30. Sonntag im Jahreskreis – Sonntag der Weltmission

Aus dem Heiligen Evangelium nach Lukas – 18,9-14

johannes-von-capestranoHl. Johannes von Capestrano – Tagesheiliger

In jener Zeit erzählte Jesus einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, dieses Beispiel:

Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.
Der Pharisäer stellte sich hin und sprach leise dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort.
Ich faste zweimal in der Woche und gebe dem Tempel den zehnten Teil meines ganzen Einkommens.

Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wagte nicht einmal, seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig!
Ich sage euch: Dieser kehrte als Gerechter nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Kommentar zum heutigen Evangelium
Hl. Bernhard  (1091-1153), Zisterziensermönch und Kirchenlehrer
3. Predigt an Verkündigung des Herrn, 9−10 (Übers.: Josef Schwarzbauer, in: Bernhard v. Clairvaux: Sämtl. Werke lat./dt., Bd. 8. Innsbruck: Tyrolia, 1997. S.151−153)

„Der Zöllner […] wagte nicht einmal, seine Augen zum Himmel zu erheben“

In welches Gefäss wird sich am ehesten die Gnade ergiessen? Wenn das Vertrauen das Gefäss für die Barmherzigkeit, die Geduld aber das für die Gerechtigkeit ist […] welches Gefäss werden wir nun vorlegen können, das geeignet wäre, die Gnade aufzunehmen? Sie ist der reinste Balsam und verlangt das gediegenste Gefäss. Und was ist so rein, was so gediegen wie die Demut des Herzens? Mit Recht wird darum den Demütigen Gnade gegeben (Jak 4,6), mit Recht hat Gott auf die Niedrigkeit seiner Magd herabgeblickt (Lk 1,48). Mit welchem Recht, fragst du? Gewiss deswegen, weil Menschenverdienst ein demütiges Herz nicht so erfassen kann, dass sich die Fülle der göttlichen Gnade nicht mehr frei ergiessen könnte […]

Habt ihr den Pharisäer bei seinem Gebet beobachtet? Er war kein Räuber, kein Betrüger, kein Ehebrecher. Mangelte es ihm etwa an den Früchten der Busse? Er fastete zweimal in der Woche und gab den zehnten Teil seines ganzen Einkommens dem Tempel (Lk 18,12) […] Aber er war nicht aufnahmebereit, er war nicht entleert, nicht gebeugt, sondern stolz erhoben; er wollte nämlich gar nicht wissen, was ihm fehlte, sondern hob seine Verdienste hervor. Das war nicht echte Fülle, sondern Aufgeblasenheit, und so kehrte er, der Fülle vortäuschte, leer zurück. Reichere Gnade aber trug der Zöllner hinweg, denn er wollte sich selbst leer und bloss darbieten und war darauf bedacht, ein aufnahmebereites Gefäss zu sein.

Lesungen

Buch Jesus Sirach 35,15b-17.20-22a

Der Herr ist der Gott des Rechts, bei ihm gibt es keine Begünstigung.
Er ist nicht parteiisch gegen den Armen, das Flehen des Bedrängten hört er.
Er missachtet nicht das Schreien der Waise und der Witwe, die viel zu klagen hat.
Wer Gott wohlgefällig dient, der wird angenommen, und sein Bittruf erreicht die Wolken.
Das Flehen des Armen dringt durch die Wolken, es ruht nicht, bis es am Ziel ist. Es weicht nicht, bis Gott eingreift
und Recht schafft als gerechter Richter.

Psalm 34(33),2-3.17-18.19.23

Ich will den Herrn allezeit preisen;
immer sei sein Lob in meinem Mund.
Meine Seele rühme sich des Herrn;
die Armen sollen es hören und sich freuen.

Das Antlitz des Herrn richtet sich gegen die Bösen,
um ihr Andenken von der Erde zu tilgen.
Schreien die Gerechten, so hört sie der Herr;
er entreisst sie all ihren Ängsten.

Nahe ist der Herr den zerbrochenen Herzen,
er hilft denen auf, die zerknirscht sind.
Der Herr erlöst seine Knechte;
straflos bleibt, wer zu ihm sich flüchtet.

Zweiter Brief des Apostels Paulus an Timotheus 4,6-8.16-18

Mein Sohn! Ich werde nunmehr geopfert, und die Zeit meines Aufbruchs ist nahe.
Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten.
Schon jetzt liegt für mich der Kranz der Gerechtigkeit bereit, den mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag geben wird, aber nicht nur mir, sondern allen, die sehnsüchtig auf sein Erscheinen warten.
Bei meiner ersten Verteidigung ist niemand für mich eingetreten; alle haben mich im Stich gelassen. Möge es ihnen nicht angerechnet werden.
Der Herr stand mir zur Seite und gab mir Kraft, damit durch mich die Verkündigung vollendet wird und alle Heiden sie hören; und so wurde ich dem Rachen des Löwen entrissen.
Der Herr wird mich allem Bösen entreissen, er wird mich retten und in sein himmlisches Reich führen. Ihm sei die Ehre in alle Ewigkeit.

Amen.

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