Moskau stellt orthodoxes Konzil weiterhin infrage
Das erste Panorthodoxe Konzil seit dem Mittelalter droht noch vor Beginn zu scheitern
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Kirche von Zypern warnt vor Konzils-Boykott
Weil die orthodoxen Kirchen von Bulgarien und Antiochien dem Konzil fernbleiben wollen, stellt die russisch-orthodoxe Kirche den in gut einer Woche geplanten Gipfel in Kolymbari auf Kreta infrage. Der Pressesprecher des Moskauer Patriarchats, Wladimir Legojda, sagte am Mittwoch der Nachrichtenagentur Tass, ohne die Teilnahme aller 14 autokephalen Landeskirchen verliere das Konzil auf der südgriechischen Insel seinen Sinn. Die russisch-orthodoxe Kirche schlage deshalb eine Krisensitzung aller orthodoxen Kirchen vor, um die Streitfragen zu lösen. Leider gebe es noch keine offizielle Antwort des federführenden Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel auf diese Initiative.
Moskau wolle die weitere Entwicklung abwarten, so Legojda. Bislang sei noch keine Sondersitzung des von Patriarch Kyrill I. geleiteten Heiligen Synods, des obersten Leitungsgremiums der Kirche, einberufen worden. Der Aussenamtschef der Kirche, Metropolit Hilarion, hatte sich am Dienstag gegenüber russischen Nachrichtenagenturen für eine solche Sondersitzung des Heiligen Synod ausgesprochen, um über das weitere Vorgehen der mit Abstand grössten orthodoxen Kirche in der Konzilfrage zu beraten.
Die Kirchen von Bulgarien und Antiochien mit Sitz im Libanon hatten in den vergangenen Tagen eine Verschiebung des Konzils gefordert. Sollten vor dem Gipfel ihre Einwände gegen die Entwürfe der Konziltexte nicht berücksichtigt werden, würden sie an dem orthodoxen Kirchentreffen auf Kreta nicht teilnehmen. Die Kirche von Antiochien begründete ihren angekündigten Gipfel-Boykott ausserdem mit ihrem seit 2013 schwelenden Streit mit dem Patriarchat von Jerusalem um die Zuständigkeit für die Gläubigen des Golfemirats Katar.
Ziel des Konzils auf Kreta ist eine Einigung der orthodoxen Kirche auf ihren künftigen Kurs. Das oberste Leitungsgremium des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel hat am Montag eine Verschiebung des Konzils abgelehnt. Allerdings könnten auf Kreta die Dokumente noch verändert werden.
Aus der russischen Kirche gab es heftige Kritik an der Entscheidung des Patriarchats von Konstantinopel. Ein Priester warf Konstantinopel eine „diktatorische Haltung“ vor.
Neue Appelle zur Einheit
Einen neuerlichen Appell zur Einheit formulierte derweil der rumänisch-orthodoxe Patriarch Daniel (Ciobotea). „Wir müssen die Einheit, aber auch die gemeinsame Verantwortung zum Ausdruck bringen“, umschrieb das Oberhaupt der rumänisch-orthodoxen Kirche bei der jüngsten Tagung des Heiligen Synods seiner Kirche die Erwartung an das bevorstehende Panorthodoxe Konzil.
„Wenn wir beim Konzil zusammenkommen, müssen wir den einen heiligen Glauben zum Ausdruck bringen, die Einheit der einen, heiligen, universalen und apostolischen Kirche“, sagte Patriarch Daniel wörtlich. Nicht jeder und jede könne am Konzil teilnehmen, aber alle hätten die Verantwortung, beizutragen, Rat zu geben und vor allem zu beten, „damit der Heilige Geist – und nicht ein weltlicher Geist – die Arbeit des Panorthodoxen Konzils leitet“. Die Einheit des Glaubens sei das „grösste Geschenk“ im spirituellen Leben der orthodoxen Kirche, diese Einheit werde in der sakramentalen Einheit ausgedrückt, aber auch im missionarischen und pastoralen Dienst der Kirche in der Welt von heute.
Sein Unverständnis gegenüber den aktuellen Schwierigkeiten unmittelbar vor Konzilsbeginn äusserte der Metropolit des südgriechischen Messenien, Chrysostomos Savvatos. Bei der Primatialversammlung („Synaxis“) in Chambesy (Schweiz) im Januar sei alles entschieden worden. Damals hätten alle dafür votiert, dass das Panorthodoxe Konzil am 19. Juni auf Kreta beginnen soll, sagte der Metropolit, der Mitglied der Konzils-Delegation der Kirche von Griechenland ist, dem Internetportal „Vatican Insider“. „Das ist ein historischer Augenblick. Keine der orthodoxen Kirchen darf dem Panorthodoxen Konzil fern bleiben. Wir müssen ein Bild der Einheit bieten“, betonte Chrysostomos.
Das Bild der Einheit sei an erster Stelle eine der Schlüsselfragen des Panorthodoxen Konzils. Zweitens gehe es aber auch um eine Botschaft für die Welt von heute und die Nationen im Hinblick auf bestimmte soziale und ethische Probleme: Die Verteidigung des Lebens und der Familie, der Schmerz, den die Scheidung der Familie zufügt, der Friede und die vielen Kriege, die derzeit ausgefochten werden, die Verteidigung der Schöpfung und die Probleme der Umwelt. Ein weiterer wichtiger Punkt werde die Möglichkeit für die orthodoxen Kirchen sein, Probleme zu lösen, die zwischen ihnen bestehen.
Sind nichtorthodoxe Kirchen wirkliche Kirchen?
Für Diskussionen sorgte in den vergangenen Tagen auch die Ankündigung der Georgisch-orthodoxen Kirche, sie werde mehrere Textvorlagen des Panorthodoxen Konzils ablehnen, unter anderem, dass nichtorthodoxe Religionsgemeinschaften als „Kirchen“ eingestuft werden.
Es sei unwahrscheinlich, dass solche Änderungsvorschläge durchgehen, sagte Metropolit Chrysostomos sagte dazu im Interview mit „Vatican Insider“. Einige Bischöfe hätten solche Vorschläge im Hinblick auf den Text über die Beziehungen zwischen der Orthodoxie und der übrigen christlichen Welt eingebracht. Es handle sich um Konservative, die nicht wollen, „dass man die Kirchen auf die gleiche Ebene stellt“.
Es gebe viele andere, die mit diesem Änderungsantrag nicht einverstanden seien. Denn die katholische Kirche sei von der Mehrheit der orthodoxen Bischöfe immer als Kirche und nicht als Sekte betrachtet worden.
kap 09.06.2016 sk
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