sie in verschiedenster Weise aus dem Gleichgewicht gebracht hat. Man muss daher diese Kandidaten mit besonderer Sorgfalt prüfen und, falls nötig, auch einen erfahrenen Arzt zu Hilfe ziehen.
Wir hoffen, dass durch eine solche mit Eifer und Umsicht erfolgte Auswahl überall eine zahlreiche und erlesene Schar von Priesterkandidaten erwachse.
Sorgfältige Pflege der Berufungen
Wenn viele Oberhirten angesichts der Verminderung der Priesterberufe in schwerer Sorge sind, so tragen sie nicht geringere Sorge um jene junge Menschen, die bereits ins Seminar eingetreten sind. Wir wissen, ehrwürdige Brüder, wie hart diese Aufgabe ist und wieviele Schwierigkeiten sie in sich birgt. Aber höchste Tröstung wird euch aus so schwerer Pflichterfüllung erwachsen. Denn ihr werdet nach dem Worte Unseres Vorgängers Leos XIII. “durch die auf die Ausbildung der Priester verwandte Sorgfalt höchst wünschenswerte Früchte ernten und dadurch erfahren, dass euer Hirtenamt um soviel leichter zu tragen und umso fruchtbarer sein wird” (Enz. Quod multum, ad Episcopos Hungariae).
Wir halten es daher für angebracht, euch einige Anweisungen zu geben, die aus den heute mehr denn je gefühlten Notwendigkeiten erstehen, wie gute Priester herangebildet werden müssen.
Es muss vor allem daran erinnert werden, dass die Alumnen der Knabenseminare Jungen sind, die von ihrem natürlichen Familienkreis getrennt leben. Es ist daher erforderlich, dass das Leben, welches die Jungen in den Seminaren führen, soweit als möglich dem normalen Leben eines Knaben entspricht. Große Bedeutung muss darum nicht nur der religiösen Bildung beigemessen werden, sondern in entsprechender Form auch ihren natürlichen Fähigkeiten und ihren geistigen Neigungen; dies alles in einer weiträumigen, gesunden und ruhigen Umgebung. Allerdings muss in allem “das rechte Maß” beobachtet werden. Nie darf es vorkommen, dass diejenigen, die zur Selbstverleugnung und zu den christlichen Tugenden erzogen werden sollen, “in prunkvollen Häusern, in Vergnügungen und in Bequemlichkeit leben” (Vgl. Allocut. d. 25 Novembris a. 1948 habitam).
In besonderer Weise muss die Charakterbildung jedes einzelnen Knaben gepflegt werden durch Entwicklung von Verantwortungssinn, Urteilsfähigkeit und Initiative. Daher müssen die Oberen der Seminare bei der Anwendung von Strafen Maß halten und bei dem allmählichen Heranwachsen der jungen Leute die strenge Überwachung wie die mannigfachen Einschränkungen mildern. So werden sie die jungen Leute anleiten, sich selbst im Zaune zu halten und die Verantwortung für die eigenen Handlungen in sich zu fühlen. Die Oberen sollen den Alumnen nicht nur in manchen Dingen eine gewisse Handlungsfreiheit gewähren, sie müssen sie auch zu selbständiger Überlegung anhalten, damit ihnen die Aufnahme theoretischer und praktische Wahrheiten leichter fällt. Auch sollen die Oberen sich nicht scheuen, die ihnen Anvertrauten über die Tagesereignisse auf dem laufenden zu halten. Sie mögen sich nicht damit zufrieden geben, ihren Alumnen allein jene Kenntnisse zu vermitteln, die ein reifes Urteil über das Zeitgeschehen bilden sondern sollen auch Diskussionen veranstalten, um so die jungen Leute zur rechten Bewertung von Ereignissen und Ideen zu erziehen.
Auf diese Weise werden die jungen Menschen zur Ehrlichkeit und Offenheit, zur Achtung gegenüber Charakterfestigkeit und Aufrichtigkeit wie zur Abneigung gegen Unaufrichtigkeit und jede Form von Verstellung angehalten. Je ehrlicher und aufrichtiger sie sind, desto sicherer werden sie von ihren Oberen darin beraten werden, ob sie von Gott zum Priestertum berufen sind.
Wenn die Seminaristen – besonders diejenigen, welche in zartem Alter ins Seminar eingetreten sind – in einer zu weltabgewandten Atmosphäre herangebildet werden, so können sie beim Verlassen des Seminars in ihren Beziehungen zum einfachen Volke wie zum gebildeten Laienstand auf ernste Schwierigkeiten stoßen und es kann folglich geschehen, dass sie entweder den Gläubigen gegenüber eine verkehrte Einstellung einnehmen oder dass sie die ihnen gegebene Erziehung ungünstig beurteilen. Aus diesem Grunde muss der zukünftige Priester allmählich und mit Bedacht in das Denken und Fühlen des Volkes eingeführt werden, so dass er nach Empfang der heiligen Weihen sich in der Ausübung seines priesterlichen Amtes nicht allzu unerfahren fühlt; was nicht nur ihm selbst schaden, sondern auch seine Tätigkeit beeinträchtigen würde.
Eine weitere dringliche Aufgabe für die Seminarobern ist die intellektuelle Bildung ihrer Zöglinge. Ihr kennt, ehrwürdige Brüder, die Verordnungen und Verfügungen, die der Apostolische Stuhl diesbezüglich gegeben hat und die Wir selbst bei Unserer ersten Begegnung mit den Alumnen der römischen Seminare und Kollegien zu Beginn Unseres Pontifikats allen anempfohlen haben (Vgl. Oratlonem diei 24 mensis Iunii 1939 habitam).
An dieser Stelle möchten Wir vor allem anempfehlen, dass die literarische und wissenschaftliche Bildung der zukünftigen Priester der Ausbildung der Laien, die gleiche Studien betreiben, zum mindesten nicht nachstehe. Auf solche Weise wird nicht nur eine gediegenere intellektuelle Bildung gewährleistet, sondern es wird auch zur gegebenen Zeit die Berufswahl erleichtert. Die Seminaristen werden sich nämlich dadurch freier in der Wahl ihres Standes fühlen; denn es wird niemand in die Gefahr kommen, dass er sich aus Mangel an Vorbildung, die ihm einen Platz in der Welt ermöglichen könnte, zur Weiterbeschreitung eines Weges gezwungen fühlt, der nicht der seine ist und der Überlegung des untreuen Verwalters folgt: “Arbeiten kann ich nicht und zu betteln schäme ich mich” (Lk 16, 3). Wenn aber jemand, der Bestes zum Wohle der Kirche zu leisten versprach, das Seminar verlässt, so sollte man sich dadurch nicht beeindrucken lassen; denn, wenn es ihm gelungen ist, seinen Weg zu finden, wird er sich immer der im Seminar empfangenen Wohltaten erinnern und durch seine Tätigkeit zu den guten Werken des katholischen Laientums bedeutend beitragen.
Obwohl bei der intellektuellen Bildung der jungen Seminaristen auch die anderen Fächer nicht vernachlässigt werden dürfen, wie etwa das heute so wichtige Studium der sozialen Frage, so muss doch besonderes Gewicht auf die philosophische und theologische Ausbildung “nach der Lehre des heiligen Thomas von Aquin” (Vgl. CIC., can. 1366, 2) gelegt werden und zwar unter Anpassung an die heutige Zeit und mit Rücksicht auf die Irrtümer der Gegenwart. Das Studium dieser Fächer ist von höchster Bedeutung und von höchstem Nutzen sowohl für den Geist des Priesters selbst, als auch für das Volk. In der Tat behaupten die Meister des geistigen Lebens, dass das Studium der heiligen Wissenschaften, sofern sie in rechter Weise gelehrt werden, eine äußerst wirksame Hilfe ist, um den Geist des Glaubens zu erhalten und zu nähren, um die Leidenschaften zu zügeln und die Seele zur Gottvereinigung zu führen. Es möge hinzugefügt werden, dass der Priester, der “das Salz der Erde” und “das Licht der Welt” ist (Vgl. Mt 5, 13.14), sich für die Verteidigung des Glaubens aufopfern soll durch die Predigt des Evangeliums und Widerlegung der Irrlehren, die heutzutage mit allen Mitteln im Volk verbreitet werden. Aber solche Irrtümer können nicht wirksam bekämpft werden, wenn man die unerschütterlichen Grundsätze der katholischen Philosophie und Theologie nicht gründlich kennt.
In diesem Zusammenhang ist es angebracht, daran zu erinnern, dass die scholastische Methode besonders geeignet ist, klare Begriffe zu vermitteln und darzulegen, wie die der Kirche als Lehrerin aller Christen anvertrauten Glaubenswahrheiten untereinander organisch verbunden sind. Heute aber gibt es manche, die unter Außerachtlassung der jüngsten Anweisungen des kirchlichen Lehramtes sich wenig um die Klarheit und Genauigkeit der Begriffe bemühen. Sie haben sich nicht nur von der scholastischen Lehrmethode entfernt, sondern bereiten, wie eine traurige Erfahrung lehrt, Irrtümern und Verwirrungen geradezu den Weg.
Um daher zu verhindern, dass in den kirchlichen Studien Haltlosigkeit und Unsicherheit um sieh greifen, ermahnen Wir euch, ehrwürdige Brüder, beständig darüber zu wachen, dass die genauen, vom Apostolischen Stuhl für die Studien erteilten Anweisungen getreu angenommen und ausgeführt werden.
Geistliche und aszetische Bildung
Wenn Wir so nachdrücklich auf eine gediegene intellektuelle Ausbildung des Klerus dringen, so ist doch klar, dass Uns die aszetische Formung der jungen Kleriker vor allem am Herzen liegen muss. Ohne sie würde auch eine noch so hervorragende Wissenschaft einen unberechenbaren Schaden anrichten durch Hoffart und Überheblichkeit, die sie leicht dem Herzen einflößt. Daher wünscht die Mutter Kirche sehnlichst, dass in den Seminaren jene Heiligkeit grundgelegt werde, die der Diener Gottes später entfalten und sein ganzes Leben hindurch üben soll.
Wie Wir bereits im Hinblick auf die Priester gesagt haben, so betonen Wir jetzt, dass die Kleriker eine ehrliche und tiefe Überzeugung von der Notwendigkeit des geistigen Lebens haben und sich verpflichtet fühlen sollen, keine Anstrengung zu unterlassen, um es zu erlangen, zu erhalten und beständig zu vermehren.
Tagtäglich sollen sie, mehr oder weniger zur gleichen Stunde, die gleichen religiösen Übungen verrichten. Dabei liegt die Gefahr auf der Hand, dass diesen äußeren Gebetsübungen keine innere Bewegung der Seele entspricht. Sie können zu einer Gewohnheit werden und sich noch verschlimmern, wenn nach Verlassen des Seminars der junge Priester von den Erfordernissen einer oft alles mitreißenden Tätigkeit aufgerieben wird.
Es soll daher jede Sorgfalt darauf verwandt werden, dass die künftigen Priester jenes innere Leben pflegen, das vom göttlichen Geiste genährt und geleitet wird. Alles sollen sie im Lichte des Glaubens und in Vereinigung mit Jesus Christus vollbringen, fest überzeugt, dass dies eine ernste Gewissenspflicht für den ist, der eines Tages die Weihe zum Priester erhalten und den göttlichen Meister in der Kirche vertreten soll. Diese wahre Frömmigkeit wird für die Seminaristen der beste Ansporn zur Erlangung priesterlicher Tugenden, wie zur Überwindung von Schwierigkeiten und zur Verwirklichung heiliger Ziele sein.
Die mit der aszetischen Erziehung der Seminaristen betraut sind, sollen ihren Schutzbefohlenen vor allem zur Erlangung aller jener Tugenden verhelfen, die die Kirche von ihren Priestern verlangt. Davon haben Wir bereits an anderer Stelle dieser Ermahnung gesprochen und wollen deshalb nicht darauf zurückzukommen; Wir empfehlen jedoch unter allen anderen Tugenden, welche die Priesterkandidaten voll und ganz besitzen sollen, vor allem diejenigen, die als die Grundlage aller priesterlichen Heiligkeit gelten müssen.
Es ist vor allem notwendig, dass die jungen Leute sich so den Geist des Gehorsams zu eigen machen, dass sie ihren eigenen Willen dem göttlichen, der sich in den rechtmäßigen Anweisungen ihrer Oberen ausdrückt, aufrichtig unterwerfen. Nie darf etwas in der Lebensweise des zukünftigen Priesters sein, was nicht mit dem göttlichen Willen in Einklang steht. In diesem Gehorsam sollen sich die jungen Menschen an das Vorbild des göttlichen Meisters halten, dessen einziges Verlangen auf Erden war: “Deinen Willen, Gott, zu tun” (Hebr 10, 7).
Die jungen Seminaristen sollen schon früh lernen, ihren Oberen kindlichen und aufrichtigen Gehorsam zu leisten. So werden sie später auch ihren Bischöfen bereitwillig gehorchen, nach der Mahnung des glorreichen Bekenners Christi, Ignatius von Antiochien: “Gehorchet alle dem Bischof, wie Jesus Christus dem Vater gehorcht hat” (Ad Smyrnaeos, VIII, 1). “Wer den Bischof ehrt, wird von Gott geehrt; wer hinter dem Rücken des Bischofs handelt, dient dem Teufel” (Ebd., IX, 1, 714, 715). “Tut nichts ohne den Bischof, hütet euren Leib, wie den Tempel Gottes, liebt die Einigkeit, flieht die Zwietracht, seid Nachahmer Jesu Christi, wie er der Nachahmer seines Vaters war” (Ad Philadelphienses VII, 2).
Größte Sorge muß auch darauf verwandt werden, dass die Seminaristen die Keuschheit schätzen, lieben und hüten, weil die Wahl des Priesterstandes und das Beharren in ihm zum großen Teil von dieser Tugend abhängen. Da sie im Verkehr mit der Umwelt größeren Gefahren ausgesetzt ist, muss sie in den kommenden Priestern schon fester und lang erprobter Besitz sein. Es sollen daher die Seminaristen über die Natur des Priesterzölibats und der von ihnen zu beobachtenden Keuschheit wie auch über die damit verbundenen Verpflichtungen (Vgl. CIC, can. 132) entsprechend aufgeklärt werden. Ferner müssen sie auch angehalten werden, sich gegen diese Gefahren, denen sie entgegengehen können, vom zarten Kindesalter an zu wappnen, indem sie von den Mitteln, die die christliche Aszetik zur Zügelung der Leidenschaften bietet, getreuen Gebrauch machen. Je sicherer und dauernder die Herrschaft über diese Leidenschaften ist, desto mehr wird die Seele in den andern Tugenden voranschreiten und desto fruchtbarer wird später das priesterliche Wirken sein. Sollte jedoch ein Seminarist auf diesem Gebiet zum Bösen neigen und nach entsprechender Probezeit sich unverbesserlich erweisen, so muss er unbedingt noch vor Empfang der heiligen Weihen aus dem Seminar entlassen werden.
Diese und alle anderen priesterlichen Tugenden werden die jungen Seminaristen leicht erwerben, wenn sie von Kindheit an eine aufrichtige und zarte Verehrung für Jesus Christus, der “wahrhaft, wirklich und wesentlich” im Sakrament seiner Liebe in unserer Mitte gegenwärtig ist, gelernt und gepflegt haben, wenn Christus wirklich Anfang und Ende all ihrer Bestrebungen und all ihrer Opfer wird. Mit besonderer Freude erfüllt es dann die Kirche, wenn die Priesterkandidaten mit der Verehrung für Jesus im Sakrament eine kindliche Verehrung für Maria verbinden; eine Verehrung, in der die Seele sieh ganz der himmlischen Mutter überantwortet und das Beispiel ihrer Tugenden nachzuahmen sucht; denn immer wird glühender Seelsorgseifer den Priester auszeichnen, dessen Jungend eine besondere Liebe, zu Jesus und Maria erfüllt hat.
Besondere Sorge für die Neupriester
Wir können an dieser Stelle nicht umhin, euch, ehrwürdige Brüder, eine ganz besondere Sorge für den jungen Klerus ans Herz zu legen.
Der Übergang von dem wohlbehüteten Leben im Seminar in das offene Feld des Apostolats kann für den sein Amt antretenden Priester gefährlich werden, wenn er nicht genügend für die neue Lebensart vorbereitet ist. So viele auf junge Priester gesetzte Hoffnungen können zunichte werden, wenn diese nicht allmählich in ihre Arbeit eingeführt und bei den ersten Schritten in ihrem neuen Amte von jemand weise umsorgt und väterlich geführt werden.
Wir billigen daher, dass die jungen Priester, soweit als möglich, während einiger Jahre in besonderen Instituten aufgenommen werden, wo sie unter Leitung erfahrener Oberer ihre aszetische und theologische Ausbildung vervollkommnen können und für den ihrer Begabung entsprechenden Wirkungskreis ausgebildet werden.
Aus diesem Grunde wünschen Wir die Errichtung solcher Institute in jeder Diözese oder, je nach den Verhältnissen, in mehreren Diözesen zusammen.
In der Ewigen Stadt haben Wir selbst dafür gesorgt, als Wir zu Unserem 50-jährigen Priesterjubiläum das St. Eugen-Institut für junge Priester errichteten (Vgl. AAS., XLI, 1949).
Wir ermahnen Euch, ehrwürdige Brüder, es möglichst zu vermeiden, dass noch unerfahrene Priester mitten in die Seelsorgsarbeit geworfen oder in Orte gesandt werden, welche vom Sitz der Diözese oder von ihren größeren Zentren weit entfernt sind. In solcher Lage können diese Priester, einsam, unerfahren, vielerlei Gefahren ausgesetzt und ohne umsichtige Lehrer, leicht Schaden für sich selbst und für ihr Amt davontragen.
Wir halten es deshalb für besonders angebracht, dass diese jungen Priester gemeinsam mit dem Ortspfarrer und seinen Kaplänen leben, weil sie auf diese Art unter Führung älterer Amtsbrüder leichter in die Seelsorge eingeführt und vom priesterlichen Geist durchdrungen werden können.
Wir erinnern alle Seelsorger daran, dass die Zukunft der Neupriester zum großen Teil in ihren Händen liegt. Der glühende Eifer, der sie zu Beginn ihrer priesterlichen Tätigkeit beseelt, kann durch das Beispiel der älteren Mitbrüder ausgelöscht oder zumindest abgeschwächt werden, besonders wenn diese, anstatt im Glanze der Tugenden zu erstrahlen, sich unter dem Vorwand, alte Gepflogenheiten nicht ändern zu wollen, als Freunde des Müßiggangs erweisen sollten.
Wir billigen und empfehlen auf das lebhafteste, was schon seit langem Wunsch der Kirche war (Vgl. CIC, can. 134), dass nämlich die Priester der gleichen Pfarrei oder angrenzender Pfarreien zu gemeinsamem Leben sich zusammenschließen.
Wenn diese Durchführung des Gemeinschaftslebens auch einige Opfer mit sich bringt, so kann doch kein Zweifel darüber bestehen, dass sie andrerseits große Vorteile in sich birgt: vor allem gibt sie dem Eifer und dem Geist der Nächstenliebe unter den Priestern täglich neue Nahrung; sie ist fernerhin für die Gläubigen ein wunderbares Beispiel der Loslösung der Diener Gottes von den eigenen Interessen und der eigenen Familie und schließlich legt sie Zeugnis ab von der peinlichen Gewissenhaftigkeit mit der sie die priesterliche Keuschheit bewahren.
Die Priester sollen außerdem das Studium pflegen, wie es das Kirchenrecht vorschreibt: “Die Priester sollen nach Empfang der Weihen die Studien, besonders die theologischen, nicht aufgeben” (Can. 129). Außer den Examina, die “wenigstens für einen Zeitraum von drei Jahren” (Can. 130, 1) jährlich von den Neupriestern gefordert werden, schreibt das Kirchenrecht außerdem vor, dass der Klerus jährlich mehrere Male Versammlungen “zur Förderung der Wissenschaft und der Frömmigkeit” (Can. 131, 1) abhalte.
Um diese durch die schwierige wirtschaftliche Lage des Klerus oftmals erschwerten Studien zu fördern, wäre es im höchsten Maße ersprießlich, dass die Oberhirten gemäß der glorreichen Überlieferung der Kirche den bischöflichen Kollegs- und Pfarrbibliotheken wieder zum alten Ansehen verhelfen.
Trotz der erlittenen Ausplünderungen und Zerstörungen besitzen viele kirchlichen Bibliotheken nicht selten ein kostbares Erbe an Pergamentrollen, handgeschriebenen und gedruckten Büchern, “ein beredtes Zeugnis für das Wirken und den Einfluss der Kirche, wie auch für den Glauben und die hochherzige Frömmigkeit der Vorfahren, für ihre Studien und ihren guten Geschmack” (Vgl. Epistulam Emi Card. Petri Gasparri, a publicis Ecclesiae negotiis, ad Italiae Episcopos datam die 15 mensis Aprilis anno 1923).
Diese Bibliotheken sollen keine toten Aufbewahrungsräume für Bücher sein, sondern vielmehr dem Leben dienende Einrichtungen mit einem geeigneten Konsultations- und Lesesaal. Vor allem aber müssen sie den Bedürfnissen unserer Zeit angepasst und mit Werken jeder Art ausgestattet werden, besonders auf religiösem und sozialem Gebiet, so dass Lehrende, Pfarrer und im besonderen junge Priester daraus die zur Verbreitung der Wahrheiten des Evangeliums und zur Bekämpfung der Irrtümer erforderlichen Kenntnisse schöpfen können.
IV. Teil
Besondere Schwierigkeiten
Wir erachten es schließlich als Pflicht und Aufgabe Unseres Amtes, euch, ehrwürdige Brüder, eine Warnung über die unserer Zeit eigenen Gefahren zu geben.
Wie ihr schon bemerkt habt, verbreitet sich unter den Priestern, besonders unter den weniger durch Bildung und strengen Lebenswandel ausgezeichneten, immer stärker und bedrohlicher eine gewisse Neuerungssucht.
Neuheit ist nie an sich schon eine Gewähr für Wahrheit und kann nur dann lobenswert sein, wenn sie die Wahrheit bestätigt und zu Rechtschaffenheit und Tugend hinführt.
Die Zeit, in der wir leben, leidet auf jedem Gebiet an einer schweren Verwirrung: philosophische Systeme, die entstehen und vergehen, ohne in irgend einer Weise zur Hebung der Sitten beizutragen; die abstoßenden Missgestalten einer gewissen Kunst, die trotzdem den Namen “christlich” für sich in Anspruch nimmt; mancherorts eine öffentliche Verwaltung, die mehr auf den Vorteil einzelner als auf das allgemeine Wohl bedacht ist; Einrichtungen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens, die den Abgefeimten fördern zum Schaden des Ehrlichen. So ist es fast natürlich, dass es Priester gibt, die irgendwie von solcher Verwirrung angesteckt sind. Diese huldigen Ansichten und nehmen auch in Kleidung und Körperpflege eine Lebensweise an, die sich mit ihrer Würde und mit ihrer Sendung nicht vereinbaren lassen; sie lassen sich sowohl in ihrer Predigt vor den Gläubigen als auch in der Bekämpfung der Irrtümer ihrer Gegner von Neuigkeitssucht fortreißen. Dabei schwächen sie in sich selbst den Glaubensgeist, gefährden ihren guten Ruf und die Wirksamkeit ihres heiligen Amtes.
Auf alles dies, ehrwürdige Brüder, lenken Wir eure Hirtensorge, in der festen Überzeugung, dass ihr zwischen maßlosen Neuheitsverlangen und übertriebenem Festhalten am Alten jene Klugheit walten lasset, die weise und wachsam bleibt, auch wenn sie neue Wege des Wirkens und des Kampfes für den Sieg der Wahrheit beschreitet. Wir sind weit von dem Gedanken entfernt, das Apostolat dürfe sich nicht der Wirklichkeit des modernen Lebens anpassen, noch dürften den Erfordernissen unserer Zeit entsprechende Initiativen ergriffen werden. Da aber das gesamte Apostolat, das die Kirche ausübt, wesentlich hierarchischen Charakter trägt, so dürfen neue Formen nur mit Zustimmung des Bischofs eingeführt werden. Die Oberhirten ein und derselben Region oder der gleichen Nation sollen sich diesbezüglich öfters miteinander besprechen, um für die Bedürfnisse innerhalb ihres Bereiches zu sorgen- und die für das religiöse Apostolat am meist geeigneten und entsprechenden Methoden anzuordnen. Wenn sich alles so nach der gesetzten Ordnung entfaltet, ist der Erfolg der priesterlichen Tätigkeit gewiss. Es mögen alle davon überzeugt sein, dass sie der Stimme Gottes und nicht der der Welt folgen müssen. und dass ihr Apostolat durch die Richtlinien der Bischöfe und nicht durch persönliche Meinung bestimmt wird. Es ist eine eitle Täuschung anzunehmen, man könne durch sonderliches äußeres Gehaben die eigene innere Armut verbergen und wirksam an der Ausbreitung des Reiches Christi mitarbeiten.
Klerus und soziale Frage
Eine ebenso klare Haltung ist erforderlich in Bezug auf die sozialen Lehren der gegenwärtigen Zeit.
Manche zeigen sich ängstlich und unsicher gegenüber den Machenschaften der Kommunisten, die doch gerade darauf ausgehen, jenen, denen sie materiellen Wohlstand versprechen, den Glauben zu entreißen. Der Apostolische Stuhl hat aber in den neuesten diesbezüglichen Entscheidungen mit aller Klarheit den einzuschlagenden Weg gewiesen, von dem sich niemand entfernen darf, ohne gegen seine Pflicht zu verstoßen.
Andere wiederum zeigen sieh nicht weniger ängstlich und unsicher angesichts jenes Wirtschaftssystems, das man mit dem Namen “Kapitalismus” zu bezeichnen pflegt und dessen schwere Folgen klarzulegen die Kirche niemals unterlassen hat. Die Kirche hat in der Tat nicht nur die Missbräuche des Kapitals und des Eigentumsrechtes selbst gebrandmarkt, die ein solches Wirtschaftssystem hervorbringt und verteidigt, sie hat auch gelehrt, dass Kapital und Eigentum der Produktion dienen müssen zum Nutzen der ganzen Gesellschaft, wie auch zur Erhaltung und Entfaltung persönlicher Freiheit und menschlicher Würde. Die schädlichen Folgen dieser beiden Wirtschaftssysteme müssen jeden, besonders aber die Priester bestimmen, getreu an der sozialen Lehre der Kirche festzuhalten, ihre Kenntnis zu verbreiten und sie nach Kräften praktisch anzuwenden. Diese Lehre allein kann die so verbreiteten Übel steuern. Sie vereint in vollkommener Weise die Forderungen der Gerechtigkeit und die Pflichten der Nächstenliebe und fördert somit eine soziale Ordnung, in der die Einzelnen nicht bedrückt werden; noch in einem blinden Egoismus sich abschließen können, sondern alle vereint sind im Einklang wechselseitiger Verpflichtungen und im Bande brüderlicher Solidarität.
Nach dem Vorbild des göttlichen Meisters soll der Priester den Armen, den Arbeitern und allen denen entgegenkommen, die sieh in Not und Elend befinden und unter denen auch viele Angehörige des Mittelstandes und nicht wenige geistliche Mitbrüder sind. Sie sollen aber auch jene nicht vernachlässigen, die, obschon reich an äußeren Gütern, innerlich arm sind und deshalb zu einer Lebenserneuerung gerufen werden müssen nach dem Beispiel des Zachäus: “Die Hälfte meines Vermögens gebe ich den Armen und habe ich jemand übervorteilt, so erstatte ich es vierfach” (Lk 19, 8). Auf dem Gebiet der sozialen Fragen soll der Priester darum niemals den Endzweck seiner Sendung aus den Augen verlieren. Mit Nachdruck und ohne Furcht soll er die katholischen Prinzipien über das Eigentum, den Reichtum, die soziale Gerechtigkeit und die christliche Nächstenliebe den verschiedenen Klassen darlegen und allen das Beispiel ihrer Verwirklichung vor Augen führen.
Normalerweise ist die Verwirklichung dieser Grundsätze im öffentlichen Leben Sache der Laien. Wo sie aber dieser Aufgabe nicht gewachsen sind, muss der Priester jede Sorge zu ihrer entsprechenden Heranbildung tragen.
Sorge des Heiligen Vaters für den notleidenden Klerus
Wir halten es für angebracht, hier auch ein Wort über die wirtschaftliche Notlage zu sagen, in der sich in dieser Nachkriegszeit viele Priester besonders aus jenen Gebieten befinden, die am meisten unter den Folgen des Krieges oder unter den dadurch eingetretenen politischen Verhältnissen gelitten haben. Dieser Zustand betrübt Uns zutiefst und Wir unterlassen nichts, soweit dies in Unseren Kräften steht, um die Entbehrungen, das Elend und die äußerste Not vieler zu lindern.
Ihr, ehrwürdige Brüder, wisset zu Genüge, wie Wir in jenen Gebieten, wo die Not am größten war, durch die Heilige Konzilskongregation den Bischöfen außergewöhnliche Befugnisse und besondere Weisungen erteilt haben, damit unter den Priestern innerhalb ein und derselben Diözese die schreienden wirtschaftlichen Unterschiede beseitigt werden. Es ist Uns bekannt, dass an vielen Orten die Priester in lobenswerter Weise der Aufforderung ihrer Oberhirten nachgekommen sind, während anderswo Schwierigkeiten entstanden, sodass die gegebenen Anweisungen nicht vollständig durchgeführt werden konnten.
Wir ermahnen euch daher mit väterlicher Sorge, auf dem bereits beschrittenen Wege voranzuschreiten und Uns über die Ergebnisse eurer Bemühungen zu unterrichten. Es geht nicht an, dass der in den Weinberg des Herrn gesandte Arbeiter des täglichen Brotes ermangle.
Außerdem begrüßen Wir es auf das lebhafteste, wenn ihr, ehrwürdige Brüder, euch bemüht, dass den Priestern nicht nur das für Heute Notwendige zuteil werde, sondern auch dank jenes Fürsorgesystems, wie es zu Unserer Genugtuung im staatlichen Bereiche schon geübt wird, für ihre Zukunft gesorgt wird, besonders in Krankheitsfällen, bei Arbeitsunfähigkeit und im Alter. Auf solche Weise befreit ihr die Priester von allen Sorgen um ihren Unterhalt in der Zukunft.
Bei dieser Gelegenheit drücken Wir Unsere Dankbarkeit allen jenen Priestern aus, die, auch auf Kosten von persönlichen Opfern, den Bedürfnissen der notleidenden Mitbrüder, insbesondere wenn sie überdies noch krank und alt sind, zu Hilfe gekommen sind und noch zu Hilfe kommen.
Durch solche Handlungsweise geben sie einen leuchtenden Beweis der Nächstenliebe, die Christus als das Kennzeichen seiner Jünger hingestellt hat: “Wenn ihr einander liebt, werden alle daran erkennen, dass ihr meine Jünger seid” (Joh 13, 35).
Wir hoffen sehr, dass durch diese Bande brüderlicher Liebe die Priester aller Nationen, ganz gleich welchem Volksstamm sie angehören, als Diener Gottes, unseres gemeinsamen Vaters, untereinander immer mehr eins werden.
Ihr begreift jedoch sehr wohl, dass ein solches Problem nicht völlig gelöst werden kann, solange die Gläubigen nicht die Verpflichtung in sich fühlen, dem Klerus beizustehen, ein jeder seinen Verhältnissen entsprechend, und solange nicht alle zur Erreichung dieses Zieles erforderlichen Mittel angewandt werden.
Bringt daher den euch anvertrauten Gläubigen die Pflicht zum Bewusstsein, ihren in Not befindlichen Priestern ihre Hilfe angedeihen zu lassen; denn immer gilt das Wort des Herrn: “der Arbeiter ist seines Lohnes wert” (Lk 10, 7). Wie kann man von den Priestern Hingabe und Eifer in ihrem Wirken verlangen, wenn sie selbst des Nötigsten entbehren?
Die Gläubigen, die diese Pflicht versäumen, ebnen, wenn auch ungewollt, den Feinden der Kirche den Weg und zwar jenen Gegnern, die in nicht wenigen Ländern versuchen, den Klerus auszuhungern, um ihn so von seinen rechtmäßigen Oberhirten trennen zu können.
Je nach den Verhältnissen der einzelnen Länder haben auch die öffentlichen Behörden die Pflicht, für den Klerus zu sorgen, ans dessen Tätigkeit die bürgerliche Gesellschaft unschätzbare geistige und moralische Vorteile zieht.
Schlussermahnung
Am Schluss Unserer Ermahnung können Wir nicht umhin, zusammenzufassen und zu wiederholen, was sich Unserem Wunsch gemäß als Richtschnur eueres Lebens und eurer Tätigkeit immer tiefer in eure Seele einprägen möge.
Wir sind Priester Christi; darum müssen wir alle Kraft daransetzen, damit die von Ihm gebrachte Erlösung sich in allen Seelen auswirke. In Anbetracht der ungeheuren Nöte unserer Zeit dürfen wir nichts unterlassen, um die durch Irrtümer entfremdeten oder von den Leidenschaften geblendeten Brüder zu Christus zurückzuführen und um die Völker mit dem Lichte der christlichen Lehre zu erleuchten, sie nach den Vorschriften des Evangeliums zu leiten, in ihnen ein vollkommeneres christliches Gewissen zu wecken und sie schließlich zum Kampf für den Triumph der Wahrheit und der Gerechtigkeit aufzurufen.
Wir werden erst dann das uns gesteckte Ziel erreicht haben, wenn unser Leben jenen Grad von Heiligkeit erlangt hat und wir das aus Christus geschöpfte Leben anderen vermitteln können.
Zu jedem Priester sprechen Wir daher mit dem Wort des Apostels: “Lass nicht außer Acht die Gabe, die dir gegeben ist.., durch Handauflegung der Priester” (1 Tm 4, 14); “allenthalben aber stelle dich selbst zum Vorbild guter Werke, mit unverfälschter Lehre, mit Ehrbarkeit, mit heilsamen und untadeligem Wort, auf dass der Widersacher beschämt werde und nichts Böses uns nachsagen könne (Tit 2, 7.8).
Geliebte Söhne, seid euch im höchsten Maße der Gnade eurer Berufung bewusst und lebt nach ihr, dass sie zum Aufbau der Kirche und zur Bekehrung ihrer Feinde reiche Früchte trage.
Damit diese Unsere Ermahnung ihr Ziel erreiche, richten Wir an euch mit Eindringlichkeit folgende Worte, die jetzt im Heiligen Jahre besonders nahe liegen: “Erneuert euch in eurer Sinnesart und ziehet den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in Gerechtigkeit und wahrer Heiligkeit” (Eph 4, 23.24); “so seid nun Gottes Nachfolger, als geliebte Kinder, und wandelt in der Liebe, gleich wie Christus uns geliebt hat und sich selbst Gott für uns dargebracht als Gabe und Opfer” (Eph 5, 1.2); “seid voll des Heiligen Geistes, redet untereinander in Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singet und spielet dem Herrn in euren Herzen” (ebd.) “Seid wachsam und beharrlich im Gebet für alle Heiligen” (Eph 6, 18).
Bei der Erwägung dieser Aufforderungen des Völkerapostels scheint es Uns angezeigt, euch die Teilnahme an einem außergewöhnlichen Exerzitienkurs in diesem Heiligen Jahre anzuraten, auf dass ihr mit erneutem Eifer auch die euch Anvertrauten hinleiten könnt, aus dem Schatze göttlichen Erbarmens zu schöpfen.
Wenn ihr auf dem Wege zur Heiligung und bei Ausübung eures Priesteramtes ernsteren Schwierigkeiten begegnet, so wendet Auge und Geist voll Vertrauen auf die Mutter des Ewigen Hohenpriesters, die die Mutter aller katholischen Priester ist. Ihr kennt die Güte eurer Mutter, seid ihr doch selbst bei Erweckung von Glaube und Liebe im christlichen Volk in vielen Gegenden demütige Werkzeuge der Barmherzigkeit des Unbefleckten Herzens Mariens.
Wenn schon Maria alle mit zartester Liebe umfängt, um wieviel mehr liegen Ihr erst die Priester am Herzen, die das lebendige Abbild Ihres Sohnes sind. Tröstet euch also im Gedanken an die Liebe der Mutter für einen jeden von euch und ihr werdet die Mühen um persönliche Heiligung und um die eures Priesteramtes weniger schwer empfinden.
Der hocherhabenen Mutter Gottes, der Vermittlerin der göttlichen Gnaden, empfehlen Wir die Priester der ganzen Welt, auf dass durch ihre Fürsprache Gott in überreichem Maße Seinen Geist herabsende, durch den alle seine Diener zur Heiligkeit angetrieben werden und der durch ihr Priesteramt das Antlitz der Erde geistig erneuere.
Im Vertrauen auf den machtvollen Schutz der Unbefleckten Jungfrau Maria flehen Wir zur Verwirklichung dieser Wünsche die Fülle der göttlichen Gnaden auf alle herab, aber im besonderen auf die Bischöfe und Priester, die wegen ihrer pflichtgemäßen Verteidigung der Rechte und der Freiheit der Kirche Verfolgungen, Einkerkerung und Verbannung erleiden. Ihnen gilt Unser besonderes Wohlwollen; sie ermahnen Wir mit väterlicher Liebe, nicht müde zu werden, sondern weiterhin ein Beispiel von Stärke und priesterlicher Tugend zu geben.
Unterpfand reichster göttlicher Gnaden und Zeichen Unseres väterlichen Wohlwollens möge der Apostolische Segen sein, den Wir von ganzem Herzen euch allen und jedem einzelnen von euch, ehrwürdige Brüder, und allen euch unterstellten Priestern erteilen.
Gegeben zu Rom, bei Sankt Peter, am 23. September des Heiligen Jahres 1950, dem zwölften Unseres Pontifikats.
PIUS PP. XII
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