Schlussfeier Studienjahr Theologische Hochschule Chur 2016

Predigt von Bischof Vitus anlässlich der Schlussfeier des Studienjahrs 2015/2016 der Theologischen Hochschule Chur am 24. Juni 2016

Quelle
Bistum Chur (372)
Hl. Johannes der Täufer

Brüder und Schwestern im Herrn,

wir feiern heute die Geburt des heiligen Johannes des Täufers. Sein Name bleibt für immer mit der Frage der Ehe verbunden. Er hat den Willen Gottes bezüglich der Ehe kundgetan. Er hat die Ehe geschützt. Er hat für die Heiligung der Ehe sogar den menschlichen Zorn auf sich gezogen und infolge das Martyrium erlitten. Auf diese Weise war er nicht nur im allgemeinen der Vorläufer Jesu. Er war es auch im besonderen mit Blick auf dessen Lehre und Verkündigung: „Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ (Mk 9,6). Es ist daher sinnvoll, wenn ich am Hochfest des heiligen Johannes des Täufers kurz auf das Nachsynodale Apostolische Schreiben Amoris Laetitia unseres Heiligen Vaters, Papst Franziskus, zu sprechen komme.

Wenn wir das Apostolische Schreiben in Bezug auf seinen Aufbau betrachten, fällt uns auf, dass das fünfte Kapitel in die Mitte zu stehen kommt. Das Schreiben umfasst nämlich neun Kapitel. Das fünfte Kapitel trägt den Titel „Die Liebe, die fruchtbar wird“. Was bedeutet diese Wahl, diese zentrale Stellung eben dieses Kapitels? Diese Wahl zeigt uns, dass die eheliche Liebe ihre Vollendung in der Fruchtbarkeit findet, in der Weitergabe des Lebens, und dass dies die Mitte für unser Nachdenken über die Ehe sein muss. Der Mensch erhält durch die Ordnung der Ehe Anteil am Schöpfungswalten Gottes. Auf diese Mitte hin ist die eheliche Gemeinschaft von Mann und Frau angelegt. Dem entspricht die erste Aussage der Heiligen Schrift über die Ehe überhaupt: „Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Als Mann und Frau erschuf er sie: Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar, und mehrt euch, füllt die Erde und unterwerft sie euch, und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die auf der Erde kriechen“ (Gen 1,27-28).

Nun, auf diese göttliche Ordnung der Ehe muss die ganze Sorge der Kirche ausgerichtet sein. Wir haben die Aufgabe, der Ehe eine entsprechende Unterstützung und einen entsprechenden Schutz zu gewähren. In diesem Sinn ist auch der Beginn des Apostolischen Schreibens zu verstehen: „Die Freude der Liebe, die in den Familien gelebt wird, ist auch die Freude der Kirche“. Die Kirche freut sich über die heilig gelebte Ehe, sie freut sich über die vorbildliche Familie.

Gehen wir weiter zum vierten und zum sechsten Kapitel. Sie umrahmen das zentrale fünfte Kapitel. Das eine trägt die Überschrift „Die Liebe in der Ehe“. Es weist auf die Voraussetzungen hin für „die Liebe, die fruchtbar wird“. Das andere Kapitel legt mit dem Titel „Einige Pastorale Perspektiven“ dar, was die Kirche, die Gemeinschaft der Gläubigen, für die Festigkeit und Dauerhaftigkeit der Ehe unternehmen muss.

Ein Wort zum vierten Kapitel „Die Liebe in der Ehe“. Die Liebe zwischen Mann und Frau muss immer dergestalt sein, dass ihre Gemeinschaft die guten Voraussetzungen für die Weitergabe des Lebens schafft, dass aus dieser Gemeinschaft jene Liebe wächst, welche den Kindern Wärme und Heimat zu schenken vermag, Voraussetzungen, die der Mensch braucht, um seinen Weg in dieser Weltzeit zu gehen und dem ewigen Ziel entgegen zu streben. Bezeichnend scheint mir, dass dieses vierte Kapitel mit einem Kommentar zum Hohenlied der Liebe beginnt, also mit einem Kommentar zu 1 Kor 13,1-13: „… die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht …“ und so fort. Damit rückt das Kapitel die Liebe als ἀγάπη, als charitas, in den Mittelpunkt. Wir wissen: Diese Darstellung der Liebe ist in sich nichts anderes als die Darstellung der Liebe Christi zu seiner Kirche, der Liebe Christi zum Menschen. Denn so vollkommen, wie Paulus die Liebe in seinem Hohenlied beschreibt, ist nur die Liebe Christi. Diese Liebe Christi muss den Menschen, jeden Menschen bilden und gestalten. Diese Liebe muss auch auf die eheliche Liebe, auf die Liebe zwischen Mann und Frau, Einfluss nehmen und die Leidenschaft veredeln, verwandeln, mit der Gnade der Erlösung durchtränken.

Schliesslich ein kurzer Gedanke zum fünften Kapitel „Einige pastorale Perspektiven“. Hier geht es nun um den Beitrag der Kirche, um unser aller Beitrag zur Liebe, die in der Familie gelebt werden soll. Es werden hier ganz wichtige Überlegungen zur Seelsorge angesprochen: Die Katechese über Ehe und Familie, die Ehe-Vorbereitung, die Begleitung von Ehe und Familie, die Überwindung von Krisen, Ängsten und Schwierigkeiten in Ehe und Familie, und die Wunden, welche der Tod schlägt.

Amoris Laetitia hat eine breite Diskussion ausgelöst. Versuchen wir die Frage von Ehe und Familie von diesen drei wohl wichtigsten Kapiteln aus anzugehen, werden wir am besten das zu verwirklichen helfen, was das Schreiben erreichen möchte: Die Freude der Liebe, welche in den Familien gelebt wird – gelebt werden möge!

Amen.

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