Papst bei Erdbeben-Opfern
Überraschungsbesuch im Erdbebengebiet: Papst Franziskus hat an diesem Dienstag Amatrice besucht
Der Ort in der mittelitalienischen Provinz Rieti wurde beim Erdbeben am 24. August grossenteils dem Erdboden gleichgemacht; dabei starben allein im Amatrice etwa 230 Menschen.
Die Reise des Papstes war vorab nicht angekündigt worden. Schon am Sonntag hatte der Papst Journalisten gegenüber seine Absicht bekräftigt, die Menschen im Erdbebengebiet zu trösten: „Und ich werde das privat tun, allein, als Priester, als Bischof, als Papst. Aber allein. So will ich es machen. Und ich wäre gern den Menschen nahe.“
Um kurz nach 9 Uhr fuhr Franziskus in einem Golf mit verdunkelten Scheiben in Amatrice vor und ging zuerst zur Behelfsschule. Sie ist rechtzeitig zum Beginn des Schuljahres Mitte September errichtet worden, nachdem die angeblich erdbebensichere Schule des Ortes am 24. August eingestürzt war. Etwa 250 Kinder werden in dem roten Container unterrichtet. Der Papst sprach eine halbe Stunde mit den Lehrern und Schülern; viele der Kinder schenkten ihm Zeichnungen vom Erdbeben. Draussen dann, von den Einwohnern von Amatrice umgeben, ein paar Worte des Papstes:
„In den ersten Tagen dieser vielen Schmerzen habe ich gedacht, dass es eher lästig für die Hilfe hier wäre, wenn ich hierhin kommen würde. Ich wollte nicht stören, darum habe ich ein bisschen Zeit verstreichen lassen, damit schon mal etwas wiederaufgebaut werden könnte, die Schule zum Beispiel. Aber von Anfang an habe ich gespürt, dass ich zu euch kommen musste! Einfach, um euch zu sagen, dass ich euch nahe bin. Dass ich euch nahe bin – das ist alles. Und ich bete für euch! Der Herr segne euch alle, die Madonna beschütze euch in diesem Moment der Trauer, des Schmerzes und der Prüfung.“
Der Papst betete auch ein Ave Maria mit den Anwesenden. „Gehen wir vorwärts – es gibt immer eine Zukunft. So viele liebe Menschen sind hier von uns gegangen, sind unter den Trümmern gestorben. Bitten wir die Madonna für sie, tun wir das alle zusammen! Ave Maria… Immer nach vorne sehen. Vorwärts, nur Mut! Und dass einer dem anderen helfe. Gemeinsam geht man besser, allein kommt man nicht vorwärts.“
Franziskus umarmte und tröstete viele der Anwesenden. Dann ging er in Begleitung des Bischofs von Rieti, Domenico Pompili, zur sogenannten Roten Zone. Dort führten ihn Feuerwehrleute durch die Trümmer, und er verweilte einen Moment in stillem Gebet. Dieses vom Erdbeben völlig verwüstete Gebiet ist aus Sicherheitsgründen abgesperrt.
Später fuhr Franziskus mit dem Auto nach Accumuli, einen weiteren, vom Erdbeben betroffenen Ort; dort betete er vor den Ruinen der Franziskuskirche. Zum Mittagessen war er in Rieti, in einem Pflegeheim für chronisch Kranke und alte Menschen; viele von ihnen waren durch das Beben obdachlos geworden. Auch einen Stopp im Hauptquartier der Feuerwehrleute, die im Erdbebengebiet tätig sind, legte er ein. Beim Besuch eines Dorfes in den Marken kam es zu Unmut bei einigen Einwohnern, weil Sicherheitskräfte sie daran hinderten, den Papst zu begrüssen. Ausserdem war in der Region am frühen Nachmittag ein Nachbeben der Stärke 3,2 auf der Richterskala zu spüren.
„Wir Priester wussten nichts vom Papstbesuch“, sagt der Pfarrer von Amatrice, Savino d’Amelio. „Auf einmal sahen wir, dass da Sicherheitskräfte und Journalisten anrückten, und dann kam der Papst! Sein Treffen mit den Schulkindern war ein sehr schöner Moment… Dass er zu uns gekommen ist, damit hatten wir zwar gerechnet, aber als es dann passierte, war es doch unvorhergesehen – ein bisschen so wie das Erdbeben…“ Für die Menschen in seiner Pfarrei sei das eine „starke Emotion“ gewesen.
Etwa 250 Menschen wohnen in Amatrice immer noch in Zelten. Das Erdbeben hatte eine Stärke von 6,0 auf der Richterskala. Insgesamt liegt die Zahl der Todesopfer nach dem Erdbeben bei 290 Menschen. Die Aufräumarbeiten in Amatrice und anderen Ortschaften dauern an.
rv 04.10.2016 sk
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