Jerusalem, unterirdisch

Pünktlich zur Karwoche öffnet in Jerusalems Altstadt ein neues Museum seine Pforten

Quelle
Terra Sancta Museum

Pünktlich zur Karwoche öffnet in Jerusalems Altstadt ein neues Museum seine Pforten. Terra-Sancta-Museum Via Dolorosa: Das ist halb Ortsangabe, halb Programm. Archäologische Funde, Musik und Multimedia sollen die Steine der Stadt zum Sprechen bringen, wünscht sich der Franziskaner und Archäologe Eugenio Alliatra, der für die Kustodie des Heiligen Landes arbeitet.

„Die erste Abteilung des Museums ist eine Multimedia-Show, weil das für die Pilger den einfachsten Zugang bildet – nicht nur kulturell und archäologisch, sondern auch emotional. Thema ist die Via Dolorosa“, also der Kreuzweg Jesu „vom (römischen) Prätorium bis nach Golgotha. Wir haben einen Teil des alten Klosters an der Geisselungsstätte Jesu dafür hergerichtet. Dort finden sich u.a. Teile der Antonia-Festung, also des traditionellen Orts der Verurteilung Jesu, sie wurden während der Bauarbeiten des Klosters gefunden.“

Diese Funde waren auch bisher schon zugänglich und sind für christliche Pilger eines der Highlights am Beginn der „Via Dolorosa“, kurz nach Stephanustor und Annakirche. Unter einem weitläufigen Klostergebäude ist ein antikes Hofpflaster zu sehen, Litostrotos genannt; gut erkennbar sind eingeritzte Spiele, hier vertrieben sich offenbar Soldaten oder Wachleute die Zeit. Die Zone des antiken Tempels liegt in unmittelbarer Nachbarschaft. „Diese Steinfragmente, die man dort gefunden hat, gehen sowohl auf die herodianische Epoche zurück, gehören also zur antiken Festung oder zum Tempelbereich, als auch auf die hadrianische Epoche – die Zeit also, in der der römische Kaiser Hadrian Jerusalem (nach seiner Zerstörung 70 n.Chr.) neu aufbaute und nach sich selbst benannte: Aelia Capitolina.“

Kurzfilme, Musik und Stimmen sollen die Besucher unterirdisch durch diese Säle begleiten und daran erinnern, dass sie hier wirklich am Ursprung des Christentums stehen. „Der Pilger wird dazu eingeladen, an die anderen Pilger zu denken, die hier vor ihm waren: die Apostel, die Heiligen, die Kreuzfahrer. In diese lange Reihe von Pilgern kann man sich einreihen.“ Dabei sollen Christen keineswegs unter sich bleiben: „Wir haben uns besonders bemüht, Texte in allen möglichen Sprachen zu verfassen. Darunter sind auch Hebräisch und Arabisch, damit auch die örtliche Bevölkerung, Juden wie Araber, sich in dieser Präsentation wiederfinden können.“

Das Heilig-Land-Museum an der Via Dolorosa soll dabei nur ein Anfang sein. „Wir denken daran, dasselbe Konzept dann auch in anderen Heiligtümern des Heiligen Landes anzuwenden, also etwa in Nazareth, Kafarnaum, am Berg Tabor, in En Karim oder Betlehem. Das ist ein grosses Vorhaben, aber wir müssen ja auch nicht alles auf einmal stemmen, sondern können das nach und nach machen, so wie das in praktischer Hinsicht gerade möglich ist.“

Es ist die Musealisierung des Christentums am Ort seiner Herkunft: Christen gibt es immer weniger in Israel und Palästina; wer kann, wandert aus. Zugleich bleiben viele christliche Pilger aus Angst vor Attentaten zuhause. Das steht hinter dem Terra-Sancta-Grossvorhaben. „Vor allem aus Europa und anderen westlichen Staaten haben wir deutlich weniger Pilger erlebt. Andererseits lehrt uns die Erfahrung, dass es immer mal ein Auf und Ab gibt. Das Heilige Land hat doch so eine starke Anziehungskraft! Wir sind davon überzeugt, dass das Pilgern, sobald es möglich ist, wieder häufiger wird.“

rv 21.03.2016 sk

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